Ex
mich bereits an einem Ort, von dem ich weder zurückkehren will noch kann.«
»Die Worte kommen aus seiner Kehle«, beobachtete Joanna. »Er bewegt zwar nicht die Lippen, aber er spricht selbst.«
»Ich möchte euch helfen«, fuhr die Stimme fort. »Für euch ist es zu spät, den Weg einzuschlagen, den ich genommen habe – dazu bedarf es langer Vorbereitung. Aber fürchtet euch nicht vor der Leere, die vor euch liegt. Vertraut euch ihr an wie dem Licht…«
»Schau mal«, sagte Sam unvermittelt. Sie folgte mit dem Blick seinem Zeigefinger und entdeckte auf einem Regal zu Wards Rechten eine kleine Stereoanlage. Im Kassettenrekorder lief ein Band. »Das muß sich eingeschaltet haben, als wir hereingekommen sind«, meinte Sam.
Und da entdeckte Joanna auch einen kleinen elektronischen Bewegungsmelder, der reagierte, sobald jemand den Raum betrat.
»Unsere Welt hat sich gewandelt«, fuhr die Stimme fort, »und es gibt keinen Weg zurück…«
Die Stimme erstarb, als Sam entnervt den Stecker aus der Steckdose zog. »Geh und hol diesen Diener, Joanna. Und such ein paar Decken. Der Chinese soll sofort Sams Arzt anrufen, oder noch besser den Notarzt.«
Sie zögerte. Warum, das konnte sie nicht sagen, aber es ging ihr durch den Sinn, daß Ward das nicht gewollt hätte. Er hatte seine Entscheidung getroffen, und es war nicht ihre Sache, sich einzumischen. Doch sie schob diesen Gedanken sofort wieder zur Seite. In ihren Augen gab es kein unveräußerliches Recht des Menschen, sich selbst zu zerstören. Und was Ward da getan hatte, sah ganz nach einem Selbstmordversuch aus.
Sie rannte durch die Wohnung und rief nach dem Diener, dessen Namen sie nicht kannte. »Hallo? Wo sind Sie?« Doch er war nirgends zu finden, weder in dem großen Salon, wo sie gestern noch mit Ward gesessen hatten, noch im Korridor. Sie öffnete versuchsweise eine Tür, die zu Gästezimmern mit Bädern führte, und rief noch einmal. Keine Antwort.
In der Wand auf der anderen Seite des Salons gab es mehrere Türen. Joanna nahm an, daß sie in die Küche und zu den Zimmern der Angestellten führten, in den Dienstbotenflügel sozusagen. Als sie sich für eine davon entschied, fand sie sich in einem Gewirr von Gängen wieder, die zu Wäschekammern und Vorratsräumen führten. Schließlich stieß sie eine Schwingtür auf und stand in einer riesigen chromglänzenden High-Tech-Küche mit strahlend weißen Wänden. Doch auch hier erhielt sie keine Antwort auf ihr Rufen.
Eine weitere Tür führte sie in ein Eßzimmer mit einem langen Tisch und Stühlen für etwa zwanzig Personen. Auch dieses Zimmer war leer und unberührt, es sah aus, als wäre es kaum jemals benutzt worden. Dahinter lag wieder der große Salon, in dem auch jetzt nie-mand zu sehen war. Eine andere Tür zur Rechten brachte sie in einen Korridor, den sie vorher übersehen hatte, obwohl er zur Eingangshalle führte, die jetzt links von ihr lag. Sie suchte nach weiteren verborgenen Zimmern und Rückzugsmöglichkeiten, als sie plötzlich in einem Wandspiegel eine Bewegung wahrnahm.
Joanna drehte sich nach links und sah gerade noch, wie jemand offenbar in großer Eile die Wohnung verließ – in einem Regenmantel, der die gleiche Farbe hatte wie der von Sam.
»Sam!« schrie sie ihm nach, doch er erwiderte nichts. Sie rannte zur Wohnungstür, die noch offenstand.
Als sie in den Hausflur hinaustrat, sah sie die Gestalt am anderen Ende um eine Ecke verschwinden – der Mann rannte so schnell, daß sein heller Regenmantel hinter ihm herwehte.
Joanna lief ihm nach, ohne darüber nachzudenken oder auch nur die Tür hinter sich zu schließen. Sie wollte einfach wissen, was geschehen war. Wo lief Sam hin? Oder wovor rannte er weg?
Als sie die Ecke erreichte, wo sie den Mann zuletzt gesehen hatte, war er schon wieder verschwunden. Das einzige, was sie wahrnahm, war eine Tür, die zuschlug. Sie rannte hin und riß sie wieder auf. »Notausgang« stand auf einem Schild.
Nun war sie in einem grau gestrichenen Treppenschacht mit einer Wendeltreppe aus Eisen, über die man in Notfällen nach unten gelangte. Zwar konnte sie Sam nicht sehen, aber sie hörte seine Schritte widerhallen.
Zweimal noch rief sie ihn. Doch weil sie keine Antwort bekam, vermutete sie, daß ihre Stimme vom Echo seiner Schritte übertönt wurde. Also rannte sie ihm hinterher.
Beim Hinunterlaufen sah sie immer wieder seine Hand, die auf jedem Treppenabsatz kurz ans Geländer faßte, bevor er mit Schwung die nächste Kurve nahm. All
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