Ex
Fall werden sie nicht darum herumkommen.«
Joanna überlief unwillkürlich ein Schauder, während sie aus dem Fenster sah und das gräßliche Bild zu verscheuchen suchte, das sich ihr immer wieder mit all seinen unbarmherzigen Einzelheiten aufdrängte. Sam wußte, was in ihr vorging, und nahm ihre Hand.
»Ich glaube, ich werde nie wieder schlafen können«, meinte sie.
»Doch«, erwiderte er. »Das verspreche ich dir.«
Sie legte ihren Kopf an seine Schulter, wagte aber nicht, die Augen zu schließen.
Als sie an der Penn Station aus dem Zug stiegen, nahm Sam wieder das Handy und wählte Wards Nummer. Diesmal meldete sich sofort jemand: der chinesische Diener. Er schien in heller Aufregung zu sein.
»Am besten Sie kommen her, Dr. Towne«, sagte er. »Mr. Riley hat Nachricht für Sie hinterlassen – und für Miss Cross. Bitte beeilen!«
KAPITEL 45 Als sie aus dem Aufzug traten, erwartete sie der Chinese bereits an der Wohnungstür. Der dicke Teppichboden auf dem Gang dämpfte ihre Schritte, und sie sprachen kein Wort, bis sie Wards Wohnung mit dem glänzenden Parkettboden betreten hatten und die Tür hinter ihnen geschlossen war.
Doch dann kam Sam sofort zur Sache: »Was ist los?« Mit vor der Brust gefalteten Händen und leicht nach vorne gebeugtem Oberkörper antwortete der Diener mit seiner hellen Stimme:
»Ich Mr. Riley gestern abend zurückkommen sehen – war kurz vor acht. Er sagte, er sofort zu Bett gehen, will nicht gestört werden. Ich heute morgen Freunde besuchen und einkaufen und kommen zurück – immer noch kein Mr. Riley. Ich Angst haben, daß Mr. Riley krank. Mr. Riley nie so spät aufstehen. Ich also klopfen an Tür von Mr. Riley, aber keine Antwort. Ich öffnen Tür und finden Bett unbenutzt. Diese Nachricht liegen auf Bett.«
Er streckte ihnen eine Karte entgegen, auf der in Wards ordentlicher Handschrift nur wenige Zeilen geschrieben standen: » Gestatte Sam Towne und Joanna Cross Zutritt zum Raum der Stille. Niemandem sonst! W.R.«
Sam blickte von der Karte auf. »Raum der Stille?«
»Ich zeige Ihnen.«
Sogleich führte er Joanna und Sam den Flur entlang und durch eine Flügeltür in ein geräumiges Schlafzimmer, das wie die anderen Zimmer fernöstliche Einflüsse aufwies. Irgend etwas kam Joanna auf Anhieb seltsam vor, doch es dauerte einen Augenblick, bis sie wußte, was es war: Der Raum hatte keine Fenster. Hinter einer halb offenstehenden Tür sah sie ein gefliestes Badezimmer mit Spiegeln, doch der Diener führte sie weiter zu einer Tür am anderen Ende des Raumes, die fast unsichtbar in eine dunkel getäfelte Wand mit Schubladen und Schränken eingelassen war.
»Noch nie hier jemand hinein dürfen«, erklärte der Diener. »Mr. Riley Zimmer sogar selbst sauber machen. Ich jetzt gehen.«
Mit einer steifen kleinen Verbeugung zog er sich zurück und ging wohl wieder ins Wohnzimmer. Sam drehte den Türknopf, und sie standen in einer kleinen Kammer, kaum größer als ein Schrank, mit nichts als kahlen Wänden – und einer weiteren Tür auf der gegenüberliegenden Seite. Nachdem Joanna und Sam einen Blick gewechselt hatten, öffnete Sam die zweite Tür.
Eisige Kälte schlug ihnen entgegen. Das Zimmer war mittelgroß, eine raumhohe Glasfront mit Blick über den Park nahm die ganze gegenüberliegende Seite ein. Drei gläserne Schiebetüren waren bis zum Anschlag geöffnet. Außer ein paar Bücherregalen, mehreren Bildern und Statuen mit offenbar religiöser Bedeutung gab es keine Einrichtungsgegenstände.
In der Mitte des Zimmers lag eine Matte. Und darauf saß in der klassischen Meditationshaltung mit gekreuzten Beinen Ward Riley. Er war barfuß und trug nur einen einfachen dünnen Baumwollkimono. Seine Augen waren geschlossen, seine Haut wächsern und bleich.
»Ist er tot?« flüsterte Joanna heiser, kniete sich hin und berührte ihn. Er war eiskalt.
Da ließ ein dumpfer Schlag Joanna zusammenzucken. Sie drehte sich um und sah, wie Sam die Glastüren schloß, dann kam er zu ihr und kniete sich ebenfalls neben Ward.
»Ich kann seinen Pulsschlag sehen«, sagte er. »Da am Hals, ganz langsam.«
»Danke, daß ihr gekommen seid, Sam…«
Joanna und Sam sprangen auf, als Wards Stimme aus dem Nichts ertönte.
»… und Joanna. Es ist gut, daß ihr da seid, daß wir nun zusammen sind.«
Über Wards Kopf hinweg warfen sich die beiden einen verstörten Blick zu. Wards Stimme klang vertraut, aber jetzt merkwürdig körperlos.
»Wenn ihr diese meine Worte hört, befinde ich
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