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Ewigkeit

Ewigkeit

Titel: Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Jazzfotografien vorbei die Kellertreppe hinab. Am Freitagabend um acht waren bereits ein paar Stammgäste eingetroffen, aber ansonsten war es ruhig, und die meisten Tische waren noch unbesetzt. Ein junger Kerl in gestreiftem Hemd spielte ohne Begleitung auf dem hauseigenen Klavier »East St Louis Toodle-Oo«, wobei er sich ohne allzu viel Erfolg bemühte, Dukes trickreichen Stil nachzuahmen. Michel nickte Floyd und Greta unverbindlich zu, stellte ihnen wortlos Drinks hin und machte sich dann wieder daran, die verzinkte Theke zu polieren. Gelegentlich schaute er mit einem Auge zur Tür am oberen Ende der Treppe, als würde er jemand Bestimmten erwarten.
    Floyd und Greta nippten schweigend an ihren Drinks. Fünf Minuten vergingen, dann zehn.
    »Du weißt, warum wir hier sind«, sagte Floyd schließlich.
    Michel hörte mit dem Polieren auf und legte demonstrativ das Küchentuch beiseite. »Seid ihr auf direktem Wege hergekommen?«
    »Uns ist niemand gefolgt«, beteuerte Floyd.
    »Bist du dir sicher?«
    »So sicher, wie ich nur sein kann.«
    »Das heißt nicht viel.«
    »Mehr kann ich dir nicht anbieten. Du weißt, wo er ist, nicht wahr?«
    Michel nahm ihre leeren Gläser. »Folgt mir.«
    Er öffnete das Klappstück am Ende der Theke und führte sie in ein Hinterzimmer voller Fässer und leerer Weinflaschen. Eine weitere Tür führte sie in einen gewundenen, gemauerten Gang, in dem hölzerne Bierfässer standen. Auf halbem Wege blieb Michel vor einer unbeschrifteten weißen Tür stehen und fischte einen Schlüsselbund aus der Tasche. Er öffnete die Tür und trat in einen weiteren Lagerraum, in dem ebenfalls Fässer gestapelt waren. Sie schienen den Raum bis zur Rückwand auszufüllen, aber als Floyd genauer hinsah, fiel ihm auf, dass die Fässer so platziert waren, dass sie eine weitere Tür verbargen.
    »Dahinter«, sagte Michel. »Macht schnell und seid leise. Nichts gegen dich, Floyd, aber ich gehe hier ein ernsthaftes Risiko ein.«
    »Das weiß ich sehr zu schätzen«, versicherte Floyd.
    Die versteckte Tür führte sie in einen Raum, der kaum größer war als eine Besenkammer. Die Wände waren mit bröckelndem Putz bedeckt, der große Flecken feuchten, mürben Mauerwerks enthüllte. Eine einzelne Glühbirne sorgte für Licht. Eine Matratze auf dem Boden war der einzige Einrichtungsgegenstand. Auf dieser Matratze, den Rücken an die mit nur ein paar dünnen Kissen gepolsterte Wand gelehnt, saß Custine. Neben ihm lag ein Beutel mit Nahrungsmitteln. Er trug die Kleidung, die er am fraglichen Morgen angehabt hatte, nur dass sie jetzt zerknittert, schweißfleckig und so sehr in Unordnung war, als hätte er sie schon eine Woche lang getragen.
    Custine legte einen Zeitungsfetzen beiseite, in dem er gelesen hatte. »Missversteht es nicht als Undankbarkeit«, sagte er, »aber wie habt ihr mich gefunden?«
    »Wir haben gut geraten«, antwortete Floyd.
    »Beziehungsweise eine logische Schlussfolgerung gezogen«, sagte Greta. »Wie viele Freunde haben wir noch in dieser Stadt?«
    »Nicht viele«, gab Custine zu.
    »Es war also nicht allzu schwer, eine kleine Liste aufzustellen. Michel stand ziemlich weit oben.«
    »Er ist wirklich sehr anständig von ihm, mich zu verstecken«, sagte Custine. »Aber ich kann hier nicht lange bleiben. Es ist zu gefährlich für ihn und zu gefährlich für mich. Ich nehme an, niemand ist euch …«
    »Gefolgt? Nein«, sagte Floyd.
    »Ich stecke in großen Schwierigkeiten.«
    »Dann liegt es an uns, alles zu tun, um dich rauszuholen«, sagte Greta.
    »Aber vorher müssen wir wissen, was passiert ist«, fügte Floyd hinzu. »Und zwar alles, André, von dem Augenblick an, als ich dich heute Morgen in der Rue des Peupliers abgesetzt habe.«
    »Hast du meinen Brief bekommen?«
    »Natürlich.«
    »Dann weißt du über die Schreibmaschine Bescheid.«
    »Die Verschlüsselungsmaschine? Ja. Was ich allerdings nicht ganz begreife …«
    »Wir haben sie beim Quai benutzt«, erklärte Custine. »Als sicheres Kommunikationsmittel zwischen verschiedenen Einrichtungen, wenn wir versucht haben, das organisierte Verbrechen bei großen Aktionen zu erwischen. Ich rede von den Leuten, die unsere Telefonleitungen angezapft haben. Als Blanchard uns den Schreibmaschinenkoffer gezeigt hat – oder das, was er dafür gehalten hat – wusste ich, dass ich so etwas schon einmal gesehen hatte. Ich musste mich nur wieder erinnern, wann und wo.«
    »Ich bin froh, dass es dir eingefallen ist«, sagte Floyd. »Das hat ein paar

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