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Existenz

Existenz

Titel: Existenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Brin
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Heimstatt-Domäne überlassen. Vorausgesetzt, wir können es in Ordnung bringen.
    Ja, okay. Arbeit in der Kanalisation. Und? Warum die Nase rümpfen? Fast niemand wohnt dort, also geht kaum was die Toilette runter. Und wir bekommen alle Mikroporenmasken. Es sollte also nicht stinken. Zumindest nicht stark.
    Diese Vorbesprechung dient auch dazu, Sie mit der Aufgabe vertraut zu machen und Ihnen eine Vorstellung davon zu geben, was uns dort unten erwartet. Unser Job ist es, RFID-Repeaterchips in Abständen von einem halben Meter an allen erreichbaren Rohren und Hauptleitungen zu befestigen, damit sich dieser Teil der Unterwelt dem Weltnetz hinzugesellen kann. Derzeit ist es dort unten zappenduster! Und ohne einen Link kann man sich dort leicht verirren. Richtig verirren! Deshalb bilden wir aus Sicherheitsgründen Zweiergruppen.
    Wir müssen zügig arbeiten, denn eine zweite Gruppe wird direkt hinter uns sein und Datenfasern an die Decke der Kanalisationstunnel kleben. Ein neues Unternehmen will mit den Kabel- und Telefonleitungs-Providern konkurrieren. Es beabsichtigt, Kanalisations -Wegerecht zu beanspruchen, um Glasfaserkabel zu jeder Toilette – ich meine, zu jeder Wohnung – in Amerika zu legen. (Eine echte Raki -Idee! Ich bin schon jetzt begeistert.)
    Jeder von Ihnen wird eine Siphon-Flasche und einen Beutel erhalten. Wir zeigen Ihnen, wie Sie die tiefen Punkte in der Kanalisation finden, wo sich in den letzten ein- oder zweihundert Jahren Quecksilber angesammelt haben könnte. Saugen Sie das Zeug in die Flaschen. Der Beutel ist für eventuelle Salpeterkristalle bestimmt, auf die Sie unterwegs stoßen könnten. Oder Münzen. Es gibt noch ein Dutzend andere Schätze, nach denen es Ausschau zu halten gilt – ein Grund mehr, bei dieser Besprechung gut aufzupassen.
    Phosphor bringt viel Geld, und mit dem, was Sie finden, können Sie Zepp-Ausflüge oder Hochprozentiges bezahlen, wenn wir zu unserer Kuppel zurückgekehrt sind.

Die Straße im Innern 30
    Der Shunt verursachte eine seltsame Art von Agonie. Die schlimmste, seit die Zeppelin-Explosion Tors Körper gegrillt hatte.
    Schon das Wort allein fühlte sich schmerzhaft an, denn es war irreführend. Wie andere Journalisten der neuen Generation hielt Tor nichts von der oft vagen Ungenauigkeit früherer Reporter und ihrer Neigung zu übertriebener Vereinfachung und lockeren Metaphern. Um genau zu sein: Der »Shunt«, den Ärzte und Techniker in Tors Gehirn installierten, war keine einzelne Röhre und auch kein Draht. Er bestand aus mehr als zehntausend einzelnen Leitungen, die als winzige, in den Schädel gebohrte Löcher begannen.
    Von dort aus gruben sich kleine Maschinen mit vorsichtiger Zielstrebigkeit nach innen. Sie achteten darauf, den Schaden bei Axonen, Dendriten und neuralen Clustern, wo Kalziumionen wogten und elektro chemische Impulse blitzten, so gering wie möglich zu halten, denn all dies leistete wichtige Beiträge für die große Stehwelle des aus vielen Einzelteilen zusammengesetzten menschlichen Bewusstseins. Die mikros kopischen Roboter wichen den kritischen Zonen aus, wo es sich bewerkstelligen ließ. Mithilfe von Astrozyten, die sie als Korridore benutzten, reisten sie weiter nach innen und zogen dabei hauchdünne Fasern hinter sich her, bis sie schließlich ihr Ziel erreichten, die gut kartogra fierten Zentren für Kommunikation, Sehvermögen oder motorische Kontrolle.
    Tor wusste das Fehlen von Schmerzrezeptoren im menschlichen Gehirn zu schätzen. Jedenfalls behaupteten die Ärzte, dass solche Rezeptoren fehlten – ihre Stimmen klangen leise und blechern durch die Reste ihres Hörsystems, durch jene Teile, die nicht der Zeppelin-Explosion zum Opfer gefallen waren. Die durchs Hirn kriechenden Nanomaschinen sollten überhaupt keine spürbare Reaktion hervorrufen, als sie zu den für sie vorgesehenen Stellen unterwegs waren: visueller Kortex, Zerebellum, vorderer zingulärer Kortex, linker Schläfenlappen … und andere wichtige Zentren in Tors Großhirn. Dort angekommen begannen sie mit der eigentlichen Arbeit, untersuchten und überprüften, reparierten alte Verbindungen und fügten ihnen neue hinzu, die es Tor eines Tages vielleicht ermöglichten, wieder zu sehen, zu hören und zu sprechen, in gewisser Weise.
    Und sich zu bewegen und zu gehen, wenn es die Wissenschaft er laubte …
    Doch es schien besser zu sein, nicht zu viel zu erhoffen. Tor stellte sich stattdessen vor, was in ihrem Kopf passierte. Ihre Fantasie verwandelte die

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