Ex
Hast, beinahe gemächlich, hinter ihr die Treppe hinunterging.
Im Erdgeschoß riß sie eine Tür auf und fand sich in einem Gang mit grün gestrichenen Backsteinwänden wieder, aus dem es außer einer Flügeltür am anderen Ende keinen Ausweg gab. Während sie darauf zulief, warf sie abermals einen Blick zurück. Ralph folgte ihr noch immer ruhig und gelassen, scheinbar sicher, daß sie ihm nicht entkommen könnte.
Sie betete, daß die Tür nicht verschlossen war, und stemmte sich mit beiden Händen dagegen. Die Tür sprang nach außen auf, und Joanna stolperte in eine Art Innenhof. Sie sah sich um und entdeckte zwischen den Gebäuden einen Durchgang, der anscheinend zur Straße führte. Aber dort waren auch Tore – das war gut für sie, denn es bedeutete, daß das Gebäude gesichert war und daß Wachmänner da sein würden.
Während sie weiterrannte, schaute sie sich nur einmal kurz um und stellte zu ihrer Überraschung fest, daß Ralph noch nicht herausgekommen war. Glaubte er etwa, sie würde wieder hineingehen, wo er auf sie wartete?
Oder war er gar nicht wirklich dagewesen? Bildete sie sich das alles vielleicht nur ein? War er nur ein Trugbild, eine Projektion ihres Geistes wie sein Vorfahre Adam Wyatt?
Aber warum trug er Sams Regenmantel, oder zumindest einen sehr ähnlichen? Hatte irgend etwas ihren Verstand verwirrt, so daß sie Ralph mit Sam verwechselte? Wie konnte das sein? Was ging hier vor? Sie hatte bei diesem absonderlichen Abenteuer schon zuviel erlebt, um noch daran zu zweifeln, daß die Ereignisse einer bestimmten Logik folgten, daß sie einen – wenn auch noch so unergründlichen – Sinn und Zweck hatten.
Der bewaffnete Wachmann am Tor kaufte ihr die Geschichte ab, daß sie sich im Gebäude verlaufen hatte. Zumindest ließ sein Mißtrauen nach, als sie erwähnte, daß sie Ward Riley besucht habe. Er schloß das Tor auf und empfahl ihr, am besten rechts, noch mal rechts und dann durch den Haupteingang zum Lift zu gehen, der sie wieder zu Mr. Rileys Wohnung bringen würde.
Sie lief schnell die Straße entlang, dabei hielt sie sich immer dicht an der Hauswand. Inmitten des Lärms und des gewohnten Lebens auf den Straßen fühlte sie sich zunehmend wohler. Wie ihr der Wachmann geraten hatte, wandte sie sich an der Ecke nach rechts… und erstarrte.
Zwischen ihr und dem Eingang stand Ralph Cazaubon, die Hände lässig in den Taschen seines Regenmantels, und sah sie an.
»Wo bleiben denn die Decken?«
Sam stand in der Tür von Wards Schlafzimmer und sah sich ungeduldig nach dem Diener um.
»Hier, Sir. Hier Decken haben.« Er eilte den dunklen Flur entlang, wo Sam vorhin sein Spiegelbild gesehen hatte. »Und Sanitäter schon unterwegs.«
»Gut. Sein Puls hat sich etwas stabilisiert – wir sind wohl gerade noch rechtzeitig gekommen.«
Mit ein paar Decken auf den Armen lief Sam durchs Schlafzimmer in den Meditationsraum zurück, wo er Ward liegengelassen hatte. Unmittelbar hinter ihm folgte der Diener, doch plötzlich blieben sie beide stehen.
Das Zimmer war leer, eines der Fenster geöffnet.
»O nein… o mein Gott!«
Sam ließ die Decken fallen und stürmte zum Fenster. Noch ehe er hinaussehen konnte, bestätigte sich sein fürchterlicher Verdacht, als er Reifen quietschen und Fahrzeuge zusammenstoßen hörte. Menschen schrien auf. Er beugte sich über die Steinbrüstung vor dem Fenster hinaus.
Unten auf der Central Park West Avenue lag Ward Rileys ausgestreckter Körper.
Joanna hatte schnell an wild hupenden Autos vorbei die Straße überquert und eilte jetzt auf die Columbus Avenue zu. An der Ecke blieb sie stehen und drehte sich um. Von Ralph war nichts zu sehen. Sie überlegte, ob sie ins Dakota-Building zurückkehren sollte, doch eine innere Stimme warnte sie davor. Und wie zur Bestätigung entdeckte sie plötzlich den hellen Regenmantel auf der anderen Straßenseite. So lässig und gemächlich wie vorhin, schlenderte Ralph den Gehsteig entlang, allerdings sah er zu ihr herüber und schien sie zu beobachten. Sie wandte sich nach links in südliche Richtung und hastete im Laufschritt davon.
Bestimmt macht sich Sam Sorgen und fragt sich, wo ich abgeblieben bin, dachte sie. Sie mußte mit ihm reden, jetzt gleich, ihm sagen, daß sie auf eine Täuschung hereingefallen war, und ihn fragen, was sie nun tun sollte. Es war verrückt, daß sie auf diese Weise voneinander getrennt worden waren. War das der Zweck dieses ganzen Unternehmens gewesen?
Aber warum? Und lief sie
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