Existenz
Gruppe richteten.
Zum Beispiel verursachten diese Tiere abwechselnd komplexe Geräusche, wenn sie sich ansahen oder die Schnauzen aufeinander richteten – man hätte meinen können, dass sie miteinander sprachen. Und Hacker glaubte fast, dass sie dabei gelegentlich auf ihn zeigten. Vielleicht machten sie sich sogar über ihn lustig.
Es musste natürlich eine Illusion sein. Möglicherweise litt er noch immer an den Nachwirkungen der Gehirnerschütterung, und hinzu kam eine leb hafte Fantasie. Nach einem Jahrhundert der Übertreibungen und des Wunschdenkens hatten Wissenschaftler schließlich die Intelligenz der Gattung Tursiops truncatus festgestellt. Es waren tatsächlich sehr gescheite Tiere, vergleichbar mit Schimpansen, und mit elementaren linguistischen Fähigkeiten ausgestattet. Aber so gut sie auch den Umgang mit Geräuschen unter Wasser beherrschten: Inzwischen war klar, dass sie keine eigene Sprache hatten. Ihr sprachliches Geschick reichte nicht einmal an das eines zweijährigen Menschen heran.
Und doch … Nachdem Hacker beobachtet hatte, wie ein Mutter-Del fin und ihr Junges einen großen Tintenfisch in seine Höhle gejagt hat ten, fühlte er mit seinem akustischen Kieferimplantat, wie Mutter und Kind miteinander zu sprechen schienen. Dem fragenden Quieken des Kinds folgten langsame Laute der Mutter, die sie mehrmals wiederholte. Hacker empfing eine Folge von Klicklauten, die vermutlich »Tintenfisch« bedeuteten.
Manchmal richtete eines der Geschöpfe die vorgewölbte Stirn auf Hacker, und dann vibrierte sein Implantat so stark, dass ihm die Zähne klapperten. Es klang fast nach dem Code, den Raumspringer wie er für die Kommunikation mit ihren Kapseln verwendeten, solange die Ohren für den Flug zugestöpselt waren. Da es für ihn nichts anderes zu tun gab, konzentrierte sich Hacker auf diese Vibrationen. Unser normales Gehör ist nicht für diese Welt geschaffen, dachte er. Es macht die Dinge nur unklar.
Es war alles sehr interessant, und bestimmt ergab das eine gute Geschichte, nach seiner Rettung. Doch mit der zurückgekehrten Klarheit des Geistes kam Nachdenklichkeit.
Komme ich der Küste näher?
Und werden diese Geschöpfe nie hungrig?
Eine Stunde später erhielt er Antwort.
Aus dem Osten kam ein Delfin, der in ein schreckliches Durcheinander irgendeiner Art verstrickt zu sein schien. Zuerst dachte Hacker an einen Teppich aus Algen, doch dann erkannte er ein Fischernetz, ein Gespinst aus Stricken, die sich um den ganzen Körper geschlungen hatten, bis hin zur Schwanzflosse. Der Anblick bewirkte ein sonderbares Gefühl in Hacker: Mitleid , zusammen mit Schuld, denn es war menschliche Nachlässigkeit, die dies dem armen Tier angetan hatte.
Er zog das für den Notfall bestimmte Messer aus der Scheide und schwamm näher, mit der Absicht, den Delfin zu befreien. Aber ein anderer versperrte ihm den Weg.
»He, immer mit der Ruhe. Ich möchte nur helfen!«, klagte er.
Und dann machte er große Augen, als sich die Gruppe dem »gefangenen« Delfin näherte und nach den Ausläufern des Netzes schnappte. Mit Stricken im Maul und vorsichtigen Bewegungen der Schwanzflossen wichen sie zurück, während das Opfer um seine eigene Achse rotierte. Das Netz wurde glatt entwickelt, ohne einen einzigen Knoten, und der große Delfin schwamm frei, offenbar unverletzt.
Andere Mitglieder der Gruppe näherten sich, schnappten nach den Rändern des Netzes und hielten es offen. Dann sah Hacker, wie einige jüngere Mitglieder der Gemeinschaft davonstoben. Erstaunt beobachtete er, wie sie einen weiten Bogen beschrieben, hinter einen Fischschwarm über einer Korallenbank in der Ferne. Die jungen Delfine sausten dem Schwarm entgegen, der offenbar aus Meeräschen bestand, in wogende Bewegung geriet und den vermeintlichen Angreifern auswich.
Treiber! Hacker glaubte, eine vertraute Jagdmethode zu erkennen. Sie treiben den Schwarm dem Netz entgegen! Aber wie haben sie das gelernt?
Der ganze Delfin-Clan offenbarte nun eine Zusammenarbeit, für die große Erfahrung nötig war. Einige von ihnen jagten Fische, während andere das Netz ausrichteten, das schließlich ein Viertel des ursprünglichen Schwarms einfing. Die übrigen Fische ließen die Delfine entkommen.
Es wurde Zeit, Luft zu schnappen, im wahrsten Sinne des Wortes – die Tümmler schwammen zur Wasseroberfläche, um dort Luft zu holen. Anschließend näherten sie sich nacheinander dem Netz, schoben die langen Schnauzen durch die Maschen und genehmigten sich
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