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Ewigkeit

Ewigkeit

Titel: Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Jungs sind ganz passabel. Der Gitarrist ist richtig gut, aber er sollte sich nicht mit diesen Typen abgeben. So wird das nichts.«
    »Ich muss mich auf Ihr Urteil verlassen.«
    »Also mögen Sie keinen Jazz oder zumindest nicht diese Art von Jazz. Kein Problem. Erst die Vielfalt macht die Welt interessant.«
    »Ja«, sagte Auger und nickte, als hätte er etwas äußerst Tiefgründiges gesagt. »So ist es wohl.«
    »Und was mögen Sie so?«
    »Ich habe Schwierigkeiten mit Musik«, gestand sie.
    »Mit jeder Art von Musik?«
    »Mit jeder«, bestätigte sie. »Auf diesem Ohr bin ich taub. Musik gibt mir einfach nichts.«
    Floyd trank seinen Brandy aus und bestellte sich einen neuen. Die Band verhunzte nun »Someone to Watch Over Me«. Zigarettenrauch hing in erstarrten Schwaden in der Luft, wie ein verrückter wolkiger Sonnenaufgang. »Susan White war genauso«, sagte er.
    »Wie genauso?«
    »Blanchard sagte, er hätte nie erlebt, dass sie Musik gehört hat.«
    »Das ist kein Verbrechen«, entgegnete Auger. »Und woher wusste er, was sie in ihrer Freizeit getan hat? Er kann ihr nicht überallhin gefolgt sein.«
    »Sie hatte ein Radio und ein Grammophon in ihrem Zimmer«, sagte Floyd. »Aber niemand hat gehört, dass sie je mit diesen Geräten Musik gespielt hat.«
    »Deuten Sie nicht zu viel hinein«, sagte Auger. »Ich habe nur gesagt, dass ich für Musik taub bin. Ich weiß nicht alles über Susan White.«
    »Lassen Sie uns von hier verschwinden«, sagte Floyd und stellte sein leeres Glas ab. »Mir tränen die Augen von dem Rauch, und ich möchte nicht, dass irgendjemand glaubt, es könnte an der Musik oder meiner Begleitung liegen.«
    Sie fuhren mit der S-Bahn zum Hotel zurück und wünschten sich artig eine gute Nacht. Floyd legte sich in Hemd und Hosen auf die Couch und wärmte sich mit einer Decke. Aber er konnte nicht schlafen. Die Rohre der sanitären Anlagen spielten bis um drei Uhr morgens eine metallische Sinfonie. Durch einen Spalt zwischen den Vorhängen beobachtete er, wie am Fuß der Everest-Statue Neonziffern an- und ausgingen. Er dachte daran, wie Auger schlief und wie wenig er über sie wusste – und wie viel er noch über sie wissen wollte.

 
Dreiundzwanzig
     
     
    Der Wagen zockelte über Straßen, die mit Schlaglöchern durchsetzt waren und von Eisenbahnschienen gekreuzt wurden, und fuhr unter zerbrechlich wirkenden Konstruktionen hindurch, die Fließbänder und Röhren für Chemikalien trugen.
    »Bitten Sie ihn, langsamer zu fahren«, sagte Floyd und tippte dem Taxifahrer auf die Schulter. »Ich glaube, da drüben ist ein Hinweisschild.«
    Auger gab die Bitte weiter, dann schaute sie zur schiefen Holztafel hinüber, die fast hinter einem Vorhang aus hohem Gras verschwunden war. »Magnolienstraße. Wie passend.«
    »Das ist die Adresse von Kaspar Metall?«
    »Was noch davon übrig ist, müsste sich hier befinden«, bestätigte sie.
    Hinter einem kaputten Holzzaun war ein dampfbetriebener Abbruchkran zu sehen, der mit der Einebnung einer niedrigen Fabrikhalle beschäftigt war. Die Abrissbirne schwang in weitem Bogen hin und her und schlug immer wieder in die einzige noch stehende Wand. Es standen noch ein paar weitere Gebäude, doch dazwischen breiteten sich Haufen aus Ziegelsteinen, Betonbrocken und verbogenem Metall aus.
    »Wenn sich hier einmal ein Stahlwerk befunden hat, dann gibt sich jemand die allergrößte Mühe, diese Tatsache zu verschleiern«, sagte Floyd.
    Der Taxifahrer ließ den Motor weitertuckern, während sie ausstiegen und sich auf den einzigen trockenen Flecken zwischen dem Hindernisparcours aus Schlammpfützen stellten. Es war bitterkalt, und ein eindringlicher Geruch nach Chemikalien lag in der Luft. Auger trug schwarze Hosen und einen schwarzen Ledermantel mit schmaler Taille, der ihr bis zu den Knien reichte. Am Abend zuvor hatte sie versucht, die Absätze von ihren Schuhen zu brechen, doch es war ihr nicht gelungen.
    »Versuchen Sie den Fahrer zu becircen, dass er fünfzehn Minuten auf uns wartet«, sagte Floyd. »Wir müssen nachsehen, ob irgend etwas zurückgelassen wurde, das uns weiterhilft.«
    Auger beugte sich ins Wagenfenster und redete mit dem Mann. Sie konnte sich verständlich machen, aber die Worte kamen nicht mit der erwarteten Leichtigkeit aus ihrem Mund. Während sie gestern noch eine blitzblanke linguistische Maschine gewesen war, die elegante, syntaktisch inhaltsreiche Sätze ausgespuckt hatte, war sie nun ein rostender Apparat, der unter der Anstrengung

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