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Expect nothing!: Die Geschichte einer ungezähmten Frau (German Edition)

Expect nothing!: Die Geschichte einer ungezähmten Frau (German Edition)

Titel: Expect nothing!: Die Geschichte einer ungezähmten Frau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Obermaier
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meiner Mama wie auch dem Großteil der übrigen Familie den Rest. Es war nicht nur zu viel, es war viel zu viel. What a shame!
    Erst viel, viel später konnte meine Mutter mich, meinen Beruf und meine Entwicklung anerkennen. Das war fast zwanzig Jahre nachdem ich als ziemlich erfolgreiches Model Deutschland verlassen hatte. Nachdem ich Indien und Amerika in einem Hippie-Bus bereist und nachdem ich am Ende meinen Lebens- und Reisegefährten Dieter Bockhorn verloren hatte. Als ich vor dem Nichts stand, kein Geld mehr hatte, nur noch wenige Jobs. Nicht nur in den Augen meiner Mutter, sondern auch in denen der Öffentlichkeit war ihre Tochter völlig am Ende nach jenem Silvester, als Bockhorn seinen tödlichen Unfall hatte. An diesem Tag, als mein ganzes buntes Leben, ein Happening voller unvergesslicher Eindrücke, Begegnungen mit unglaublichen Menschen, Reisen, Bildern, Liebe, Spaß und Musik, von einem Tag auf den anderen beendet schien. Kaum einer glaubte damals daran, dass ich danach wieder aufstehen konnte …
    Es sollten weitere Jahre vergehen, in denen ich mich aufrappelte, mir eine neue Existenz aufbaute und meinen Platz hier in den Bergen von Los Angeles fand. Im Spätherbst 1988 war es dann endlich so weit: Meine Mutter besuchte mich – die verlorene Tochter – mit ihrem zweiten Mann Hans hier, und ich konnte ihnen »mein« schönes Land zeigen. Das war der Zeitpunkt, an dem sie endlich ein bisschen stolz auf mich war und das, was ich in der Zwischenzeit erreicht hatte. Ein unabhängiges Leben führen an einem Ort, der für mich das Paradies ist, mit meinen Tieren und guten Freunden. Nun, es war eben alles anders gekommen. Ich bin nicht untergegangen, war nicht verloren. Offensichtlich verfüge ich über die Fähigkeit, mich auch aus ausweglos scheinenden Situationen wieder herauszuziehen (sagt mein Therapeut). Deshalb ist meine Geschichte nach der vom wilden Leben eine vom Hinfallen und Wiederaufstehen. Vielleicht ist es auch eine vom Abstürzen, vom Nichts und vom Sich-neu-Erfinden.
    Zum Schluss war meine Mama sicher sogar mehr als ein bisschen stolz auf mich. Wenn sie noch leben würde, dürfte sie sogar richtig froh darüber sein, dass ihr ungezähmtes Kind auch noch relativ weich in ihrem ganz persönlichen, pfefferbaumgesäumten Paradies gelandet ist.

Uschi und wie sie die Welt sieht
    Das Kleine, Alltägliche beobachten und festhalten. In dieser Lebenshälfte geht es ihr gar nicht um Älterwerden in Würde oder Anmut, nun, vielleicht ein wenig. Es geht um den Lebensbogen einer Frau, die von Sternen geküsst wurde, und zwar nicht von den hellen, strahlenden, sondern den irisierenden, dunklen. Die, welche die dunkle, sich immer wieder entziehende Lilith der sanften, gezähmten Eva vorzogen – oder zumindest eine gewisse Zeit lang. Eine Frau, die in ihrer Schönheit, ihrer Unabhängigkeit, ihrer selbstbestimmten Sexualität und ihrem Ausdruck so einzigartig war (und ist), dass sie für eine ganze Generation von Männern und Frauen zum Sehnsuchtsobjekt und zur Identifikationsfigur wurde. Solche Züge eines starken Charakters ziehen andere starke, intensive Typen an und machen schwächeren Gemütern Angst (obwohl das schwer zu verstehen ist, wenn man sie lachen hört und mit ihren Hunden herumtollen sieht).
    Uschi brach nach einer Kindheit in einem der damaligen Glasscherbenviertel Münchens bei ihrer alleinerziehenden Mutter und der schillernden Familie des lebenslustigen, egozentrischen Vaters auf in die Welt. Vorher hatte sie gezwungenermaßen noch eine Lehre als Fotoretuscheurin absolviert. Jetzt blätterte sich wie im Märchen die Geschichte vom schönen Mädchen aus einfachen Verhältnissen und mit einer fast unersättlichen Liebe auf Leben, Liebe und auf Rock ’n’ Roll auf. Noch als Jugendliche und mitten in der ungeliebten Lehre steckend, wird sie im Münchner Stadtteil Schwabing als Model entdeckt. Fortan gehört sie zu den schönsten Gesichtern (und Körpern) der Welt. Fotokünstler wie Werner Bokelberg, Hans Feurer, Helmut Newton, Richard Avedon oder Peter Lindbergh porträtieren sie. Sie reist viel, lebt einige Zeit in der Musikkommune Amon Düül, die berühmt war für ihren für deutsche Verhältnisse abgefahrenen psychedelischen Sound. Wenn sie nicht vor der Kamera steht, schwingt sie für die Amon Düüls die Maracas und erlebt, wie sich in Deutschland neue Ausdrucksstile entwickeln, welche die Politik, die Kunst, die Musik und das soziale Miteinander durchdringen. Drogen gehören dazu,

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