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Ewigkeit

Ewigkeit

Titel: Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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etwas auffällig vor?«
    »Nein«, antwortete Auger. »Nur, dass sie gerade noch in meinen Arbeitsbereich fällt.«
    »Nur gerade noch?«
    Auger nickte. »Ja. Ich bin ziemlich gut, was Paris im Leeren Jahrhundert angeht, bis 2077. Um 1959 ist mein Wissen schon sehr viel ungenauer. Es ist nicht so, dass ich keine Ahnung von dieser Periode hätte, aber ich bin sehr viel weniger damit vertraut als mit den späteren Jahrzehnten.«
    Caliskan schob seine Brille höher. »Nehmen wir an, ich möchte mit einem ausgewiesenen Experten für genau diesen Zeitraum sprechen. Wen würden Sie in Anbetracht Ihrer akademischen Verbindungen vorschlagen?«
    Auger überlegte einen Augenblick. »White«, sagte sie. »Susan White. Ich bin mir sicher, dass Sie mit ihrer Arbeit vertraut sind. Sie hat den Bericht über die EuroDisney-Ausgrabung letztes Jahr geschrieben.«
    »Sie scheinen Sie sehr gut zu kennen.«
    »Das nicht«, antwortete Auger. »Wir haben ein paar Nachrichten ausgetauscht und uns hie und da auf akademischen Konferenzen unterhalten. Vielleicht habe ich mich einmal auf einen ihrer Aufsätze bezogen oder sie sich auf einen von mir.«
    »Sie betrachten sie als Rivalin, stimmt’s?«
    »Wir kämpfen beide um das gleiche Forschungsbudget. Was jedoch nicht bedeutet, dass ich ihr die Augen auskratzen würde.« Als ihr klar wurde, dass sich ihre Nützlichkeit für Caliskan langsam erschöpfte, fügte sie hinzu: »Ich könnte Sie mit ihr in Verbindung bringen.«
    »Es ist so, dass wir bereits Kontakt zu ihr aufgenommen haben.«
    Auger zuckte die Achseln. Sie hatte gesagt, was es zu sagen gab. »Wozu brauchen Sie mich dann noch?«
    »Es gibt ein Problem mit White. Deshalb sind wir zu Ihnen gekommen.«
    »Was für ein Problem?«
    »Ich fürchte, das kann ich Ihnen nicht sagen.« Er klatschte in die Hände und hob in einer entschuldigenden Geste die Handflächen. »Das geht nur unseren anderen Kandidaten etwas an. Seien Sie nicht traurig, Auger. Sie waren von Anfang an die zweite Wahl, aber dafür haben Sie großartige Referenzen.« Caliskan senkte den Blick auf seinen Schreibtisch, nahm einen großen schwarzen Federhalter zur Hand und machte einen Eintrag in eine Art Tagebuch. Die Feder kratzte auf hochwertigem Papier.
    »Das ist alles?«
    Er blickte kurz von seiner Notiz auf. »Haben Sie etwas anderes erwartet?«
    »Ich dachte …« Auger verstummte.
    »Was dachten Sie?«
    »Ich habe versagt, nicht wahr? Ich habe nicht bemerkt, was auch immer ich hätte bemerken sollen.«
    Das Kratzen von Caliskans Füller brach ab. »Entschuldigung?«
    »Auf der Karte ist etwas, das mir hätte auffallen sollen.« Jetzt, wo sie bei der Sache war, verspürte sie eine berauschende Gewissheit, als das fehlende Detail unvermittelt seinen Platz einnahm. »Es ist mir durchaus aufgefallen. Ich hatte nur keine Ahnung, was ich damit anfangen sollte.«
    Caliskan tauchte den Federhalter ins Tintenfass. »Fahren Sie fort.«
    »Der Stadtplan ergibt keinen Sinn, selbst wenn er 1959 gedruckt wurde. Er ähnelt eher einem Pariser Stadtplan aus den Dreißigern oder Vierzigern, der sich als ein dreißig Jahre späteres Exemplar ausgibt.«
    »Inwiefern?«
    »Die Straßennamen. Es gibt keinen Roosevelt, keinen Charles de Gaulle, keinen Churchill. Als hätte der Zweite Weltkrieg nie stattgefunden.«
    Caliskan schlug das Buch zu und schob es beiseite. »Ich bin sehr froh, das zu hören. Ich hatte schon fast geglaubt, Sie wären vielleicht doch nicht die richtige Frau für den Auftrag.«
    »Was für einen Auftrag?«
    Caliskan zog ein Ticket aus einer Schublade, auf dem das Logo von Pegasus Intersolar, ein fliegendes Pferd im Jugendstildesign, prangte. »Sie müssen für mich zum Mars fliegen. Gewisse Besitztümer sind in die falschen Hände geraten, und wir hätten sie gern wieder.«
     
    Das Schiff hieß Twentieth Century Limited. Auger konnte von außen während des langwierigen Weges, auf dem sie von einer Luftschleuse zur nächsten geführt wurde, immer nur einzelne Abschnitte und nie das Ganze sehen. Für Stoker-Verhältnisse war das Linienschiff gewaltig, sechs- oder siebenhundert Meter lang. Allerdings war es für den Flug zum Mars bei weitem nicht ausgebucht. Bei den zunehmenden Spannungen im Sonnensystem verzichteten die meisten auf nicht unbedingt notwendige Reisen. Bislang beschränkten sich die Feindseligkeiten auf unzufriedene Elemente unter den Slashern, aber zwei VENS-Schiffe waren bereits ins Kreuzfeuer geraten, wobei Zivilisten ums Leben gekommen waren.

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