EXCESS - Verschwörung zur Weltregierung
Wahltermin. Morgen lief die Zeitspanne ab, die Präsidentin Adams mit Diensten und Militärs ausgehandelt hatte, um das Problem zu lösen. In Texas wurden schon die Feiern für die Proklamation der neuen Republik vorbereitet. Die TFP lag weiterhin in allen Umfragen deutlich über fünfzig Prozent. Alle Welt fragte sich, wieso Washington gelähmt wie das Kaninchen der Schlange in die Augen starrte. Stone und Rubinstein fühlten es selbst. Es war keine Lähmung. Es war pure Resignation. Die Resignation am Ende der Zeit. Nach einigen Minuten blieb Stone stehen und wandte sich Rubinstein zu. »Wir werden auch nach Ablauf der Ruhefrist morgen nichts machen. Keine Sonderoperation. Kein Wahrnehmungsmanagement. Keine psychologische Kriegsführung. Einfach nichts. Zumindest nichts, von dem ich weiß. Und wissen Sie, warum? Weil das ein Problem ist, das nur die Spitze selbst lösen kann. Die Präsidentin. Sie muss den Mut haben und die Wahlen absagen. Sie hat uns daran gehindert, vorher einzugreifen. Jetzt muss sie den ganzen politischen Schaden schultern.« Er atmete tief durch. »Es sei denn, es geschieht vorher noch ein Wunder und ihre wie auch immer geartete Spezialoperation, von der niemand Details zu kennen scheint«, er kniff die Augen zusammen, als könne er so in Rubinsteins Gehirn sehen, »kommt doch noch zum Erfolg.« Er schüttelte den Kopf. »Ich hätte mich niemals darauf einlassen sollen.«
Rubinstein seufzte nur, statt zu antworten. Bei seinem Gespräch mit Adams vor einer Stunde hatte er nichts erfahren, das ihn zuversichtlich gestimmt hätte. Keine Neuigkeiten aus Boston. Operation Magnoliophyta erwies sich als Schlag ins Wasser – wie er es befürchtet hatte. Adams hatte einen verzweifelten Eindruck gemacht und noch öfter als sonst den Sitz ihrer Frisur überprüft. Sie hatte Rubinstein gegenüber versucht, Zuversicht zu verbreiten. So wie es jetzt aussah, würden die Amerikaner – wenn die Wahlen wirklich durchgeführt würden – in einer Woche den Kopf der Verschwörung zu ihrem Präsidenten wählen und Texas sich für unabhängig erklären. Und alles, was den Verantwortlichen in Washington dazu einfiel, war, die Schultern hängen zu lassen und in den Nebel zu starren.
Rubinstein gab sich einen Ruck. »Im schlimmsten Fall – im allerschlimmsten Fall – müssen wir den Bericht öffentlich machen. Wir können nicht einfach nichts machen.«
Stone blickte ihn entsetzt an. »Niemand wird uns glauben! Schon gar nicht die Texaner. Sinshy und seine Unterstützer – die Medien! – werden uns als plumpe Verschwörungstheoretiker hinstellen, die sich von Adams einspannen ließen, um Sinshy die Wahl zu vermasseln. Und man wird unsere Köpfe fordern. Er wird alles abstreiten. Die Rolle des Opfer einer politischen Kampagne kann er gut. Von den internationalen Konsequenzen ganz zu schweigen.« Er wollte weitersprechen, biss sich aber auf die Lippen. Niemand glaubte ihnen mehr. Washington hatte zu oft gelogen. »Adams ist am Zug! Sie wollte das Problem auf ihre Art lösen. Bitte! Soll sie machen! Außerdem – jetzt ist es sowieso zu spät, eine effektive Operation vorzubereiten. Wir haben zwar alle möglichen Sachen in der Schublade aber ... ach, wem erzähle ich das eigentlich.«
Während Rubinstein überlegte, ob er Stone von Isler berichten sollte – seinem Plan, Sinshy belastende Dokumente zu finden und ihn so zu einem glaubwürdigen Geständnis zu bewegen – läutete sein Telefon. Es musste sich um etwas Wichtiges handeln, da nur sein Büro durchkam.
Nach einer Minute, in der er nichts sagte, sondern nur zuhörte, beendete er das Gespräch. Die letzte Hoffnung war gestorben. Kreidebleich starrte er an Stone vorbei Richtung Weißes Haus.
Stone wartete geduldig, dass Rubinstein zu reden beginnen würde. Er wusste, dass eine Katastrophe passiert war. Jetzt läutete auch sein Telefon. Sie sahen sich in die Augen, als Stone erfuhr, was Rubinstein seit einer Minute wusste. Jetzt begann Stone zu verstehen, was Adams geplant hatte.
David Isler versuchte, sein Gehirn in Gang zu bringen, indem er mit einer Hacke die Erde in den Rosenbeeten auflockerte. Immer wieder dachte er über das Telefongespräch nach, das er gestern mit Pater Aurelius geführt hatte. Man kann schließlich nicht die ganze Welt durchsuchen. Der Satz ging Isler nicht aus dem Kopf, doch er wusste nicht, warum. Was sollte er tun? Wäre es nicht am verantwortungsvollsten, die Aktion sofort abzubrechen, die
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