Existenz
die Bemühungen guter, aufrechter Männer und Frauen vergeblich sind, vereitelt von einer herrschenden Elite, die einen geheimen Kampf hinter den Kulissen führt, bei dem es um die schrecklichste und gleichzeitig liebste Freizeitbeschäftigung des Menschen geht.
Um den Krieg.
Das Füllhorn der Pandora
Botschafter 27
»Wir haben uns die Angelegenheit noch einmal durch den Kopf gehen lassen, Lacey. Da der arme Hacker noch immer auf dem Meer vermisst wird, sollten wir uns dir in dieser Zeit der Sorge nicht aufdrängen. Es ist daher nicht nötig, dass du hierher fliegst und am Treffen der Klade teilnimmst, so weit von der Suche nach deinem Sohn entfernt. Wir kommen zurecht, auch wenn wir deine Weisheit in Zürich vermissen werden.«
Da bin ich sicher, dachte Lacey und musterte die stattliche Blondine. Ein erstklassiger holografischer 3D-Schirm stellte sie vor ihr sitzend dar, in voller Lebensgröße. Im Gegensatz zu dem Gespräch, das sie vom chilenischen Observatorium aus geführt hatte, gingen die Bilder nun in beide Richtungen, zwischen zwei luxuriösen, mit den besten Sicherheitssystemen ausgestatteten Kommunikationssuiten in weit voneinander entfernten Teilen des Salamander-Clubs: eine hoch in den Alpen, die andere in Charleston, wo dschungelhaft warme Luft aromatische Magnoliendüfte trotz des doppelt versiegelten Eingangs hereintrug. Beide Zimmer waren ähnlich eingerichtet, und deshalb konnte man den Saum, der Reales von Dargestelltem trennte, fast ignorieren. Nur zwei Meter und nicht Tausende von Kilometern schienen die beiden Frauen voneinander zu trennen.
Auch diesmal sorgten Papageienhirne als nicht zu knackende organische Codiermaschinen dafür, dass niemand mithören konnte. Allerdings wiesen die Vögel an beiden Enden der Verbindung direkte Neurolinks mit den Sendern auf, was eine zephalopaarige Verschlüsselung erlaubte. Das hochauflösende Bild gestattete es Lacey, dem Gesichtsausdruck ihrer Gesprächspartnerin subtile Hinweise zu entnehmen. Sie brauchte kein modernes Gesichtsanalyse-Programm, um die Anzeichen zu deuten.
Mitgefühl ist nur ein Vorwand, Helena. Das Ende der Behutsamkeit ist erreicht. Die Peers haben bereits eine Entscheidung in Hinsicht auf den Vorschlag des Propheten getroffen, nicht wahr? Und du weißt, dass es eine Entscheidung ist, deretwegen ich eine Menge Trara machen würde.
Um diese Hypothese auf die Probe zu stellen, sagte Lacey: »Vielleicht sollte ich trotzdem kommen. Mit der Rettungsmission sind sehr fähige Personen beauftragt. Wenn ich hierbleibe, bin ich ihnen nur im Weg. Oder ich verschimmele in dieser verdammten Feuchtigkeit. Ein Tapetenwechsel könnte mich auf andere Gedanken bringen …«
Es gab praktisch keine Verzögerung bei der Übertragung, was Helena duPont-Vonessen die Möglichkeit gab, Lacey zu unterbrechen.
»Genau das dachten wir auch. Etwas sollte dich von deinen Sorgen ablenken. Deshalb haben wir eine Aufgabe für dich. Eine, die sich für deinen Intellekt besser eignet als der Besuch bei einigen langweiligen Zillionär-Gnomen.« Helena lächelte über ihren eigenen entwaffnenden Scherz. »Außerdem bleibst du dadurch dem Ort des Geschehens näher, falls die Suchgruppen etwas finden … falls sie dich brauchen.«
Lacey spürte, wie ihre Gedanken den kalten Ort verließen, an dem sie voller Kummer mit ihrem vermissten Sohn beschäftigt waren. Das half ihr, in den gegenteiligen mentalen Modus umzuschalten, Helenas Worte einer kühlen Analyse zu unterziehen und nach ihrer wahren Bedeutung zu suchen.
Sie schlägt nicht einmal vor, dass ich ein Surrogat oder einen Stellvertreter in die Schweiz schicken soll. Sie will meine Aufmerksamkeit auf ein ganz anderes Thema lenken.
»Ach? Und an welche Aufgabe habt ihr gedacht?«, fragte Lacey.
»Du sollst den Ersten Stand – oder zumindest unseren Teil davon – bei der Artefakt-Konferenz in Washington repräsentieren. Sei bei diesem historischen, große Unruhe stiftenden Ereignis unsere Augen und Ohren.
Ist das nicht genau das Richtige für dich, Lacey? Die plötzliche Krönung all dessen, was du dir erträumt hast – Kontakt mit außerirdischem Leben. Wer von allen Mitgliedern dieses Standes wäre besser geeignet als du, die Tragweite eines solchen Ereignisses zu begreifen?«
Fast hätte sich Lacey ihre Verärgerung anmerken lassen. Was Helena ihr anbot, war die Arbeit eines Fachidioten … als wäre sie nicht mehr als ein Eierkopf-Heuerling aus dem Fünften Stand.
Aber natürlich war es auch
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