EXCESS - Verschwörung zur Weltregierung
einen Blick auf den Zettel geworfen. Es sei ein Diagramm mit einigen Namen und Daten gewesen, in dem sie damals keinen Sinn habe erkennen können. Den Zettel habe sie zusammengefaltet und Sinshy sofort wieder zurückgegeben. Ihre kleine Spionageaktion sei ihrem Chef entgangen. Erst nach der Katastrophe von Sandrock habe sie sich einen Reim auf das Diagramm machen können. »Es stand etwas drauf von einem Experiment Excess, von der Texas Times, der Texanischen Freiheitspartei, von Weltregierung und einigen anderen Dingen.«
Islers Herz tanzte. Das Schicksal – oder wer auch immer – hatte ihm in letzter Sekunde einen neuen Weg geebnet. Mit Rachels Hilfe könnte seine Suche doch noch von Erfolg gekrönt werden. »Aber diesen Zettel – Sie haben ihn nicht mehr?«
»Nein. Ich habe ihn Sinshy in die Hand gedrückt, ohne mir anmerken zu lassen, dass ich ihn gelesen habe. Was dann passiert ist, weiß ich nicht.«
»In Sinshys Büro ist doch sicher ein Safe?«
»Ja, aber da kommen wir nicht ran. Patrick ...«
»David.«
»Ich weiß nicht, für wen Sie arbeiten, aber ich glaube, wir müssen schnell handeln. Gerade eben in der Küche habe ich die Meldung im Radio gehört, dass in Boston ein Schweizer Spion festgenommen wurde. Ihr Partner?«
»Können Sie das bitte wiederholen?«
»Ein Schweizer Spion sei gerade eben in Boston verhaftet worden. Kennen Sie ihn? Ist er auch an der Aufklärung des Falles beteiligt?«
Tausend Gedanken schossen ihm durch den Kopf. Hatte Mattei noch jemanden eingeweiht? Und wieso in Boston? Was gab es in Boston zu suchen oder zu finden?
Seine Gedanken wurden von einem Knall unterbrochen, den die aus den Scharnieren und auf den Boden fallende Eingangstür zum Gewächshaus verursachte.
»POLIZEI! AUF DEN BODEN! AUF DEN BODEN! LOS! LOS! BEWEGEN SIE SICH! LEGEN SIE SICH SOFORT AUF DEN BODEN!«
Zwanzig teilweise vermummte Beamte vom FBI und der Massachusetts State Police rannten mit Geschrei und gezückten Waffen auf ihn und Rachel zu und warfen sie zu Boden.
Rücksichtslos presste ein Polizist Islers Gesicht in die Blumenerde zwischen zwei Rosenstöcken, während ihn ein FBI-Agenten mit dem Knie im Rücken auf den Boden drückte. Der Schmerz, den Isler spürte, wurde nicht von den unsanften Griffen der Polizisten verursacht, sondern von der Gewissheit, dass seine Suche damit erfolglos beendet war – gerade jetzt, als er wieder neue Hoffnung schöpfte. Wenigstens ließen die Polizisten von Rachel ab, als sie realisierten, dass sie nicht der schmächtige Mann war, den sie suchten.
Nachdem er mit auf dem Rücken zusammengebundenen Händen hochgezogen wurde und auf wackligen Knien zu stehen versuchte, trat ein FBI-Agent mit ausladendem Bauch und kleinen, tief im Kopf sitzenden Augen vor ihn. »Sind Sie David Isler, Bürger der Schweizerischen Eidgenossenschaft?«
Isler nickte. »Ja«, krächzte er. Seine Stimme versagte. Er räusperte sich und probierte es noch einmal. »Ich bin David Isler.« Er blickte resigniert zu Rachel. Er dachte an seine Familie. An Adams. An Mattei. An Texas. An seine Überheblichkeit. An seinen verrückten Plan, der noch vor einer Minute aufzugehen schien. An die ganze perfekte Katastrophe. Er spürte kalten Schweiß am ganzen Körper und begann zu zittern.
Der FBI-Agent blickte ihn voller Verachtung an. »Sie sind festgenommen wegen Spionagetätigkeit gegen die Vereinigten Staaten von Amerika!«
71
Mittwoch, 2. November 2016
Tim schüttelte nur noch den Kopf. »Unglaublich, zu welchen Mitteln sie jetzt greift.« Fasziniert und angewidert las er den Titel der aktuellen Ausgabe der Texas Times:
Wynthgate: Adams in Spionage gegen Sinshy verwickelt?
Josephina stand in der Küche der kleinen Wohnung wenige Meilen südlich von Amarillo, in der sich Tim immer noch versteckt hielt, und bereitete das Frühstück zu. »Lies vor.«
»Hör dir das an: Eine Geschichte wie aus einem Politthriller hält seit gestern die Welt in Atem und erschüttert das politische System der USA. Durch einen Hinweis des britischen Aufklärungsdienstes Government Communications Headquarters ist es dem FBI gestern Nachmittag gelungen, einen ausländischen Spion in der Nähe von Boston festzunehmen. Diese an sich noch nicht sehr aufregende Meldung entwickelte sich zu einer politischen Intrige von epischem Ausmaß, als in den Stunden nach der Festnahme die ersten Details an die Öffentlichkeit gelangten. Die
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