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Exit to Eden

Exit to Eden

Titel: Exit to Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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zurückwich, und hielt sie fest. »Sag mir, daß du mich nicht liebst, Lisa!« brüllte ich sie an. »Wenn du nicht sagen kannst, daß du mich liebst, dann sag mir, daß du mich nicht liebst. Sag, daß du mich nicht liebst. Sag, daß du mich nicht liebst. Sag es mir!«
    Ich zog sie an mich, und sie, so schien es, sträubte sich mit aller Kraft dagegen. Sie hatte die Augen geschlossen, das Haar hing ihr ins Gesicht, und sie keuchte und würgte, als hätte ich die Finger um ihren Hals gelegt. Hatte ich nicht. Ich hielt nur ihre Arme fest.
    »Scott!« rief sie plötzlich. »Scotty!« Und kaum ließ ich sie los, sprang sie zurück. »Scotty!« schrie sie.
    Sie kauerte sich schwer atmend und schluchzend auf einen der Küchenstühle, das Haar hing ihr ins Gesicht.
    Scott und Richard waren ins Zimmer gekommen, Richard rannte um mich herum, trat hinter sie und fragte sie ganz leise, ob sie in Ordnung sei.
    Zu sehen, wie er sich über sie beugte, und den besorgten Ton seiner Stimme zu hören, ließ mich glattweg den Kopf verlieren.
    Ich tat nichts. Ich drehte mich nur um und ging hinaus. Blinde Wut hatte mich gepackt. Ich hätte mit einem einzigen Hieb eine Ziegelmauer zum Einstürzen bringen können. Daß sie nach diesem Kerl rufen konnte, daß sie nach ihm rufen konnte, als täte ich ihr was zuleide!
    Das nächste, was ich wußte, war, daß ich im Innenhof auf der kleinen schmiedeeisernen Bank saß und es mir irgendwie gelungen war, eine Zigarette anzuzünden. Ich starrte in das dunkle Blätterwirrwarr des kleinen, überwucherten Gartens. Mein Gesicht brannte vor Hitze. Ich hörte nichts. Ich prägte mir den Brunnen ein, die kleine, zerbröckelte Nymphe, die Brunnenschale mit dem Wasser voller Algen und den Spinnweben über dem Auge der Nymphe. Ich weiß nicht, ob sie mit mir sprachen oder nicht.
    Lange Zeit verstrich, zwanzig Minuten vielleicht. Mein Herz klopfte wieder ziemlich regelmäßig. Mir war so elend zumute, und mir wurde noch elender, als ich daran dachte, daß ich zu sammenbrechen würde. Ich würde verrückt werden oder so was.
    Ich hätte jemanden umbringen können. Die Experten des Schmerzes, zum Beispiel, diese klugen, eleganten Herren des Clubs. Diese Kerle! Diese verfluchten Mistkerle! Ich schluckte es wieder und wieder herunter. Dann hörte ich jemanden aus dem Zimmer kommen und schaute auf. Es war Scott, der Schutzengel.
    »Komm ins Haus«, sagte er. Man hätte denken können, daß gerade jemand gestorben war und er der Leidtragende oder der Bestattungsunternehmer war. Und ich war bereit, einen Mord zu begehen. »Sie will mit dir sprechen. Sie hat dir etwas zu sagen.«
    Sie saß wieder auf dem Schaukelstuhl, ein Taschentuch in der Hand. Aus für mich absolut unersichtlichen Gründen hatte sie die Schuhe wieder angezogen. Richard stand hinter ihr wie ein weiterer Schutzengel, und Scott behielt mich im Auge, als könnte ich jeden Moment jemanden anfallen. Könnte ich.
    »Ich kann verstehen, daß du sauer bist, Elliott«, sagte sie.
    »Spar dir den Scheiß«, sagte ich, »ich will diesen Schmarrn nicht hören.«
    Sie zuckte zusammen, als hätte ich sie geschlagen. Aber sie schaute mich weiter direkt an, durch einen Schleier neuer Tränen hindurch.
    »Elliott, ich bitte dich, wieder zurückzugehen«, sagte sie. »Ich flehe dich an, mir zuliebe zurück in den Club zu gehen und dort auf mich zu warten.«
    Tränen strömten ihr übers Gesicht, ihre Stimme bebte.
    »Ich bitte dich, zurückzugehen und ein paar Tage auf mich zu warten, bis ich ... bis ich komme.«
    Das hatte ich nicht erwartet. Ich schaute Richard an. Ein Vorbild an Aufrichtigkeit und Mitgefühl. Und Scott, der hinter mir an der Wand entlanggeschlichen war und sie mit gesenktem, seitlich geneigtem Kopf ziemlich traurig beobachtete.
    »Sie werden dich zu nichts zwingen, Elliott. Sie werden, verstehst du ... nichts ...«
    »Ganz genau«, sagte Scott leise.
    »Sie sollen dich nur aus dem Flugzeug steigen sehen«, sagte Richard. »Anschließend kannst du entscheiden, was du tun willst.«
    »Elliott«, sagte sie. »Ich verspreche dir, daß ich nachkomme.« Ihr Mund zuckte wieder, sie biß sich auf die Unterlippe. »Ich brauche ein paar Tage Zeit. Ich muß allein sein, um zu verstehen, warum ich ausgeflippt bin, warum ich das alles getan habe. Aber ich verspreche dir, daß ich nachkomme. Was immer du über die ganze Sache denkst, ich sehe dich wieder, und du kannst es mir sagen. Dann kannst du mir alles sagen, von dem du meinst, daß ich es hören muß.

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