Exit to Eden
vielleicht war sie ein bißchen weniger gefährlich, weniger hübsch. Ich würde vielleicht anfangen, auch an die anderen zu denken; wer weiß, vielleicht sogar an Scott.
Die Tür schloß sich hinter mir. Der Aufseher war fort. Das Zimmer wirkte warm im Lampenlicht, der Himmel hinter den Spitzengardinen war ein bleierner Schimmer. Ein verträumter Ort. Wie eine Kammer des Herzens.
Ich horte ein kaum wahrnehmbares Geräusch und drehte meinen Kopf zu der offenen Wohnzimmertür.
Da stand sie leibhaftig. Und ich war in sie verliebt. Soviel zum ersten Eindruck. Und mir kam der wirklich wunderbare Gedanke, daß sie absichtlich versuchte, mir den Kopf zu verdrehen.
Sie trug einen Männeranzug, einen enganliegenden Dreiteiler aus staubig dunklem lila Samt, so tiefviolett, daß die Falten aschgrau schimmerten. Unter dem weißen Kragen ihres Hemds trug sie einen locker geknoteten blaßrosa Seidenschal. Das Haar hatte sie zurückgenommen, und darüber trug sie einen weichen Hut in dem gleichen dunklen Violett mit einem kohlschwarzen Seidenband. Wie aus einem Gangsterfilm der vierziger Jahre entsprungen, die Form des Huts, die Art, wie sie ihn trug. Im Schatten der Krempe zeichneten sich ihre Backenknochen ab, und ihr Mund war ein schmollender, roter Schimmer.
Die Lust, die ich empfand, war so vollkommen, daß ich mich kaum beherrschen konnte. Ich wollte mein Gesicht in ihrer Scham vergraben, sie zu mir herunterzerren. Ich bin verliebt in sie, ich liebe sie, die Worte waren gefangen in meiner Lust.
Jetzt sah ich ihre Augen ganz deutlich, und ich fühlte jene Kraft, die von ihr ausging, sah ihr Haar, ihr nacktes Ohr. Sie wirkte zart in dem Anzug, geradezu zerbrechlich.
»Komm naher«, sagte sie. »Und dreh dich ganz langsam herum. Ich möchte dich anschauen. Nimm dir Zeit.«
Die Hosen saßen so eng, daß sie maßgeschneidert sein mußten, und ihre Brüste zeichneten sich unter dem Jackett mit den stoffbezogenen Knöpfen ab.
Ich tat wie geheißen. Ich überlegte, ob man sie über die Einzelheiten aus dem Trainerunterricht informiert und wie sie den Bericht aufgefaßt hatte.
Ich konnte fühlen, daß sie sich näherte, als hätte sie Einfluß auf die Luft um sich herum, ich fühlte ihr Parfüm, ehe ich es riechen konnte, fühlte wieder diese Kraft, als ich aus dem Augenwinkel ihren kantigen Schatten sah.
Ich neigte absichtlich meinen Kopf zur Seite, schaute auf sie hinunter und saugte ihren Anblick ein, ehe ich starr geradeaus blickte. Glänzende kleine Schuhspitzen schauten unter samtenen Hosenbeinen hervor, hohe Absätze, die Hose so eng im Zwickel, daß sie die Nähte zwischen den Beinen fühlen mußte.
Ich sah, daß ihre Hand sich bewegte, und dachte, ich würde es nicht mehr aushalten. Sie muß mich berühren. Ich muß sie berühren. Rudy Valentino, der Scheich, wird sie kidnappen und in sein Zelt in der Wüste verschleppen. Aber keiner von uns bewegte sich.
»Komm mit«, sagte sie und schnippte lässig mit den Fingern.
Das Licht glitzerte eine Sekunde lang auf ihren Fingernägeln, dann drehte sie sich um und ging durch die Doppeltür
Es war das Wohnzimmer, das ich gestern nacht kurz wahrgenommen hatte. Ich beobachtete das lockere Wiegen ihrer schmalen Hüften, lechzte danach, ihren bloßen Nacken anzufassen. Sie sah aus wie eine kleine Puppe im Anzug. Ich meine, wie ein Miniaturmensch, eine übernatürliche Kreatur, noch nicht Frau, aber klein und liebenswert und zart.
Großer Schreibtisch, mächtige afrikanische Skulptur in einer Ecke, ein fabelhaftes haitianisches Gemälde aus sechs Paneelen mit Szenen aus der französischen Kolonialzeit - etwas zum später Anschauen, wenn sie mir nicht die Augen verband, bei all den tausend und abertausend Gelegenheiten, wenn ich in diesen Räumen sein, ihre nackten Füße, ihre nackten Waden und ihre nackte Möse küssen würde, die aus dieser engen Hose befreit werden mußte. Nichts war wirklich weiblich in diesem Zimmer, mit Ausnahme von ihr, die in dem lila Samt dampfte und ziemlich ostentativ nach links starrte.
Ich schaute in die gleiche Richtung, und es dauerte ein Weilchen, bis der Groschen fiel. »Das sind ja meine Koffer«, sagte ich.
Martin hatte gesagt, die Kleider würden weggeschlossen. Das ist die beste Sicherheitsmaßnahme, denn wenn du keine Kleider und keine Papiere hast, kannst du nicht abhauen. Er hatte behauptet, die Kleider würden nicht auf der Insel aufbewahrt, sondern an einem besonderen Ort. Ich erinnerte mich, daß ich mir so was wie ein
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