Expedition ins Paradies
hättest mir das Herz gebrochen, mein lieber Tom, muss ich dich enttäuschen.” Sie sah ihn fest an. “Du bist nicht der einzige Mann auf der Welt, musst du wissen. Das habe ich bald gemerkt.”
Zufrieden registrierte sie den überraschten Ausdruck in Toms Zügen. Hatte er sich etwa eingebildet, dass sie nach ihm nie wieder einen Mann finden würde, den sie lieben konnte?
Dass es tatsächlich so gewesen war, stand auf einem anderen Blatt.
“Du hast jemand anders kennen gelernt?” Toms Stimme klang seltsam unsicher.
Feindseligkeit übermannte Elizabeth, und sie zuckte gleichmütig die Schultern. “Ich habe mehrere Männer kennen gelernt. Wunderbare Männer.” Warren, den Apotheker in ihrem Viertel, Steve von der Kunstgalerie, Eddie, einen jungen Künstler aus Brisbane. Alle waren auf ihre Art überaus charmant und nett, aber …
“Aber keiner ist dir unter die Haut gegangen?” Im Schein des lodernden Feuers schienen Toms Augen zu glühen.
Elizabeth zögerte. “Warren bedeutet mir viel”, log sie. Warren war ein tüchtiger Apotheker und grundsolide. Doch unter die Haut gegangen war er ihr nun wirklich nicht. Ihm fehlte Toms Humor. Toms Abenteuergeist. Toms … Verflixt, Tom hat mich verlassen! ermahnte Elizabeth sich streng.
“Er ist anständig und ehrlich und durch und durch zuverlässig”, betonte sie.
Tom zog eine Braue hoch. “Im Gegensatz zu mir, nicht wahr?”
“Genau.” Elizabeth senkte den Blick und umklammerte das halb leere Glas.
“Er ist auf der ganzen Linie das Gegenteil von dir.”
“Bin ich deswegen hier bei dir und er nicht?”
Langsam hob sie den Kopf, ihr brannten plötzlich die Wangen. “Warren ist ein sehr beschäftigter Mann und kann seine Apotheke nicht einfach schließen.” Elizabeth versuchte sich vorzustellen, wie der sanfte Warren im Freien kampierte, sich in der erbarmungslosen Wildnis behauptete und sie vor Gefahren beschützte, aber es gelang ihr nicht. Hier im Busch würde eher sie die Beschützerin spielen müssen. “Wie dem auch sei, es war geplant, dass mein Vater mich begleitet, wie du weißt.” Nicht du, sagte ihr Blick.
Tom hob sein Glas. “Also dann, auf dich und Warren.” Herausfordernd sah er sie an. “Aber ich nehme an, ihr seid noch nicht verlobt, öder?”
Elizabeth zuckte die Schultern und wich seinem Blick aus. “Ich habe schon eine überstürzte Verlobung hinter mir. So schnell gehe ich keine zweite ein.” Sie atmete tief durch. Ihre Verlobung war mehr als überstürzt gewesen. In ihrer blinden Verliebtheit hatte sie keine Sekunde gezögert. Tom war es gewesen, der Zweifel gehegt hatte.
“Willst du damit sagen, du hast dich, ohne nachzudenken, mit mir verlobt?” fragte er leise.
“Ja!” Ich Dummchen war völlig verrückt nach dir. “Verlobungen sind romantisch.
Berauschend. Glanzvoll.” Elizabeths klare graue Augen funkelten zornig. “Du hast mich im Sturm erobert. Der tolle Buschpilot”, setzte sie spöttisch hinzu. “Der tollkühne Abenteurer.”
Sie lächelte zynisch. “Weil du die Wildnis wie ich geliebt hast und ich glauben musste, dass wir dieselben Ideale und Wertvorstellungen hatten, hielt ich dich für den Mann meiner…” Sie sprach nicht weiter und gab einen verächtlichen Laut von sich.
Die aufsteigende Verbitterung niederkämpfend, warf sie den Kopf zurück und fuhr kühl fort:
“Ich bin nicht mehr die leichtgläubige, ungestüme Unschuld von damals. Heute denke ich nach, ehe ich etwas tue.”
“Sehr klug.” Toms Stimme klang sachlich und war ohne Anzeichen von Selbstzufriedenheit oder Spott. Im Schein der Flammen hatten seine blauen Augen einen seltsamen Glanz. “Fehlt er dir, Elizabeth?” fragte er leise. “Hast du ihn aus Jabaru angerufen? Vermisst er dich?”
Verständnislos sah sie ihn an und wusste einen Moment nicht, wen er meinte. Natürlich -
Warren! Tom dachte …
Sie war einige Male mit Warren ausgegangen, mehr war da nicht gewesen. Nach dem zweiten Abend hatte sie ihn nicht weiter ermutigen wollen. Er hatte sie auf den Mund geküsst, aber sein Kuss hatte sie kalt gelassen.
Gegen ihren Willen musste sie an die Nächte denken, die sie mit Tom eng umschlungen verbracht hatte. Sie hatten sich verlangend umarmt, und ihre Küsse hatten sie auf den Gipfel der Leidenschaft getragen …
Gequält schloss Elizabeth die Augen. Ihre Erfahrung mit Tom sollte ihr eine Lehre sein.
Leidenschaft durfte man nicht überbewerten. Sie konnte einen verwirren, der Wirklichkeit gegenüber blind machen.
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