Ex
ihn das in Form.«
Roger lächelte in sich hinein. »Ich werde versuchen, ihn nicht zu enttäuschen.«
Nachdem damals die Rede auf Fullerton gekommen war, hatte Sam ihr erzählt, wie sich seine Freundschaft zu dem älteren Wissenschaftler entwickelt hatte. Kennengelernt hatten sie sich, als Sam die Vorlesungen Fullertons besuchte und danach jedesmal noch Fragen stellte. Die daraus entstandene Freundschaft bestand auch weiter fort, als Sam von der Physik zur Psychologie wechselte, die in Fullertons Augen allerdings keine Wissenschaft war, da ihr klare Parameter fehlten. Aber sein Mißmut darüber war harmlos verglichen mit der Szene, die er Sam bereitete, als er sich für Parapsychologie zu interessieren begann.
Und kaum hatten die beiden Männer die Teetassen abgesetzt und die üblichen Höflichkeitsfloskeln hinter sich gebracht, setzten sie auch schon ihr Streitgespräch fort – wie eine Schachpartie, die bei jeder sich bietenden Gelegenheit weitergeführt wird. Keine Figur war seit dem letzten Treffen verschoben worden, und beide wußten genau, wo sie stehengeblieben waren.
»Du ignorierst einfach die Hälfte von allem, worüber man sich in den letzten hundert Jahren Gedanken gemacht hat«, sagte Sam gerade. »Ende des neunzehnten Jahrhunderts flammte das Interesse an übersinnlichen Phänomenen geradezu explosionsartig auf…«
»Hysterische alte Jungfern und hypernervöse Junggesellen, die händchenhaltend in dunklen Räumen saßen und auf ein Zeichen von ihrer verstorbenen Mutter warteten«, unterbrach ihn Roger geringschätzig, »Lieber Himmel, das willst du doch nicht etwa Wissenschaft nennen?«
»Einige der größten Geister ihrer Zeit waren darunter, hier wie auch in Europa: Ärzte, Physiker, Philosophen – Menschen, deren Arbeit bis heute hoch geschätzt wird…«
»Ja, aber nur wegen ihrer Leistungen auf wissenschaftlichem Gebiet – und nicht weil sie sich nebenbei mit kindischem Hokuspokus beschäftigt haben.«
»Ganz im Gegenteil, sie haben erkannt, daß etwas sehr Interessantes passierte. Und weil sie über sehr viel wissenschaftliche Neugier – und auch Redlichkeit – verfügten, haben sie sich näher damit beschäftigt. Du selbst hast mir doch beigebracht, daß die Quintessenz wissenschaftlichen Arbeitens die Bereitschaft ist, seine eigenen Thesen hinterfragen zu lassen.«
»Was sie sehr richtig auch getan haben – mit dem Ergebnis, daß nichts einer kritischen Überprüfung standhielt! Solange es kein einziges wiederholbares Experiment gibt, das ein Vorhandensein außersinnlicher Wahrnehmung belegt…«
»Es gibt dutzendweise wiederholbare Experimente, die zweifelsfrei den Einfluß von Willenskraft – menschlicher und tierischer – auf zufallsgesteuerte Prozesse belegen. Darüber gibt es Statistiken.«
»Ein statistischer Beweis ist ein Widerspruch in sich.«
»Physikalische Gesetze basieren auf statistischer Deutung.«
»Manches kann man vielleicht nicht exakt berechnen, aber aus Durchschnittswerten lassen sich Gesetzmäßigkeiten ableiten, die wir uns überall zunutze machen können, bei der Entwicklung einer Digitaluhr ebenso wie in der Raumfahrt. Deine sogenannten Experimente hingegen zeigen nur Abweichungen in verschiedene Richtungen, daraus kann man keinen praktischen Nutzen ziehen. Du hast nichts weiter als eine ominöse Kraft, die du ›Psi‹ nennst und die du für jede noch so winzige Anomalie verantwortlich machst.«
»›Psi‹, mein lieber intoleranter Roger, ist genauso definierbar wie dein ›Beobachtereffekt‹ in der Physik. Du wirst doch jetzt nicht etwa behaupten wollen, daß der nicht existiert?«
»Man kann nicht einfach Dinge aus dem Mikrokosmos in den Makrokosmos übertragen.«
»Man kann aber auch nicht einfach eine Grenze dazwischenziehen. Es handelt sich nicht um zwei völlig verschiedene Welten, sondern um die beiden entgegengesetzten Pole eines Ganzen.«
»An meinem Pol gelten physikalische Gesetze, an deinem ist alles möglich. Diese angeblichen ›Psi‹-Kräfte«, er spuckte das Wort regelrecht aus, »sollen wirken, als seien Raum und Zeit bedeutungslos. Vergiß einfach die Schwerkraft, die Relativität und die Thermodynamik – ›Psi‹, das man weder messen noch voraussagen noch sonstwie erfassen kann, regiert das Universum. Du rennst einem religiösen Irrglauben nach, Wissenschaft ist das keine.«
»Wenn du so scharf auf die Gesetze der Naturwissenschaft und das Kausalitätsprinzip bist, dann komm doch und schau dir an, was ich mache, bevor
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