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Exit to Eden

Exit to Eden

Titel: Exit to Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Rice
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mir vorzustellen, mich an ihre Stimme zu erinnern versuchte.
    Es war besser, an irgend etwas anderes zu denken. Besser, zu hoffen, daß ich nach drei Tagen Schrubber-und-Bürsten-Fegefeuer fit für die Hölle sein würde.
    Oder war es der Himmel?
    Da lag das Problem: es war beides.
    Ich mußte halb eingeschlafen sein, als ich ein ungewohntes Geräusch aus dem Schatten hörte. Stiefel auf dem Marmorboden, wahrscheinlich vor mir, vor dem schmalen Teppichstreifen, auf dem meine schmerzenden Füße ruhten. Aber wer war es? Ein helles, klickendes Geräusch.
    Ich machte die Augen auf.
    Rechts vor mir stand eine Gestalt. Groß, aber nicht so groß wie all die Männer, die hier waren. Und da war dieser süße, berauschende Duft von »Chanel«.
    Kein Zweifel. Sie war da. Die Frau meines Lebens.
    Das Licht streifte ihr langes, glattes Haar. Es glitzerte in ihren Augen.
    Alles an ihr war dunkel, bis auf Schimmern eines Rings an einem ihrer Finger Dann blitzte Licht van ihrer Stiefelsohle herauf, und etwas Glitzerndes in ihrer Hand, während sie näher kam, das leuchtende Weiß ihrer Bluse mit winzigen, schimmernden Perlmuttknöpfen und ihr Gesicht wurden sichtbar, als weiche die Finsternis dem Licht.
    Wäre es nicht so dunkel gewesen, hätte ich die Augen niedergeschlagen, wie wir zu tun geheißen waren. Aber ich starrte sie einfach an.
    Sie trat näher, und ich fühlte ihre kleine, heiße Hand auf meiner Wange und die Berührung von etwas Kühlem an meinen Lippen.
    Ich roch das kräftige, fruchtige Aroma des Weins und öffnete den Mund. Köstlicher Claret, gut gekühlt. Ich nahm einen tiefen Schluck, und als das Glas weggezogen wurde, leckte ich mir mit der Zunge über die Lippen.
    Ihre Augen waren riesig, dunkel und klar.
    »Genießt du deinen kleinen Strafaufenthalt zwischen Besen und Eimern?« fragte sie leise und ohne den geringsten Anflug von Ironie.
    Ich hörte mich mit einem lauten Auflachen antworten.
    Nicht besonders klug. Ich erstarrte, doch ich sah an dem Licht auf ihrer Wange, daß sie lächelte.
    Ihr nackter Unterarm streifte meine Hüfte, und ihre Hand streichelte meine Kehrseite.
    »Hmm!« Ich zuckte zu schnell zusammen und versteifte mich zu abrupt. Meine Beinmuskeln waren nicht das einzige, das steif wurde.
    »Ungezogener Junge«, sagte sie. Sie drückte auf einen der Striemen, und ihre Finger jagten den gleichen Schock durch mich hindurch wie oben in der Empfangshalle.
    Mein Puls raste. Ich fühlte ihn in den Schläfen. Ihr Busen berührte beinahe meine Brust, bevor sie einen Schritt zurücktrat.
    »Was hast du hier unten gelernt?« fragte sie.
    Wieder lachte ich beinahe. Ich war sicher, daß sie es gehört hatte.
    »Absolut gehorsam zu sein, Madam«, sagte ich. Es lag eine winzige Spur von Ironie darin, aber es entsprach nun mal der Wahrheit.
    Was jetzt kam, war schlimmer als alle Besen und Schrubber. Und die Aufreizungen des Tages machten es noch schlimmer. Sexuelle Befriedigung war in meinem gegenwärtigen Zustand nur mehr ein Mythos. Die berauschende Geilheit würde ewig andauern, mit ihren Höhen und Tiefen, und das hier war einer der Gipfel. Er wuchs sich zum Mount Everest aus, um die Wahrheit zu sagen.
    »Nenn mir etwas Bestimmtes«, sagte sie ernst, »etwas, das du gelernt hast und das neu für dich war. Wenn das der Fall ist.«
    Ihre Stimme hatte nichts künstlich Dramatisches. Sie klang intim und seltsam verletzlich. Ein Hauch von Chanel. Ein Lichtschimmer streifte ihren kleinen Mund.
    Ich versuchte zu überlegen. Aber ich konnte an nichts anderes denken als an die untere Hälfte meiner Anatomie; und daran, wie sie aussah und wie sie duftete und wie ihre Finger sich angefühlt hatten.
    Sie hob wieder das Weinglas, und ich trank langsam und holte Luft. Es half nicht viel.
    »Was hast du gelernt?« fragte sie noch einmal, und es klang eine gewisse Schärfe mit. So, als würde sie mich mit dem Lineal schlagen, wenn ich das Einmaleins nicht sofort hersagte.
    »Daß ich Angst habe«, sagte ich zu meiner eigenen Überraschung.
    »Angst«, wiederholte sie. »Vor den Männern, mit denen du zu tun hast?« fragte sie dann. »Oder vor mir?«
    »Vor beiden«, sagte ich. »Und ich weiß nicht, wen ich mehr fürchte.«
    Ich bereute es auf der Stelle und hätte es gern zurückgenommen. Ich begriff nicht, wie mir das herausgerutscht war
    Ich würde ein Sprachtraining durchmachen, wie Martin und seine Kunden es nannten, das heißt, ich würde abgerichtet werden, mehr oder weniger rituelle Antworten zu geben. Und

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