Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ewigkeit

Ewigkeit

Titel: Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
Vom Netzwerk:
über Laniers Fassungskraft, auch wenn sein Verstand durch geliehene Talente angereichert war – ein Service, dessen er sich vorher noch niemals bedient hatte.
    Aber Lanier konnte eines spüren, das den Würdenträgern und Senatoren vielleicht nicht so offenkundig war. Verehrung für den Weg war sogar jenen tief eingeprägt, die vor der Wiedereröffnung zurückschreckten. Der Weg war ihre Welt gewesen, die meisten von ihnen waren in ihm aufgewachsen; und bis zur großen Katastrophe hatten sie keine andere Existenz gekannt. Die Debatte war bei aller Hitzigkeit einseitig. Bald ging es nicht mehr darum, ob man wieder öffnen sollte, sondern was man tun müßte, nachdem der Weg wieder mit Thistledown verbunden wäre.
    Sie kamen jetzt in einer physischen Sitzung zusammen, um zu hören, was der Nexus dem Hexamon empfehlen würde. Außerdem sollte darüber abgestimmt werden, ob man die Sache mit Empfehlungen vom Nexus an das Hexamon als Ganzes weitergeben sollte, oder sich bei der Abstimmung auf die mens publica beschränken würde, oder auch ein Erziehungsprojekt auf der Erde durchführen und die Abstimmung bis zu dessen Abschluß verschieben sollte, was Jahre dauern könnte.
    Lanier ging allein in die Nexus-Kammer. Mirsky, Korzenowski und Olmy waren schon vorausgegangen zu einer Aussprache mit dem Präsidenten vor der Sitzung.
     
    Der Raum war leer bis auf zwei Würdenträger, die sich in dem Kreis gegenüber saßen und Piktogramme austauschten. Lanier stand in einem Zwischengang und war merkwürdig ruhig. Er war sich immer noch nicht ganz im klaren, fühlte aber seit seinem Geständnis gegenüber Mirsky nicht mehr die innere Unruhe und finstere, wirre Erschöpfung.
    Er hatte an diesem Tage schon eine mehrstündige Rundfahrt durch die dritte Kammer gemacht und war in der Hauptbibliothek gewesen, wo er früher stundenlang Russisch gelernt hatte und wo Mirsky erschossen und wiedererweckt worden war. Die Bibliothek war seit fünfunddreißig Jahren wieder in Betrieb und war jetzt eine stark frequentierte Institution. Ihre weite Halle mit Piktographen und Sitzen diente oft Hunderten körperlich anwesender Forscher gleichzeitig. Die Bibliothek war ungefähr um die gleiche Zeit erbaut worden wie die Kuppel des Nexus. Was einst monumental, fremdartig und furchterregend ausgesehen hatte – es enthielt ja die Meldung vom Tod der Erde, ehe er eingetreten war –, war immer noch monumental, aber jetzt vertraut und für ihn akzeptabel.
    Seine Einstellung hinsichtlich des Sternenschiffs hatte sich gewiß geändert. Er dachte, daß es ihm nichts ausmachen würde, einige Jahre auf Thistledown zu leben. Der schwächere Zug der Rotation des Asteroiden sagte ihm zu. Er war versucht, einige gymnastische Übungen zu machen. Barrenturnen hatte ihn gesund gehalten, als er die Erforschung des Steins unter sich gehabt hatte. Er schaute auf seine krallenartigen Hände und fuhr zusammen bei dem Gedanken, was er sich hatte entgehen lassen…
    Immer noch widersetzte er sich der Idee einer Verjüngung. Er wollte sich mit Karen aussprechen, um zu sehen, ob ihre Bande nicht völlig zerschnitten wären.
    Aber er konnte nicht ihre Konferenz unterbrechen, die für sie wichtig war. Außerdem hielt er es nicht für höflich, solange die Debatte noch ziemlich geschlossen war, mit Leuten zu sprechen, die nicht direkt beteiligt waren.
    Die Mitglieder betraten die Kammer und nahmen ihre Plätze ein, ohne viel zu sprechen oder zu piktographieren. Die Luft war mit etwas Unaussprechlichem geladen. Geschichte, wie Lanier meinte. Hier waren Entscheidungen getroffen worden, die das Schicksal von Welten verändert hatten. Diesmal stand das Schicksal von mehr als nur Welten auf dem Spiel.
    Mirsky und Korzenowski kamen hinter ihm herein und gingen zwischen den Sitzen hindurch. Mirsky lächelte Lanier zu und setzte sich neben ihn. Korzenowski nickte beiden zu und ging weiter nach unten, um neben dem Ausschuß von sechs Männern und Frauen Platz zu nehmen, die derzeit mit dem technischen Ablauf der Dinge in der sechsten Kammer beauftragt waren.
    Der Präsident und Premierminister Dris Sandy kamen als letzte herein und nahmen hinter dem Ring für Zeugenaussagen ihre Plätze ein.
    Der Premierminister verkündete: »Die mens hat ihre Stimme zu dem Vorschlag der Sers Mirsky, Korzenowski, Olmy und Lanier abgegeben.«
    Lanier war überrascht, als einer der Vorschlagenden bezeichnet zu sein. Ihn durchfuhr eine Woge von Erregung und nervösem Stolz.
    »Jetzt ist es Zeit, dieses

Weitere Kostenlose Bücher