Ewiglich die Hoffnung
Leben hielt.
Als er fertig war, wurde es still im Raum. Ashe stützte die Ellbogen auf den Tisch und faltete die Hände.
»Dann wollt ihr also zu den Tunneln. Um den Jungen zu retten«, sagte Ashe fassungslos.
Cole nickte.
»Du hattest schon immer Spaß an unmöglichen Aufgaben.« Ashe lachte leise.
Cole nickte erneut. Er schien an irgendeine Geschichte zwischen ihnen zu denken, von der ich nichts wusste.
»Warum seid ihr zu mir gekommen?«
Cole deutete auf mein Kontaktband. »Weil ihre Projektion uns zu Jack führt. Und wenn du uns sagen kannst, in welche Richtung das Band zeigt …«
Die Antwort malte sich in Ashes Gesicht ab. Er sah von dem Kontaktband zu Cole. »Ihr spinnt ja.«
Cole beugte sich über den Tisch. »Wir brauchen deine Hilfe.«
Auch Ashe beugte sich vor. »Ihr braucht mehr als meine Hilfe. Nach dem, was ich zuletzt gehört habe, treiben sich da haufenweise Streuner rum.«
»Dann wären ein paar Waffen vielleicht auch nicht schlecht.«
Ashes Mundwinkel hoben sich, während er Coles ungerührten Gesichtsausdruck studierte. Mir kam der Verdacht, dass die beiden die Gefahr liebten.
Kapitel Fünfzehn
Cole beschloss, mit Max auf den Markt zu gehen, wo sie sich mit zusätzlicher Energie eindecken wollten. Er sagte mir, das Hauptangebot auf dem Markt, an dem wir vorbeigekommen waren, sei Zusatzenergie. Da überall Plakate mit meinem Konterfei hingen, hielten sie es für besser, mich in Ashes Obhut zu lassen. Cole ging von Fenster zu Fenster und schloss die Holzläden.
»Geh nicht nach draußen«, sagte er.
»Hatte ich auch nicht vor«, erwiderte ich. »Aber braucht ihr wirklich mehr Energie?«
»Bloß eine Auffrischung. Wir brauchen alles, was wir kriegen können.«
Max kam herüber. »Gehen wir«, sagte er zu Cole.
Cole sah Ashe eindringlich an. »Lass keinen rein«, sagte er. Ashe nickte, und im nächsten Moment waren Cole und Max zur Tür hinaus und ließen mich mit ihm allein.
Ashe nahm auf einem Holzschemel vor einem Spalt in den Fensterläden Platz und deutete dann auf einen anderen Schemel. Ich setzte mich, und er spähte hinaus auf die Straße.
»Glaubt ihr wirklich, es könnte mich jemand gesehen haben?«, fragte ich.
Ashe zuckte die Achseln. »Selbst ohne deine Energie sehen Menschen ein bisschen anders aus. Anfangs fällt es nicht auf, aber mit der Zeit ist ein fast unmerkliches … Strahlen zu sehen. Vielleicht ist das das Licht der Sterblichkeit.« Er sagte das ganz sachlich, ohne eine Spur von Missbilligung. Er nahm die Augen nicht von der Straße, während er sprach. »Man muss allerdings schon danach suchen.«
»Selbst wenn jemand mein … Strahlen sähe, würde er mich dann wirklich ausliefern?«
»Die Königin hat eine hübsche Belohnung auf dich ausgesetzt.«
»Geld?«
Schließlich drehte er sich zu mir um. »Nein. Noch besser. Die Belohnung ist Zeit in den elysischen Gefilden.«
Die elysischen Gefilde. Cole hatte mir davon erzählt. In meinem Zimmer. Dann hatte er mein Gesicht in die Hände genommen, und plötzlich, als würde ich träumen, stand ich auf einem Feld und fühlte mich unglaublich leicht, so als könnte ich wegfliegen, ohne jemals wieder den Boden zu berühren.
Ich dachte an die Glasgefäße, die ich auf dem Markt gesehen hatte, und plötzlich ergaben die Zahlen und Buchstaben auf den Etiketten einen Sinn. »Die Gefäße auf dem Markt, mit der Aufschrift 8STD oder 3T? Heißt das, man kann sich zum Beispiel acht Stunden oder drei Tage Zeit in den Gefilden kaufen?«
Ashe nickte. »Die Gefilde sind für uns eine Art psychedelisches Koma. Der beste Rauschzustand, den man sich vorstellen kann. Wenn sie leichter zugänglich wären, würden wir wahrscheinlich süchtig. Aber nur die Königin hat freien Zugang zu den Gefilden. Und sie kann ihren Zugang verkaufen. Oder ihn als Belohnung aussetzen.« Er schaute wieder zum Fenster hinaus.
Ich sah mich in Ashes Zuhause um, das ich erst jetzt richtig wahrnahm. Es bestand aus einem einzigen riesigen, rechteckigen Raum mit Steinwänden nach vorne zur Straße und nach hinten zu einer Art Hof hin. Die langen Seitenwände waren aus Holz, und ich vermutete, dass sie nur Zwischenwände zu den beiden Nachbarwohnungen waren. Altes und Neues bildeten ein seltsames Ganzes. Das Haus schien sehr alt zu sein, und dasselbe galt für den Tisch und die Stühle aus massivem Eichenholz mit schnörkeligen Mustern. Andererseits standen in dem Bücherregal, das eine ganze Wand einnahm, neben einigen älteren Büchern auch eine
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