Ex
hören.« Wieder nippte sie an ihrem Glas und stellte überrascht fest, daß es bereits leer war. »Hast du noch mal von Ward gehört?«
»Ach, das habe ich ja ganz vergessen, dir zu erzählen. Er kommt morgen früh zurück. Ich bin mittags mit ihm in seiner Wohnung verabredet – hast du dann Zeit?«
»Na klar.«
»Er wollte mir nicht erzählen, was er herausgefunden hat, aber er klang ziemlich aufgeregt – was für Ward ganz untypisch ist.«
KAPITEL 38 Sie aßen in einem Fischlokal gleich um die Ecke. Bei einer Flasche Chablis wandten sie sich wieder den Fragen zu, die sie immer wieder diskutiert hatten, und stellten Vermutungen an, welche Überraschung Ward wohl für sie bereithielt.
»Was wir morgen gleich als erstes tun werden«, meinte Sam, »ist nachforschen, wer der Adam Wyatt in diesem Grab war.«
»Darum kümmere ich mich. Ich kenne ein paar Leute, die unheimlich schnell und gut recherchieren können.«
Sie hakte sich bei ihm unter, während sie mit gesenktem Blick und in Gedanken versunken zu Joannas Wohnung zurückgingen. Dort zogen sie sich aus und teilten sich das winzige Badezimmer wie ein Ehepaar, das die Gewohnheiten des anderen in- und auswendig kennt. Erst als sie im Bett lagen und ihre Körper sich unter der Decke berührten, entdeckten sie wieder die Lust, die sie in den letzten Monaten geteilt hatten. Zu ihrer Überraschung und zu ihrem beiderseitigen Vergnügen gaben sie sich fast die halbe Nacht ihrer Leidenschaft hin. Befriedigt und glücklicher, als sie für möglich gehalten hatten, schliefen sie schließlich ein.
»Sag mal«, meinte Sam, während er hastig zum Frühstück ein paar Cornflakes und einen Kaffee zu sich nahm, »hast du dich schon entschieden, was nun mit der Story werden soll?«
Gestern abend beim Abendessen hatte sie ihm von Taylor Freestones Ultimatum erzählt.
»Ich mache weiter«, antwortete sie. Bei diesen Worten wurde ihr klar, daß ihr Entschluß längst feststand, daß sie ihn nur noch nicht ausgesprochen hatte. Eigentlich, erkannte sie jetzt, hatte es für sie nie eine Alternative gegeben: Sie konnte nicht zulassen, daß jemand anderer die Story schrieb. »Ich bin schon zu weit gegangen, um jetzt aufzuhören. Wir alle sind zu weit gegangen.«
»Ich glaube, du hast die richtige Entscheidung getroffen«, sagte Sam. »Ich bin froh.« Er sah auf seine Uhr. »Ich muß jetzt los. Wir sehen uns um zwölf.«
Er nahm seinen Mantel, gab ihr einen Kuß und eilte hinaus. Von ihrem Fenster aus sah Joanna, wie er seinen Wagen aus der Parklücke manövrierte und um die Ecke in die First Avenue bog, wo dichter Berufsverkehr herrschte. Kaum war er aus ihrem Blickfeld verschwunden, klingelte das Telefon. Joanna ging zu ihrem Schreibtisch und nahm ab.
»Joanna?«
»Ja?«
»Hier spricht Ralph Cazaubon.«
Was sie erstaunte, war nicht nur der Anruf, sondern vor allem das seltsame Schuldgefühl, das sie dabei überkam, als würde sie Sam allein schon durch dieses Gespräch betrügen. Natürlich war das absurd, eine irrationale Reaktion, und sie mußte unwillkürlich daran denken, was Sam über Aberglauben gesagt hatte, als sie sich das erste Mal trafen.
»Hallo? Sind Sie noch dran? Sie werden mich doch nicht schon vergessen haben?«
»Nein… entschuldigen Sie, ich war nur nicht… es kommt ein bißchen überraschend.«
»Ich hoffe, ich habe Sie nicht geweckt. Aber ich wollte Sie noch erreichen, bevor Sie ins Büro gehen – das heißt, sofern Journalisten in Büros arbeiten.«
»Manchmal. Aber heute nicht.«
Sie wollte ihn gerade fragen, woher er ihre Nummer hatte, als ihr einfiel, daß sie ja im Telefonbuch eingetragen war: Cross, J.E. Hatte sie ihm erzählt, daß sie am Beekman Place wohnte? Jedenfalls konnte sie sich nicht daran erinnern.
»Ich habe mir gestern ein wenig Sorgen um Sie gemacht. Sie sind so plötzlich verschwunden, daß ich befürchtete, es wäre irgend etwas passiert.«
»Nein… eigentlich nicht… passiert ist eigentlich nichts. Aber ich fürchte, das kann ich Ihnen nicht erklären.«
Er wußte gar nicht, wie sehr das der Wahrheit entsprach, überlegte sie.
»Nun, wenn alles in Ordnung ist…«
»Mir geht es gut.«
Zu ihrer Erleichterung fragte er nicht weiter nach.
»Was würden Sie davon halten«, fuhr er fort, als wollte er zum eigentlichen Grund seines Anrufs kommen, »wenn wir uns bei Gelegenheit einmal treffen würden? Würde es Ihnen irgendwann diese Woche zum Mittag- oder Abendessen passen?«
Sie zögerte. Nicht weil sie
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