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Ewigkeit

Ewigkeit

Titel: Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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vom Geist des Wesens?«
    »Es ist ein Jart«, sagte Mar Kellen erregt. »Das muß es sein. Es zeigt den Geist und die Erinnerungen des Jarts. Ich habe es hier stundenlang beobachtet. Manchmal habe ich mir gesagt: ›Dies ist es, was Beni getötet hat…‹ Dann mußte ich fortgehen, um nicht Gefahr zu laufen, verrückt zu werden.«
    Olmy betrachtete fasziniert das Muster. Er hatte eben den Rand der Persönlichkeit des Wesens berührt. Das genügte nicht, um zu bestimmen, ob es ganz oder ein Partial war, beschädigt oder intakt, oder auch nur zu vermuten, ob es in aktivem oder inaktivem Erinnerungszustand war. Aber hier war eine Gelegenheit ohnegleichen – und ein undurchdringliches Mysterium.
    Olmy fühlte, wie sein Körper einen Hormonstoß stabilisierte.
    Mar Kellen fragte: »Da bekommt man eine Gänsehaut, nicht wahr? Zu viele Geheimnisse.«
    »In der Tat.« Er trat an den konservierten Körper heran und ließ seinen eigenen Verstand und den implantierten Prozessor über das Problem grübeln. »Du hast dies noch niemandem gezeigt?«
    Mar Kellen schüttelte den Kopf. »Ich habe keinen Kontakt gehabt. Beni war…« Seine Augen begegneten Olmys Gesicht mit halb geschlossenen Augen und schmerzhaft verzogener Miene. »Es heilt mich. Bringt mich zurück.«
    Olmy wandte sich von der Seelenqual des alten Soldaten ab.
    Er hatte öfter Schaden genommen, als er sich erinnern konnte. Er hatte seinen Mut mit perverser Regelmäßigkeit auf die Probe gestellt. Nicht einmal reines Talsit – etwas, das er seit vier Jahren nicht mehr genossen hatte – konnte den kleinen harten Knoten des Verlangens nach Herausforderungen erweichen. Allerdings gelüstete es ihn weniger nach Gefahr als nach Erfahrung. In den letzten Jahrzehnten hatte es wenig ungewöhnliche Erfahrung gegeben. Auch er war schließlich der Erde überdrüssig geworden mit ihrem Morast aus Not und Übermaß an Elend.
    Aber niemals in allen seinen Leben hatte er die Art von Furcht empfunden wie jetzt. Was auch immer im Gedächtnis gespeichert sein mochte – höchstwahrscheinlich die Persönlichkeit eines Jarts, wenn Mar Kellens Vermutungen stimmten –, war stark genug gewesen, dessen Gefährtin zu töten und ihn selbst zu schädigen.
    »Danke mir nicht!« sagte Mar Kellen, dessen Lächeln verschwunden war. »Jetzt, da ich dich hierhergebracht habe, bin ich…« Er visualisierte ein Toben von roten und gelben Symbolen, von persönlichen Symbolen, die für Olmy sinnlos, aber in einer alten naderitischen Gebetsform strukturiert waren. »Ich verlange wirklich nichts. Ich bin nicht einmal auf Vorteile aus. Es gibt jetzt nicht viel, um das ich mich sorge. Ich habe sie getötet, indem ich sie hier hinunterbrachte…«
    Olmy fuhr aus seiner Träumerei auf. Er sagte: »Du hast etwas sehr Wichtiges gefunden. Ich bin mir nicht ganz sicher, was es ist, aber…«
    »Ich bin nicht mehr neugierig. Wenn es wichtig ist, überlasse ich es dir. Ich habe wirklich zu lange gelebt«, sagte Mar Kellen leise. Sein Gesicht schimmerte im Licht der Jart-Muster. Er zwinkerte leicht, leckte sich dann die Lippen und schaute Olmy an. »Du nicht auch?«

 
7. KAPITEL

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Gaia, nahe Alexandreia,
2345. Jahr des Alexandros
     
    Rhita stand auf dem Achterdeck der Dampffähre Joannes, die die Gewässer zwischen Rhodos und Alexandreia durchpflügte. Um die Kühle des winterlichen Meeres abzuhalten, trug sie ein braunes Akademeia-Cape und ein butterfarbenes Wollkleid von Rhodos. Ihre Augen waren lässig auf den Ozean und das breite, quirlende Kielwasser gerichtet. Es begleitete sie eine einsame Möwe, die einige Armlängen entfernt mit offenem Schnabel auf der dunklen Eichenreling hockte und den Kopf drollig rückwärts und vorwärts drehte. Der düstere graue Himmel brütete über einem ruhigen Ozean von der trüben Farbe des Eisens. Hinter ihr kauerten im Schatten des überdachten Hauptdecks große Motorwagen aus Rhodos, Kos und Knidos.
    Mit einundzwanzig Jahren fühlte sie sich noch reifer, als sie es mit achtzehn gewesen war, und das machte sie wirklich sehr reif. Zumindest hatte sie ihr reger Sinn für Spaß noch nicht verlassen. Sie hatte ein gesundes Gefühl für ihre Fähigkeit zu Torheiten und bedauerte, jetzt so wenig Zeit zu finden, ihr nachzugeben.
    Ihr Haar hatte seine helle rotbraune Tönung aus der Kindheit behalten, aber sie trug es jetzt kürzer geschnitten. Wenig verändert waren ihre großen, spöttischen grünen Augen, die blasse Haut und die Figur. Sie war nicht mehr als

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