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Ewigkeit

Ewigkeit

Titel: Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Kinder.«
    »Und Sie haben auch nie andere Kinder in diesem Haus gesehen?«
    »Gelegentlich kommen Besucher und bringen ihre Kinder mit.«
    Floyd tippte mit dem Bleistift gegen das Notizbuch. »Und was ist mit Kindern, die ohne Begleitung waren?«
    »Gelegentlich. Monsieur Charles, der im sechsten Stock wohnte, erhielt an manchen Sonntagen Besuch von seiner Tochter.«
    »Auch in jüngster Zeit?«
    »Nicht mehr, seit man ihn in D’Ivry begraben hat.«
    »Und seitdem?«
    »Soweit ich weiß, nicht.«
    »Überlegen Sie noch einmal, Madame. Haben Sie jemals ein kleines Mädchen in diesem Haus gesehen, vor allem in den letzten paar Wochen?«
    »Ich glaube, ich würde mich daran erinnern, Monsieur, da es etwas Ungewöhnliches gewesen wäre.«
    Floyd klappte das Notizbuch zu, ohne ein einziges Wort geschrieben zu haben. »Vielen Dank, dass Sie sich Zeit für mich genommen haben, Madame.«
    »Es tut mir Leid, dass ich Ihnen keine große Hilfe war.«
    »Sie haben mir durchaus geholfen.« Floyd legte einen Finger an die Hutkrempe und entfernte sich von der Tür, während die Frau sie wieder schloss. Er hörte, wie sie mit mehreren Schlössern und Ketten hantierte.
    Auf diesem Stockwerk gab es keine weiteren Wohnungen, also stieg Floyd die Treppe zum dritten Stock hinauf. Er war erst ein paar Stufen weit gekommen, als er hörte, wie die Schlösser der Wohnung unter ihm hektisch wieder geöffnet wurden. Er hielt an, eine Hand am Geländer, und blickte nach unten.
    »Madame?«
    »Mir ist doch noch etwas eingefallen«, sagte die alte Frau mit zitternder Stimme. »Da war ein Kind.«
    »Ein kleines Mädchen?«
    »Ein sehr seltsames kleines Mädchen. Ich bin ihm einmal spät abends auf der Treppe begegnet, als ich zu meiner Wohnung zurückkehrte.«
    »Wo waren Sie? Falls Sie mir diese Frage erlauben.«
    »Nirgendwo. Ich muss zu meinem Bedauern gestehen, dass ich gelegentlich schlafwandle – und manchmal verlasse ich die Wohnung und wache am Fuß der Treppe wieder auf. Es muss vor drei oder vier Wochen geschehen sein. Ich sah dem Mädchen ins Gesicht und …« Sie erschauderte.
    »Madame?«
    »Als ich am nächsten Morgen aufwachte, Monsieur, dachte ich, dass ich nur von diesem Mädchen geträumt hatte.«
    »Vielleicht haben Sie das«, sagte Floyd.
    »Ich hoffe es, Monsieur, denn als ich in sein Gesicht blickte, sah ich das Gesicht des Bösen, als hätte der Teufel dieses Haus in Gestalt eines kleinen Mädchens betreten. Und am schlimmsten war es, als mich das Kind ansah. Ich konnte erkennen, dass es genau wusste, was ich dachte.«
    »Können Sie es beschreiben?«
    »Es war etwa acht oder neun. Vielleicht ein wenig älter. Seine Kleidung war verschmutzt, zerlumpt. Es war sehr mager. Ich habe einen Arm am Geländer gesehen – er war wie der eines Skeletts, nur Haut und Knochen. Das Haar war viel zu schwarz, als wäre es gefärbt worden. Aber am schlimmsten war das Gesicht. Es war wie das Gesicht einer Hexe. Oder wie etwas, das zu lange in der Sonne gelegen hat.«
    »Ich kann Sie beruhigen«, sagte Floyd lächelnd. »Es kann nur ein Alptraum gewesen sein.«
    »Wie können Sie sich dessen so sicher sein?«
    »Weil das nicht das Mädchen ist, nach dem ich mich erkundigen wollte – das möglicherweise eine Zeugin war.«
    »Sind Sie sich ganz sicher?«
    »Das Mädchen, nach dem ich suche, hatte das Gesicht eines Engels. Mit kleinen Zöpfen und rosigen Wangen.«
    »Gott sei Dank!«, sagte die Frau nach einer Weile. »Dann scheine ich es wohl doch nur geträumt zu haben. Es war mir wieder eingefallen, als Sie ein kleines Mädchen erwähnten …«
    »Ich verstehe. Ich hatte selbst vor ein paar Nächten einen sehr schlimmen Alptraum. Als ich aufwachte, brauchte ich recht lange, um zu erkennen, dass es gar nicht wirklich geschehen war. Sie müssen deswegen kein schlechtes Gefühl haben, Madame. Es wird nicht zurückkehren. Sie können ganz unbesorgt sein. Es tut mir nur Leid, dass ich Sie dazu gebracht habe, sich wieder daran zu erinnern.«
    »Es war nicht Ihre Schuld.«
    »Bitte, zerbrechen Sie sich nicht weiter den Kopf darüber. Ich bin Ihnen für Ihre Hilfe sehr dankbar.« Floyd griff in die Tasche. »Hat mein Partner Ihnen eine Visitenkarte gegeben, nur für den Fall, dass Ihnen noch etwas anderes einfällt?«
    »Ja, ich habe Ihre Karte.«
    »Bitte zögern Sie nicht, uns anzurufen.«
    Sie schloss die Tür. Floyd hoffte, dass er sie beruhigt hatte. Er wollte auf keinen Fall alte Leute in Angst und Schrecken versetzen, doch als er sich

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