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Exit

Exit

Titel: Exit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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ersten Ton sagte ich: »Hallo, Mr. Blue, diesmal ist es nicht so dringend, aber ich habe ein paar Informationen, die dir Arbeit ersparen könnten. Papa war nie in der Armee, aber Mama hat einige Zeit dort verbracht. Das ist doch mal was anderes, oder? Mädchenname: Brooks. Sie war in Fort Jackson, South Carolina. Vorzeitig entlassen, wegen Lungenentzündung, sagt sie. Aber sie wurde rot und ein wenig zappelig, als sie davon erzählte. Vielleicht ist es also nicht die ganze Wahrheit. Vielleicht hat sie sich danebenbenommen und ist deshalb rausgeflogen. Sie ist jetzt sechsundzwanzig und war in der letzten Klasse der High-School, als sie angeworben wurde; das gibt dir eine Zeitskala, mit der du arbeiten kannst.«
    Ich ging zu meinem Wagen zurück und machte mich auf den Weg nach Hause. Unterwegs dachte ich an Lungenentzündung, Wiederbeatmung und an einen kleinen Jungen, der grau und kalt in seiner Wiege liegt. Als ich zu Hause ankam, fühlte ich mich außer Atem.
    Ich zog Shorts und T-Shirt an und rekapitulierte mein Gespräch mit Cindy.
    Vielleicht denken alle, ich bin verrückt… Manchmal denke ich selbst, ich bin verrückt.
    Ist das ein Ausdruck von Schuldgefühlen? Oder gar eine Art Geständnis? Oder will sie mich nur aufs Glatteis führen?
    Sie war vollkommen kooperativ gewesen, bis ich vorschlug, das Zimmer zu verlassen.
    Die »überfürsorgliche« Münchhausen-Mutter? Oder war es einfach die verständliche Sorge einer Frau, die schon ein Kind verloren hatte und mit ihrem zweiten Kind viel durchmachte?
    Ich dachte an die aufgeregte Überraschung, die sie gezeigt hatte, als ich ihr mein Vorhaben offenbarte, sie zu Hause zu besuchen.
    Hatte sie etwas zu verbergen? Oder war es ehrliche Überraschung, eine verständliche Reaktion, weil Ärzte tatsächlich keine Hausbesuche mehr zu machen pflegen?
    Ein weiteres Teilchen in dem Puzzle war ihre Mutterfigur, die Oberschwester. Eine Frau, die selbst in Cindys liebevoller Erinnerung noch nach Kasernenhof roch.
    Eine Frau, die für einen Arzt gearbeitet und in ständigem Kampf mit ihm gestanden hatte. Eine Frau, die Ärzte verachtete.
    Sie brachte Cindy mit dem Gesundheitswesen in Kontakt, riet ihr aber davon ab, Krankenschwester zu werden.
    Es war alles da: das zwiespältige Verhältnis zu Ärzten und zu den Machtstrukturen im Gesundheitswesen. Krankheit und Heilung als Lebensinhalt. Wurde Cindy durch all das geprägt, als sie noch jung war?
    Und dann ihre eigene Krankheit: die Grippe und die Lungenentzündung, die ihre Berufspläne über den Haufen warfen.
    Es war am Ende besser so.
    Und dann ihr Erröten und das ständige Fummeln an ihrem Zopf. Die Entlassung war offenbar ein empfindlicher Punkt.
    Ich ging zum Telefon in der Küche und rief die Auskunft an. Fort Jackson war im Bezirk Columbia. Ich notierte die Nummer und wählte.
    Es meldete sich eine weibliche Stimme mit südlichem Akzent. Ich ließ mich mit dem Kommandanten der Krankenstation verbinden.
    »Colonel Hedgeworths Büro.«
    »Mein Name ist Dr. Delaware. Ich rufe aus Los Angeles, Kalifornien, an. Könnte ich bitte den Colonel sprechen?«
    »Wie war Ihr Name, bitte?«
    »Delaware.«
    »Colonel Hedgeworth ist heute nicht hier, Sir. Möchten Sie vielleicht mit Major Dunlap sprechen?«
    »Das wäre mir auch recht.«
    »Augenblick, bitte.«
    Bald meldete sich eine tiefe, schleppende Stimme: »Major Dunlap.«
    Ich stellte mich vor, mit allen Titeln und Qualifikationen.
    »Aha. Was kann ich für Sie tun, Doktor?«
    »Wir führen hier eine Pilotstudie durch - es geht um Ansteckungsmuster bei Virusepidemien, insbesondere Grippe und Lungenentzündung, in relativ abgeschlossenen Umfeldern wie Gefängnissen, Internaten und Kasernen, die wir mit Kontrollgruppen aus der Normalbevölkerung vergleichen wollen.«
    »Eine epidemiologische Studie?«
    »Wir sind hier zwar nur eine Kinderklinik, doch wir haben uns vorgenommen, eine vorläufige Datensammlung durchzuführen, und Fort Jackson erschien uns ein passender Fall zu sein.«
    »Aha.« Dann eine lange Pause. »Wie sind Sie denn an die Forschungsmittel gekommen?«
    »Noch haben wir kein richtiges Budget, nur ein bißchen Geld als Starthilfe. Ob wir uns für ein volles Budget bewerben, hängt davon ab, wie sich unsere Datenbasis entwickelt. In unserem Antrag würden wir die Zusammenarbeit zwischen uns und den Institutionen, die wir untersuchen, herausstreichen. Wir würden die ganze Organisation und das Personal stellen; die Institutionen würden wir lediglich bitten, uns

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