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Exit

Exit

Titel: Exit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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würde es zum richtigen Zeitpunkt verkaufen und selbst ein bißchen Geld machen. Er sagte Junior sogar Bescheid, als der richtige Zeitpunkt da war, aber der wollte nicht auf ihn hören. Und nicht zum erstenmal. Als er noch in Yale war, machte Junior seine eigene Firma auf. Er wollte Vorlesungsskripte verscherbeln, er dachte, er könnte alles besser als andere, die das schon taten. Papi finanzierte ihn mit hunderttausend oder so. Das war zum Fenster rausge schmissen, nicht nur, weil es eine schwachsinnige Idee war, sondern auch, weil Junior einfach das Interesse verlor. Das ist seine Schwäche. Er fängt etwas an und bringt es nicht zu Ende. Ein paar Jahre danach, auch noch als Student, beschloß er, unter die Verleger zu gehen. Eine Soziologiezeitschrift, populärwissenschaftlich. Damit war eine weitere Viertelmillion von Vaters Geld zum Teufel. Es folgten noch mehr Projekte, die alle genauso endeten. Nach meiner Rechnung verschwanden auf diese Weise etwa eine Million Dollar, den Landkauf nicht eingeschlossen. Nicht viel nach dem Maßstab seines Vaters, aber man sollte eigentlich meinen, daß jeder Idiot mit so einer Unterstützung etwas auf die Beine stellen könnte, nicht wahr? Aber nicht unser Junior. Er ist eben zu kreativ.«
    »Was ist mit den Grundstücken schiefgegangen?« fragte ich.
    »Nichts, aber wir befinden uns in einer Rezession; die Grundstückspreise sind gefallen. Anstatt schnell zu verkaufen und seine Verluste zu begrenzen, beschloß Junior, in die Baubranche zu gehen. Papi wußte, daß das dumm war, und verweigerte ihm die Finanzierung, also ging Junior zu einer Bank, mit Vaters Namen als Sicherheit. Wie gewöhnlich verlor er bald das Interesse. Die Subunternehmer merkten natürlich, daß sie es mit einem Amateur zu tun hatten, und hauten ihn entsprechend übers Ohr. Kein Zweifel, die Bank wird sich bestimmt zuerst an den Vater wenden, bevor sie ihn enteignen läßt. Und der wird wahrscheinlich wieder für alles geradestehen. Der liebt nämlich seinen Junior. Er erzählt jedem, was für ein großer Gelehrter sein Söhnchen ist - welch ein Witz. Junior hat dauernd sein Studienfach gewechselt und seinen Doktor hat er nie fertig gemacht.«
    »Bei einer Sache ist er aber geblieben«, warf ich ein, »beim Lehrerberuf. Darin ist er offenbar gut. Er hat immerhin Preise gewonnen.«
    »Ach ja, Organisationstheorie, New-Age-Managementtechniken, Marx und Rock 'n' Roll. Er ist doch nur ein Alleinunterhalter. Wenn Sie sich die Videos anschauen, die ich von seinen Vorlesungen habe, dann sehen Sie; daß er den Studenten alles erzählt, was sie hören wollen: antikapitalistische Rhetorik, Gejammer über die Korruption in der Wirtschaft. Man braucht nicht Freud zu heißen, um zu erkennen, was mit ihm los ist. Er tut alles, um seinen Vater zu verletzen. Sogar seine Frau gehört zu diesem Programm.«
    »In welcher Weise?«
    »Na, kommen Sie, Doktor! Milo hat mir von ihrer militärischen ›Karriere‹ erzählt. Das Mädchen ist doch eine Nutte, unterste Schublade. Und dann vergreift sie sich noch an dem Kind. Das ist bestimmt nicht die Schwiegertochter, die der Alte sich vorgestellt hat.«
    Er grinste. Er war wieder puterrot und schwitzte heftig.
    Sein Haß war greifbar. Auch Stephanie spürte ihn. Ihre Augen waren voller Spannung.
    »Was ist mit Chips Mutter?« fragte ich. »Woran ist sie gestorben?«
    »Na, raten Sie mal: Selbstmord natürlich. Schlaftabletten.
    Die ganze Familie hat doch einen Hau. Und der Mutter kann ich nicht mal einen Vorwurf machen, es war nämlich alles andere als ein Zuckerschlecken mit dem Alten. Er hat offen mit Weibern herumgemacht, möglichst mit drei oder vier auf einmal, junge, vollbusige Blondinen mit minimaler Intelligenz.«
    »Am liebsten würden Sie die ganze Familie in die Pfanne hauen, nicht wahr?«
    »Die Familie ist mir egal«, sagte Hünengart kalt. Dann stand er auf, ging ein paar Schritte und reckte sich. »Morgen also. Sie locken sie aus dem Haus, und ich geh rein und bereite die Videoshow vor.«
    »Großartig, Bill«, sagte Stephanie. Im selben Moment meldete sich jemand auf ihrem Piepser. Sie nahm ihn vom Gürtel und las die Nummer, die sie anzurufen hatte. »Wo ist dein Telefon, Alex?«
    Ich führte sie in die Küche und blieb neben ihr stehen, während sie wählte.
    »Dr. Eves hier. Ich habe eben … Was? … Wann? … Geben Sie mir den diensthabenden Arzt… Jim? Hier spricht Stephanie. Was gibt's?… Ja, es ist nicht das erstemal, es steht alles in ihrer Akte …

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