Exil im Kosmos: Roman (German Edition)
Sonnensystem hatte der Mensch noch nicht mehr als einen Bruchteil der annähernd hundert Milliarden Sternsysteme oberflächlich kennengelernt und machte ständig neue Entdeckungen, die meisten im näheren Umkreis seiner Heimat. Der Stern Beta Hydris hatte sieben Planeten; und auf dem vierten lebte eine weitere intelligente Spezies.
Es gab keine Landungen. Man hatte die Möglichkeit einer solchen Entdeckung seit langem überdacht und Pläne ausgearbeitet, um täppische Übergriffe von unabsehbaren Konsequenzen zu vermeiden. Die Erforschung von Beta Hydri IV war von außerhalb der Wolkendecke vorgenommen worden. Komplizierte und hochempfindliche Messgeräte hatten die Aktivität unter der dichten grauen Hülle untersucht. Die Energieerzeugung der Hydraner war innerhalb einer Toleranz von einigen Millionen Kilowattstunden bekannt; ihre Ballungszentren waren auf Karten vermerkt und ihre Bevölkerungsdichte geschätzt worden; durch das Studium von Wärmestrahlungen hatte man Schlüsse auf den Stand der industriellen Entwicklung gezogen. Dort unten war eine wachsende, leistungsfähige Zivilisation, in der technischen Entwicklung wahrscheinlich der Erde des ausgehenden zwanzigsten Jahrhunderts vergleichbar. Es gab nur einen wesentlichen Unterschied: die Hydraner hatten nicht angefangen, in den Raum vorzudringen. Dafür war die Wolkenhülle verantwortlich. Eine Rasse, die niemals die Sterne gesehen hat, kann kein Verlangen zeigen, sie zu erreichen.
Müller hatte an den aufgeregten Konferenzen teilgenommen, die der Entdeckung der Hydraner gefolgt waren. Er kannte die Gründe, warum man ihre Welt unter Quarantäne gestellt hatte, und es war ihm klar, dass nur sehr viel wichtigere Gründe zu ihrer Aufhebung geführt haben konnten. Im Ungewissen über die eigene Fähigkeit, Beziehungen zu nichtmenschlichen Wesen herzustellen und sinnvoll zu entwickeln, hatte man sich entschlossen, die Hydraner einstweilen in Ruhe zu lassen; aber das war nun alles anders geworden.
»Was geschieht jetzt?«, fragte Müller. »Eine Expedition?«
»Ja.«
»Wann?«
»Im Laufe des nächsten Jahres, würde ich sagen.«
»Unter wessen Leitung?«
»Vielleicht unter Ihrer, Müller.«
»Warum ›vielleicht‹?«
»Sie könnten ablehnen.«
»Als ich achtzehn war«, sagte Müller, »war ich mit einem Mädchen im Wald, und wir machten eine Nummer. Es war nicht direkt mein erstes Mal, aber das erste Mal, wo es einigermaßen klappte. Danach lagen wir auf dem Rücken und schauten zu den Sternen auf, und ich erzählte ihr, dass ich da hinausgehen und andere Welten kennenlernen wollte. Das war nichts Besonderes, jeder Junge in dem Alter sagt es, wenn er zu den Sternen aufschaut. Und ich erzählte ihr, dass ich draußen im Raum Dinge entdecken würde, und dass die Menschen mich in einem Atemzug mit Kolumbus und Vasco da Gama und den ersten Astronauten erwähnen würden. Ich sagte, dass ich immer vorndran sein würde, immer da, wo es spannend und abenteuerlich zuginge. Ich war sehr beredsam. Das dauerte ungefähr zwanzig Minuten, bis wir beide von der Großartigkeit solcher Aussichten ganz hingerissen waren und ich mich ihr zuwandte und sie mich auf sich zog und ich den Sternen meinen Hintern zukehrte und mich bemühte, sie auf die Erde zu nageln, und das war die Nacht, wo meine Ambitionen erwachten.« Er lachte. »Es gibt Dinge, die man mit Achtzehn sagen kann, aber später nicht mehr.«
»Es gibt Dinge, die wir mit Achtzehn tun können, und später auch nicht mehr«, sagte Boardman. »Nun, Sie sind jetzt über Fünfzig, richtig? Sie haben die Sterne kennengelernt. Sind Sie zufrieden?«
»Manchmal.«
»Wollen Sie nach Beta Hydri Vier gehen?«
»Sie wissen es.«
»Allein?«
Müller war es, als gäbe der Boden unter ihm nach. »Allein?«
»Wir haben dieses Problem nach allen Seiten hin durchgerechnet und kamen zu dem Schluss, dass es ein Fehler wäre, zu diesem Zeitpunkt ein Schiff mit einer Gruppe von Männern hinunterzuschicken. Die Hydraner reagierten ablehnend auf unser Fernsehauge. Sie haben es gesehen: sie hoben das Auge auf, untersuchten es kurz und zerstörten es. Wir können ihre Psychologie nicht ergründen, weil wir es noch nie mit fremden Intelligenzen zu tun hatten. Aber wir glauben, dass es der sicherste Weg sein wird – sowohl im Hinblick auf den möglichen Verlust von Menschenleben, wie auch im Hinblick auf die möglichen Reaktionen in der dortigen Gesellschaft –, wenn wir einen einzelnen Botschafter zu ihnen schicken, dessen
Weitere Kostenlose Bücher