Exit Mosel
vor Tagen angekündigt hatte? Heute war Freitag. Er hatte keine Verabredung und auch nichts vor.
»Und was ist mit dem Futter?«
»Ich habe was abgepumpt, steht im Kühlschrank.« Sie kämmte sich das Haar. »Den Flaschenwärmer findest du auf der Arbeitsplatte. Du weißt ja noch, wie der funktioniert?«
»Und wenn Mathilda nicht mit dem Sauger klarkommt?«
»Ich habe es schon probiert und den Sauger etwas mehr aufgeschnitten.« Sie nahm ihr Handy aus der kleinen Handtasche. »Notfalls kannst du mir eine SMS schicken.«
»Ins Theater?«
»Ich stelle es lautlos und guck zwischendurch mal.«
»Kennst du einen Thorsten?«, fragte er.
»Ich gehe mit Marie.«
»Einen Thorsten bei Annika im Kindergarten in der Bärenhöhle.«
»So ein Blonder?«, fragte sie.
»Weiß ich nicht. Der hat Annika ein Kondom geschenkt.«
»Ach, du meinst diesen Türanhänger. Thorstens Vater arbeitet bei Pro Familia oder so.«
»Man kann ja nicht früh genug mit der Aufklärung beginnen.«
Samstag
»Kann Grabbe dich nicht begleiten?« Walde stand barfuß in der Diele und hörte zu, was Gabi am Telefon antwortete.
»Oder vielleicht allein …?«
Es half nichts, er konnte ihren Argumenten nichts entgegensetzen, weil ihn Mathilda die ganze Nacht auf Trab gehalten hatte, weil es ihm vor gefühlten fünf Minuten endlich gelungen war einzuschlafen, weil ihm kalt war, weil er dringend zur Toilette musste und überhaupt. »Okay, bis gleich.«
Er legte auf. Um wenigstens einen seiner bettwarmen Füße vor dem kühlen Parkett zu schützen, hatte er einen Fuß angehoben.
»Kommst du zum Frühstück, mein Storch?«, hörte er Doris’ unverschämt gut gelaunte Stimme in seinem Rücken.
*
In der sich automatisch öffnenden Eingangstür des Krankenhauses mühte sich eine ältere Patientin damit ab, die störrischen Rollen ihres Infusionsflaschenhalters über die feinen Rillen des Bodenbelags zu schieben. Zwischen ihren Lippen steckte eine unangezündete Zigarette.
»Du weißt doch, dass Grabbe bei Identifizierungen so schnell heult, wenn ihn das Mitleid mit den Angehörigen … und außerdem hat er …«
»Ist ja in Ordnung, ich war eben noch nicht ganz wach, Mathilda hat …«
»Und außerdem klärt er mit Meyer die Geschichte mit den Videos von den Tankstellen, das war schließlich deine Idee. Meyer scheint die Nacht durchgearbeitet zu haben.«
Nebenan folgte dem Schnippen eines Feuerzeugs ein Hustenanfall.
»Meinst du, mir hätte das Spaß gemacht, zum Abschluss des Tages einer toten Frau ins Gesicht zu sehen, die schon eine Zeitlang in der Mosel gelegen hatte, an der sich schon die Fische …«
»Und du bist sicher, dass es Edith Hippens ist«, unterbrach sie Walde.
Sie nickte. »Die Leiche ist wirklich in keinem guten Zustand, ich hoffe, sie haben in der Pathologie noch ein wenig kosmetischen Einfluss nehmen können. Ihre rechte Gesichtshälfte … damit ist irgendwas passiert.«
»Wo bleibt eigentlich Frau Hippens?« Walde sah auf seine Uhr und stellte fest, dass er keine trug.
»Die wollte nicht abgeholt werden. Wir haben uns hier für Punkt zehn verabredet.« Gabi schaute auf ihre Uhr. »Und Grabbe kümmert sich auch noch um die Telefonortungen, und dann muss er auch noch …«
»Ist ja gut, dein Anruf kam einfach in einem ungünstigen Moment.«
»Warum bist du denn so schlecht gelaunt?«
»Ich bin nicht schlecht gelaunt!« Seine Stimme war einen Tick lauter geworden. Die Frau mit der Flasche am Stangengalgen spuckte neben den Aschenbecher. Im Wendekreis in der Nähe des Eingangs stieg Rosemarie Hippens aus einem Taxi. Sie führte einen Stock mit sich, den sie beim Gehen kaum als Stütze zu nutzen schien und wahrscheinlich in Erwartung dessen, was auf sie zukommen könnte, dabeihatte.
*
»Meyer ist gerade erst weg«, Grabbe wedelte mit einem Blatt Papier, als Gabi und Walde ins Büro kamen. »Passt alles auf eine Seite, die ganze Auflistung der Tankstellen, Autonummern und Zeiten, zu denen jemand einen Reservekanister betankt hat.«
»Und?«
»Negativ. Keine der Autonummern kann Personen zugeordnet werden, die wir bisher auf dem Schirm haben. Heute Nachmittag checke ich das Bewegungsprotokoll, das Sattlers Leute nach Gerhard Roths Handy für Montag erstellt haben. Caroline hilft mir.«
»Weiß deine Frau davon?«, fragte Gabi.
Grabbe richtete die Augen zur Decke, ais wolle er ein höheres Wesen anflehen, seiner Kollegin Einhalt zu gebieten. »Was hat sich bei Dr. Hoffmann ergeben?«
»Hoffmann war verhindert.
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