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Exit Mosel

Exit Mosel

Titel: Exit Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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Fernseher über der Theke lief ein Fußballspiel. Die wenigen Männer, die an der Theke vor ihren Biergläsern hockten, schienen die Ankommenden mehr zu interessieren als das Geschehen auf der Mattscheibe.
    Zwei junge Frauen waren damit beschäftigt, die Tische einzudecken, die in U-Form angeordnet waren. Die Blumengebinde ließen auf eine Festlichkeit schließen.
    »Was darf’s denn sein?«, fragte der Wirt, als Grabbe und Caroline zur Theke traten. Alfred war glatt rasiert, hatte seine Haare gewaschen und gekämmt und sein blütenweißes Hemd schien sogar gebügelt zu sein.
    »Danke«, winkte Grabbe ab. »Wir …«
    »Die Herrschaften möchten ein Zimmer?« Alfred deutete eine Verbeugung an. »Wir sind zwar keine Pension, aber die Dame kann bei mir schlafen, der Herr darf sich eine von meinen Kellnerinnen aussuchen.«
    Caroline verzog keine Miene. Auf ihren Streifenfahrten ergaben sich genügend Gelegenheiten, ihr Pokerface auszubilden. »Sind die auch angemeldet, Alfi?«
    »Nur Aushilfen für heute, nachher haben wir eine Gesellschaft.«
    »Und die Destille im Schuppen, was ist mit der?«, blieb sie beharrlich.
    Der Wirt schaute Grabbe an, als habe der ihn bei einem Kleinjungenstreich verpetzt: »Also … der Schnaps war nur für den Eigengebrauch.«
    »Und davon geht nicht mal ein Gläschen über Ihre Theke?«, sah sich Grabbe bemüßigt zu fragen, während er sich zu der Tafel umdrehte, woher Besteckgeklapper drang.
    »Höchstens, wenn mal jemand probieren will, natürlich kostenfrei.« Der Wirt bückte sich. »Ich hab’ zufällig gerade einen hier.«
    »Was halten Sie davon, die Sache zu legalisieren und ein Gewerbe anzumelden?«, fragte Grabbe.
    »Hab’ ich doch.« Alfred schenkte sich einen Schnaps ein.
    »Vielleicht für die Gaststätte, aber nicht für die anderen Sachen.«
    »Welche Sachen?« Alfred leerte sein Glas in einem Zug.
    Caroline zählte auf: »Honig, Schnaps, Prostitution, Marihuana …«
    Alfred hustete und rang nach Luft. »Prostitution?«, keuchte er.
    »Sie haben uns doch gerade eben das Angebot gemacht«, spielte Grabbe mit.
    »Aber ich würde doch bei einer so schönen Frau nichts dafür nehmen.« Sein feistes Grinsen kehrte zurück.
    »Und was ist mit meinem Kollegen, dem du deine Bedienungen angeboten hast? Sind die überhaupt achtzehn?«
    »Das war doch nicht so gemeint.«
    »Wie denn?« Sie schaute ihn eindringlich an. »Soll das heißen, den Handel mit Honig, schwarz gebranntem Schnaps und Marihuana gibst du zu?«
    »Das wird ja immer schöner. Muss ich mir jetzt am Samstagmittag im dicksten Betrieb einen Anwalt besorgen?«
    Grabbe deutete auf die Tür im hinteren Teil des Raumes, auf deren Oberlicht ein kleiner stilisierter Taucher klebte. »Können wir den Raum mal sehen?«
    »Ich muss mal in der Küche nach der Gulaschsuppe gucken.« Alfred wirkte auf einmal geschäftig.
    »Macht nix, lassen Sie sich ruhig Zeit«, sagte Caroline. »Wir können ja in der Zwischenzeit die Personalien der beiden Mädchen überprüfen.«
    »Gehen Sie ruhig gucken, die Tür ist offen, ich komme nach.« Die Küchentür entließ einen Schwall Gulaschsuppenduft. Auch wenn Alfred alles andere als einen reinlichen Eindruck machte, lief Grabbe das Wasser im Mund zusammen.
    *
    Über dem gegenüberliegenden Markusberg war noch ein schmaler Streifen Himmel dunkelrot gefärbt.
    »Das Christkind backt schon Plätzchen für Weihnachten«, rief Walde gegen die laute Musik an, aber Annika interessierte sich nur für die Leute, die hier am dunklen Moselufer versammelt waren.
    Die meisten trugen Neoprenanzüge, manche hatten Römerhelme, andere Wikingerhörner aufgesetzt oder gelbe Badeentchen auf ihren Mützen befestigt.
    »Guck mal!« Annika zeigte auf einen Mann, der statt Taucherbrille eine riesige Sonnenbrille trug. Auf dem Kopf hatte er eine dunkle Langhaarperücke und ein Baströckchen um die Hüften.
    Die Ampelphase nutzend, kamen immer wieder Gruppen von Leuten herüber, die sich im gegenüber der vierspurigen Uferstraße liegenden Wasser- und Schifffahrtsamt umgezogen hatten, manche in Bademänteln oder dicken Anoraks.
    Der Wind blies immer noch schneidend von Osten. Walde war froh, Annika die Teufelsmütze angezogen zu haben. Eine weitere Mittelohrentzündung wollte er ihr ersparen.
    »Guck mal!« Annika lenkte seine Aufmerksamkeit auf die Straße, wo sich eine tritonenartige Gestalt, einen Dreizack wie ein Zepter schwingend, in majestätischem Schritt näherte. Als die Erscheinung die Uferböschung

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