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Exil - Wartesaal-Trilogie ; [3]

Exil - Wartesaal-Trilogie ; [3]

Titel: Exil - Wartesaal-Trilogie ; [3] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Dummheit sagte.
    Heute lächelte er nur und antwortete schmunzelnd: »Nein, Sofie, danke, keinen Kaffee mehr.« Dann aber, gerade weil Peter Dülkens Projekt ihn reizte, legte er nun, wo es an die Ausführung gehen sollte, sachlich alle Schwierigkeiten dar, auf die man stoßen mußte. Gingold hatte den Paragraphen für sich. »Wenn Sie die Geschichte starten, meine Herren«, setzte Zarnke auseinander, »dann müssen Sie sich darauf gefaßt machen, daß der Gerichtsbote bei Ihnen aus und ein geht. Herr Gingold wird Ihnen jeden Tag eine neue Verfügung hinpfeffern. Sie müssen gute Nerven haben, um das alles durchzustehen.« – »Ich denke, wir haben gute Nerven«, erwiderte Peter Dülken.
    Pfeiffer und Berger waren sich der Gefahren des Unternehmens bewußt. Aber nun hatte man sich einmal feierlich und aus ehrlichem Herzen zur Solidarität mit Sepp bekannt, man konnte jetzt nicht mehr zurück und ihn verleugnen. Auch wenn man alt war, asthmatisch, ausgedörrt, bepackt mit Sorgen, man mußte sich mit dem jungen Pitt in eine Reihe stellen.
    Zarnke hatte seine Klienten auf ihr Risiko hingewiesen und seine Pflicht getan. Wenn sie trotzdem das Unternehmen wagten, war es ihre Sache. Ihm gefiel es, und er half ihnen mit doppelter Beflissenheit. Obwohl ihm Sofie nochmals eine Tasse Kaffee anbot, erklärte er, er werde mit großer Wahrscheinlichkeit Geld auftreiben. Auch die Herren Pfeiffer und Berger ließen sich anstecken von der Stimmung der andern, das Abenteuerliche des Vorhabens lockte sie mehr und mehr. Spitzbübisch, verschwörerisch saßen die vier zusammen, Zigarrenasche verstreuend, bei Kaffee, Kirsch und Süßigkeiten, und bereiteten den Husarenstreich vor.Blieb die Frage, wie man es mit Heilbrun halten sollte. Zwar hatte er sich in der Sache mit Sepp schäbig benommen, aber es war schwer, auf die Dauer ohne seinen glänzenden Namen und seine große Erfahrung durchzukommen. Auch mußte man damit rechnen, daß Gingold versuchen werde, die alten »P. N.« weiterzuführen, und wenn er gar den Heilbrun für sich gewann, wäre ihr eigenes Unternehmen von Anfang an diskreditiert.
    Pfeiffer und Berger entschlossen sich, mit Heilbrun zu verhandeln. Behaglich wird die Unterredung nicht werden. Man hat mit Heilbrun lange zusammengearbeitet, man kennt sich seit Jahrzehnten. Schließlich hat er die »P. N.« gegründet, und jetzt hat man ihn brüskiert und ihn wie einen Verbündeten des Gegners behandelt. Unter diesen Umständen ist es nicht angenehm, ihm einzugestehen, wie schwer entbehrlich er ist.
    Allein Heilbrun machte es ihnen leicht. »Schön finde ich es natürlich nicht von euch«, fing er an, »daß ihr mir ein Mißtauensvotum erteilt habt. Aber ich kann es begreifen.« Eine tiefe innere Genugtuung erfüllte ihn, doch vermied er es, den Gekränkten zu spielen. »Tragen wir einander nichts nach«, sagte er, »betrachten wir lieber die Sachlage, wie sie ist. Unser Gingold hat mir angeboten, ich solle die ›P. N.‹ weiterführen und zusammen mit Hermann Fisch eine neue Redaktion aufziehen. Ich habe das natürlich abgelehnt. Trotzdem glaube ich nicht, daß Gingold klein beigeben wird.« Heilbrun schaute die beiden aus seinen blutunterlaufenen Augen an, nachsinnend. Ein peinliches Schweigen war. »Nachdem Sie abgelehnt haben, Heilbrun«, sagte Pfeiffer, »wird er nicht leicht einen richtigen Mann finden.« – »Wir leider auch nicht«, sagte gallig Berger. In seinem Innern atmete Heilbrun tief auf, aber er bemühte sich, bescheiden zu bleiben. »Wenn ihr wollt, da bin ich«, sagte er sanft.
    Da hatte also ihr alter Chefredakteur glühende Kohlen auf ihr Haupt gesammelt. Nicht einmal in Wort und Geste war er großspurig gewesen. Pfeiffer und Berger standen beschämt.
    Den ganzen Mittwoch, an dessen Abend das Ultimatum ablief, zeigte sich Gingold nicht in der Redaktion. Er saß zu Haus und versuchte fieberhaft, Leute zusammenzubringen, die ihm seine »P. N.« weitermachten.
    Die Redakteure ihresteils stellten gewissenhaft die nächste Nummer der »P. N.« zusammen. Dann legten sie die Arbeit nieder, zogen in ihr neues Lokal und bereiteten die erste Nummer ihrer eigenen Zeitung vor, die den Namen »Pariser Deutsche Post« führen sollte.
    Mit Feuer waren sie alle bei der Sache. Schon nannten sie ihre neue Zeitung nur mehr mit ihren Initialen: »P. D. P.«, und mit Spannung schauten sie dem Erscheinen der Nummer eins ihrer »P. D. P.« entgegen.
5
Die Versuchung
    In diesen Tagen nach Annas Tod zeigte sich, daß Sepp mehr

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