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Exit to Eden

Exit to Eden

Titel: Exit to Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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Kerouacs Unterwegs noch nicht angefaßt, mein Lieblingsbuch, das sie zu meiner Verwunderung nicht kannte.
    Ich las ihr alle meine Lieblingsstellen vor, die wirklich verblüffenden, originellen Passagen, obwohl eigentlich das ganze Buch verblüffend und originell ist, und es dauerte nicht lange, da genoß sie es auch, nickte und lächelte und lachte und stellte mir Fragen über Neal Cassady, Allen Ginsberg, Gregory Corso und die anderen, die dieses Buch inspiriert hatten.
    Schließlich las ich ihr den Abschnitt aus dem Buch vor, wo Sal und Dean in Denver sind und Dean ein Auto nach dem anderen klaut, so daß die Bullen nicht mehr begreifen, was eigentlich abläuft, und dann die Passage, wo sie eine Limousine nach New York fahren und Dean zu Sal sagt, er solle sich mal vorstellen, wie es wäre, wenn das Auto, das sie fuhren, ihnen gehörte, und daß sie diese Straße nehmen könnten, die quer durch Mexiko und Panama und sogar bis ans südliche Ende von Südamerika führt.
    Ich hörte auf.
    Wir waren gerade an Shreveport in Louisiana vorbeigerast und fuhren direkt nach Süden.
    Sie schaute starr und mit weit aufgerissenen Augen geradeaus und blinzelte plötzlich, als versuche sie, durch einen Nebel hindurchzublicken.
    Für den Bruchteil einer Sekunde schaute sie mich an und dann wieder auf die Straße.
    »Die Straße gibt's noch, muß es noch geben«, sagte ich. »Durch Mexiko, Mittelamerika bis nach Rio ... Wir könnten ein besseres Auto mieten. Himmel, wir könnten fliegen, wir könnten irgendwas machen ...«
    Schweigen.
    Es war genau das, was ich mir vorgenommen hatte, nicht zu tun. Ich klang zu verärgert. Es würde nie hinhauen.
    Sie wischte sich über die Augen. Tränen, tatsächlich.
    Dann faßte sie sich wieder, starrte auf die Straße und konzentrierte sich aufs Fahren. Nach einer Weile klappte ich das Buch zu, öffnete die Flasche Johnny Walker, die ich irgendwo in Texas gekauft hatte, und nahm einen kleinen Schluck. Ich konnte nicht weiterlesen.
    Gleich hinter Baton Rouge fragte sie: »Wo ist dein Paß? Hast du ihn dabei?«
    »Nein, der liegt im Hotelzimmer in New Orleans«, sagte ich.
    »Mist.«
    »Und deiner?«
    »Den hab' ich mit.«
    Es war schon fast dunkel, als wir durch die engen Straßen des Französischen Viertels rasten. Sie weckte den Fahrer über die Sprechanlage.
    Wir stiegen aus, zerknittert, müde, hungrig, mit einem Haufen lumpiger Papiertüten voller Plunder und betraten die gepflasterte Auffahrt des kleinen Hotels.
    Lisa drehte sich um, ehe wir zum Empfangstresen kamen.
    »Willst du wirklich?« fragte sie.
    »Selbstverständlich will ich«, gab ich zurück.
    Ich schaute sie an, ihr bleiches Gesicht, pure Angst in den Augen. Ich wollte fragen: Wovor laufen wir denn weg? Warum muß sich das so abspielen? Sag mir, daß du mich liebst, Lisa, verdammt noch mal.
    »Viele Anrufe für Sie«, sagte die Dame am Empfang.
    »Geh rein und hol deinen Paß«, flüsterte sie. Ihre Finger krallten sich in meinen Arm. »Ich warte im Wagen auf dich. Komm gleich wieder raus.«
    »Und Besuch ist auch für Sie da«, sagte die Frau. Sie reckte den Hals, um durch die Glastüren in den Hof zu schauen. »Zwei Herren warten auf Sie. Schon den ganzen Tag.«
    Lisa schnellte herum und schaute durch die Glastüren.
    Richard, der große Meister der Postulanten, stand in dem kleinen Garten und beobachtete uns, den Rücken unserer Hütte zugewandt. Und Scott, der Trainer der Trainer, stand gerade auf und drückte seine Zigarette aus.

ELLIOTT
Die Mauern von Jericho
     
    Sie trugen dunkle Anzüge, düster und makellos, und begrüßten uns äußerst höflich, wenn nicht gar freundlich, als wir den Garten durchquerten, die Kate betraten und das Licht einschalteten.
    Alles wirkte ordentlich, korrekt und normal, außer daß sie sich in der Hütte aufgehalten hatten und in den Zimmern noch immer der Zigarettenqualm hing. Aber die Tatsache, daß sie hier waren, hatte etwas Unheilvolles.
    Richard, mit buschigen Brauen und lächelnd, war riesig, das heißt, er war noch gut fünf Zentimeter größer als ich. Scott, ein kleinerer und wesentlich eleganterer Mann, sah ebenso kräftig aus.
    Lisa zitterte jetzt wirklich. Und sie tat etwas ausgesprochen Sonderbares, indem sie das ganze Schlafzimmer durchquerte und sich vor die Wand stellte. Es war so was wie eine hysterische Handlung. Andererseits war ich auch ganz schön nervös, als ich den beiden zunickte und die Tüten in das andere Zimmer trug.
    Ich schaute nach, ob sonst noch irgendwer

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