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Ewigkeit

Ewigkeit

Titel: Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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könnten.«
    »Dann haben Sie solche Tests nie durchgeführt?«
    »Wir haben getan, was wir konnten, mit dem recht beschränkten Werkzeug, das wir hier nutzen können. Aber keiner dieser Tests hat etwas ergeben, das nicht im Einklang mit den Gesetzen der Physik steht.«
    »Aber nur, weil Sie nicht an solche Instrumente herankommen, bedeutet das nicht zwangsläufig, dass es nirgendwo welche gibt.«
    »Sie meinen, wir sollten in ein Physiklabor einbrechen?«
    »So drastisch müssen Sie gar nicht vorgehen. Behalten Sie einfach nur die wissenschaftlichen Publikationen im Auge. Dies ist das 20. Jahrhundert, Skellsgard. Es ist das Jahrhundert von Einstein und Heisenberg. Diese Männer können ihre großen Entdeckungen doch nicht verschlafen haben.«
    »Damit gibt es ein kleines Problem. Die hiesige Grundlagenforschung ist längst nicht so weit fortgeschritten wie in unserem Jahr 1959. Erinnern Sie sich, dass es hier keinen Zweiten Weltkrieg und demzufolge auch keine Computerrevolution gegeben hat?«
    »Ja.«
    »Die Auswirkungen gehen noch viel weiter. Es gab auch kein Manhattan-Projekt. Hier hat niemand die Atombombe erfunden. Und ohne Atombombe gab es keinen Anreiz, ballistische Raketen zu entwickeln. Und ohne ballistische Raketen kein Weltraumprogramm. Hier gibt es keine großen mit Staatsgeldern geförderten wissenschaftlichen Institutionen.«
    »Aber es muss doch wissenschaftliche Forschung und Entwicklung geben.«
    »Nur in sehr kleinem Maßstab. Die Wissenschaftler arbeiten ungezielt, haben kein Geld und genießen kein gesellschaftliches Ansehen.«
    Auger brachte ein schiefes Lächeln zustande. »Also findet praktisch keine Veränderung statt.«
    »Genau. Es ist fast, als …« Doch dann ließ irgendetwas sie innehalten, und sie zuckte die Achseln.
    »Wie ist es?«, hakte Auger nach.
    »Ich wollte sagen … es ist fast, als würde jemand gezielt jeden Fortschritt behindern.«
    »Wer hätte dadurch einen Nutzen?«
    »Wenn ich eine Vermutung äußern soll«, sagte Skellsgard, »zum Beispiel jeder, der nicht möchte, dass die Menschen hier herausfinden, wie ihre Welt wirklich beschaffen ist.«

 
Dreizehn
     
     
    Der Reifen von Floyds Mathis knirschte am Bordstein vor Blanchards Haus in der Rue de Peupliers. Floyd und Custine hatten sich gleich nach dem Frühstück auf den Weg gemacht, und obwohl Floyds Schädel brummte wie eine gesprungene Kirchenglocke – zu viel Wein, zu viel Musik – war er gleichzeitig von einer Art empfindlicher Wachsamkeit erfüllt. Sein Hals war rau vom lauten Reden im Le Perroquet Pourpre, und die Unmengen Kaffee, die er seit dem Aufstehen in sich hineingekippt hatte, machten es nicht gerade besser.
    »Nimm Blanchard nicht zu hart ran«, sagte Floyd, als er Custine mit dem Werkzeugkasten in der Hand aussteigen ließ. »Du darfst nicht einmal andeuten, dass wir ihn verdächtigen.«
    »Ich verdächtige niemanden«, sagte Custine. »Ich möchte nur gerne genau diese Möglichkeit ausschließen.«
    »Sieh zu, dass wir dadurch nicht den Fall verlieren.«
    »Vertrau mir, Floyd. In solchen Dinge habe ich mindestens genauso viel Erfahrung wie du.«
    »Ist dir noch was zu dieser Schreibmaschine am Quai eingefallen?«
    »Ich sehe immer noch diese Zelle vor mir. Ansonsten nichts. Aber ich bin überzeugt, dass es mir wieder einfällt.«
    Floyd fuhr zum Büro zurück. Der Aufzug funktionierte wieder, zumindest im Moment. Floyd fuhr in der ächzenden und knirschenden Kabine in den dritten Stock und schloss die Tür zu seinen Büroräumen auf. Zu allererst goss er sich eine Tasse lauwarmen Kaffee ein, nahm den Telefonhörer ab und versuchte erneut, die Nummer in Berlin anzurufen. Das Ergebnis blieb das gleiche: Die Verbindung war tot. Bei der Vermittlung konnte man ihm nicht sagen, ob die Nummer falsch war oder ob man das Telefon am anderen Ende einfach abgeschaltet hatte. Floyd fuhr mit den Fingern über den Brief von Kaspar Metall. Er hatte keine große Lust, den bislang meistversprechenden Hinweis bei diesem Fall einfach wegzuwerfen.
    Er schob das Telefon nicht beiseite, sondern blätterte sein Adressbuch durch, bis er schließlich auf die Nummer eines alten Kontakts an der Porte d’Asnières stieß. Dem ehemaligen gelernten Metallarbeiter war nach einem Unfall in einem Citroen-Werk gekündigt worden, worauf er nun von Zuhause aus arbeitete. Obwohl er selbst kein Musiker war, verdiente er jetzt sein bescheidenes Auskommen damit, Blechblasinstrumente zu reparieren.
    Nach dem siebten Klingeln nahm jemand

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