Exit Mosel
»Ich muss.«
»Noch eine Frage«, hielt ihn Grabbe zurück. »Wer vom TCM war hier?«
»Der Vorstand und noch ein paar Leute, eigentlich dieselben wie immer. Der Schorsch, der Heinz, der Conny …«
»Konrad Holbach?«
»Ja.«
»Wie viele waren es insgesamt?«
»Sieben oder acht, sind doch immer dieselben, die sich im Club abrackern. Dat war nun schon die dritte Frage«, räsonierte Alfred.
»Was meinst du?«, fragte Grabbe seine junge Kollegin, als sie auf dem Parkplatz ankamen, der inzwischen zugeparkt war. »Würde er uns sagen, wenn Gerhard Roth am Montag da gewesen wäre?«
»Nein«, antwortete sie.
»Warum?«
»Aus Prinzip.«
»Was soll das heißen?«
»Dass Alfred aus Prinzip keinem Bullen hilft«, sagte sie.
»Es sei denn, er hätte davon einen Vorteil.« Sie trat zurück, um einen Wagen vorbeizulassen, dessen Fahrer sich vergeblich Hoffnung auf einen freien Platz machte.
»Trotzdem danke, dass … du gekommen bist.«
»Ich muss los, noch was essen, Brote machen und mich umziehen, bevor es zum Nachtdienst geht«, sagte sie. »Fährst du zum Glaukosschwimmen?«
»Walde ist da und wird dort den Holländer treffen, den Lebensretter.« Grabbe nahm eine Karte aus seiner Jacke und faltete sie auf. »Die KT hat mir eine Aufzeichnung der Bewegungen von Gerd Roth vom Montagabend anhand der Telefonortung aufgezeichnet. Aber vielleicht sollte ich die Bereiche morgen im Hellen abfahren.«
»Darf ich mal sehen?« Sie ließ sich die Karte zeigen und leuchtete mit einer kleinen Taschenlampe darauf.
»Das sind knappe zwei Kilometer von hier, da liegt die Magdalenen-Klinik.« Sie tippte mit der Hand auf eine schraffierte Fläche. »Vielleicht hat er dort einen Krankenbesuch gemacht?« Sie gab ihm die Karte zurück.
*
Wenige Meter vom Ufer beleuchtete eine lange Kette von Fackeln das Wasser. Auf den Booten dahinter blitzten immer wieder Kameras auf. Walde hatte Annika auf seine Schulter genommen und eilte mit schnellen Schritten über den Uferweg, um mit dem Tempo der Schwimmer mithalten zu können.
Oben auf der Kaiser-Wilhelm-Brücke drängten sich viele Schaulustige am Geländer und feuerten die Schwimmer an. Ausgerechnet als Walde unter dem niedrigen Bogen der Brücke einschätzen wollte, ob sie beide darunter hindurchpassten, zog ihm Annika seine Wollmütze über die Augen.
»Annika, lass das!« Walde blieb stehen. Etwas Weiches rauschte in seinen Rücken.
»Entschuldigung!«, keuchte es hinter ihnen.
Nachdem er die Mütze gelüpft hatte, sah er einen Mann mit einem Bündel Bademänteln über dem Arm, der ihn umkurvte und Richtung Bootshaus weitereilte.
Als Walde sich nach einer Weile umblickte, wechselten die Zuschauer auf der Brücke zur flussabwärts gewandten Seite, während die letzten Schwimmer darunter hindurchtrieben.
Schon von Weitem dröhnte die Musik. An den Stegen des Regattavereins wurde denjenigen geholfen, die am Ziel vorbei zu treiben drohten. Der Mann mit den Bademänteln wartete bereits auf deren Besitzer. Hinter dem von Lampen angestrahlten Steg, über den nun die ersten Teilnehmer patschten, bemühte sich ein Kamerateam um eine gute Aufnahmeposition.
Draußen bei den Booten plumpste etwas Massives in den Fluss. Wenig später entstieg Glaukos dem Wasser. Während er seine Muschelketten ordnete, landeten die ersten Schwimmer in normaler Badekleidung. Auch Tarzan war darunter, der die Gelegenheit nutzte, sich mit geschwellter Brust zwischen zwei Bikinischönheiten auf den Steg zu schieben, die Hände der verdutzten Frauen zu fassen und mit ihnen vor den Kameras zu posieren.
Glaukos wartete geduldig, bis er sich der Aufmerksamkeit der Presse sicher sein konnte, um würdevoll an Land zu schreiten.
»Triton ist gar nicht geschwimmt!«, rief Annika.
Walde verkniff es sich, sie zu korrigieren, während er beobachtete, wie Holbach sich eine Medaille umhängen ließ, was sich bei den Teilnehmern mit Hörnern und diversem anderen Kopfschmuck mitunter als schwierig gestaltete.
*
Marlene Roth meldete sich mit zögerlicher Stimme. Grabbe schien es, als hege sie immer noch die Hoffnung, ihr Mann könne urplötzlich zurückkommen und die letzten Tage würden sich als ein Albtraum erweisen.
»Entschuldigen Sie«, sagte Grabbe, »haben Sie eine Minute Zeit?« »Ja?«
»Wissen Sie, ob Ihr Mann jemanden in der Magdalenen-Klinik besucht hat, jemanden aus Ihrer Familie oder dem Freundeskreis?« »Nein.«
»Hat er die Magdalenen-Klinik mal erwähnt?« »Nein, jedenfalls erinnere ich mich
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