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Ex

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Titel: Ex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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Bettkante nieder und tastete nach Joannas Hand.
     
    An der Penn Station stiegen sie in den Zug und erreichten kurz vor zehn Princeton. Anstatt auf einen Bus zu warten, nahmen sie ein Taxi und waren wenige Minuten später auf dem Campus. Bis sie das Gebäude betraten, in dem sich Joanna und Roger vor vielen Monaten kennengelernt hatten, hatte Sam ihr alles gesagt, was er über Rogers Tod wußte.
    Offenbar war in seinem Zimmer ein Feuer ausgebrochen. Es hatte nicht auf andere Räume übergegriffen und war von selbst wieder erloschen. Erst am Morgen hatte man Rogers Leiche entdeckt, nicht einmal eine Stunde vor Joannas Anruf.
    Auf dem Rasen parkte ein Feuerwehrauto, und einige Feuerwehrmänner standen etwas ratlos herum, als wüßten sie selbst nicht genau, was sie hier sollten. Die Männer vom Sicherheitsdienst der Universität und zwei Beamte der Bezirkspolizei bewachten den Eingang und hielten Schaulustige zurück, aber als Sam seinen Namen nannte, ließen sie ihn und Joanna passieren.
    Der Mann, mit dem sie telefoniert hatten, hieß Jeffrey Soundso – den Nachnamen hatte sie nicht verstanden. Er war groß, trug einen grauen Anzug und ein blaues Hemd mit Krawatte und hatte schütteres, streng zurückgekämmtes Haar. Offensichtlich hatte ihn der Vorfall zutiefst erschüttert, und er bedachte Joanna mit einem besorgten Blick, als wollte er sagen, daß das hier für eine Frau nicht der richtige Ort sei.
    »Sie können reingehen«, meinte er. »Der Leichenbeschauer und die Polizei sind noch da. So was Entsetzliches haben Sie noch nicht gesehen.«
    Sam wandte sich an Joanna. »Bist du sicher, daß du dir das antun willst?« fragte er sie leise. »Ich kann zuerst reingehen und dir dann sagen, wie es aussieht.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nichts wäre mir lieber, als wenn mir das erspart bliebe. Aber ich glaube, ich muß es tun.«
    Er schob seine Hand unter ihren Arm, und ein Uniformierter öffnete ihnen die Tür.
    Das Zimmer sah noch genauso aus, wie sie es in Erinnerung hatte – das sympathische Chaos von Büchern und Papieren, die schief hängenden Bilder und Fotos an den getäfelten Wänden, der Computer auf dem Tisch neben dem Buntglasfenster. Nichts war verändert, auch die Ledersessel standen noch da, doch jetzt waren sie leer, bis auf Rogers Sessel.
    Wie schon damals, stand der Sessel so, daß das Licht einer Leselampe darauffiel. Auf dem Tisch daneben waren Bücher, eine Kiste Zigarren, von denen er gelegentlich eine rauchte, und ein halbleeres Glas mit etwas, das wie Whisky aussah.
    Doch was in diesem Sessel saß, konnte man nicht in Worte fassen: ein schwarzes, verkohltes Etwas, eine dämonische Gestalt, die nur noch entfernt an ein menschliches Wesen erinnerte. Nur eine Hand und ein Teil eines Arms, der auf dem Tisch lag, waren von dem zerstörerischen Feuer verschont geblieben. Der Kleiderfetzen an dem Arm war ein Überbleibsel des Anzugs, den Roger gestern abend in der Stadt getragen hatte.
    Joanna wollte schreien, weglaufen, in Ohnmacht fallen. Doch der Schreck hatte sie gelähmt. Wie angewurzelt stand sie da, kein Laut drang aus ihrer Kehle. Sie spürte, daß Sam den Arm um sie gelegt hatte, und sie klammerte sich an ihm fest, während sie verzweifelt versuchte, den Blick von diesem gräßlichen Bild abzuwenden.
    Da bewegten sich zwei Gestalten – eine, die neben der Leiche gekniet hatte, und eine andere, die im Schatten an der Wand gestanden hatte und sich nun als dunkle Silhouette vor dem Fenster abzeich-nete. Sie hörte ein seltsames Geräusch und bemerkte, daß sie selbst es verursacht hatte. Seit sie in den Raum gekommen war, hatte sie nicht geatmet, und jetzt schnappte sie laut nach Luft.
    »Es geht schon«, brachte sie heraus und ließ Sam los, um zu zeigen, daß sie sich unter Kontrolle hatte. »Ist schon in Ordnung. Wie ist das passiert?«
    Der Mann vor dem Fenster trat auf sie zu. »Das versuchen wir gerade herauszufinden. Lieutenant Daniels, Bezirkspolizei.«
    Sie stellten sich vor. »Roger Fullerton war mein früherer Physikprofessor«, sagte Sam. »Wir sind gute Freunde geblieben. Gestern abend haben wir uns getroffen. Als ich wegmußte, ging Joanna – Miss Cross – mit ihm noch etwas trinken, dann ist er hierher zurückgefahren.«
    »Ich habe ihm ein Taxi gerufen«, erklärte sie. »Gegen acht oder Viertel nach acht habe ich dann die Bar verlassen.«
    Der Polizist nickte und machte sich Notizen. »Das kommt hin. Er ist hier um zehn noch mal gesehen worden.« Er sah sie beide an.

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