Expedition Mikro
Flugmaschine waren.
Anfangs hielten sich die Besatzungsmitglieder instinktiv fest, wenn mit einem ohrenbetäubenden Summen ein solches Tier vorbeischwirrte oder sie überholte. Karl Nilpach versuchte verzweifelt auszuweichen, die Geschwindigkeit zu drosseln, vollführte gewagte Sturzflüge, die seinen Gefährten das Blut aus den Wangen trieben. Nur Charles Ennil war begeistert.
»Ein Eldorado der Tiere«, schrie er, lag einmal auf dem Bauch, das andere Mal in eigenartigen Verrenkungen über dem Sitz des Kopiloten, um die flinken Flieger zu fotografieren. Er machte alle begeistert auf Einzelheiten aufmerksam, auf grünschillernde Panzer, auf regenbogenfarbene Flügel, auf Rüssel, lange Beine – freilich ohne auf ein wahrhaftes Interesse bei den anderen zu stoßen. Jeder hatte zu tun, um die Stöße der Maschine irgendwie abzufangen.
»Laß mich mal ran«, sagte Chris unvermittelt. Er saß auf dem Sitz des Kopiloten und sah angestrengt voraus.
Karl Nilpach vollführte gerade einen Schlenker, um einem gelbbraunen, verhältnismäßig plumpen Tier, fast doppelt so groß wie der Hubschrauber, auszuweichen.
Das Biest brummte abscheulich, hatte riesige, in regelmäßige Flächen geteilte Augen und war am ganzen Körper beborstet.
An den Hinterbeinen trug es übermannsgroße gelbe Säcke. Im übrigen nahm es vom Hubschrauber nicht die geringste Notiz.
Karl Nilpach blickte verständnislos auf Chris.
»Du hast richtig gehört, Karl, ich übernehme das Steuer«, wieder holte Chris. »Achtung – jeeetzt!«
Chris hob die Flugmaschine ein wenig an, ging auf genauen Südkurs, flog knapp über den Spitzen der Pflanzen auf einen dunklen Streifen zu, der über dem Horizont heraufdämmerte, und – schaltete den Autopiloten ein. Danach lehnte er sich entspannt aufatmend zurück. Er blickte aber nach wie vor aufmerksam voraus.
Die Menschen in der Kabine reagierten auf Chris’ Verhalten unterschiedlich. Charles Ennil hatte den Vorgang scheinbar kaum mitbekommen. Er stand an einem der oberen Kabinenfenster und wartete auf ein schwarzes Tier, das sich anschickte, den Hubschrauber zu überholen.
Carol Mieh saß bleich auf der Bank und sah starr auf die gegenüberliegende Wand der Kabine. Es war nicht abzuschätzen, was in ihr vorging.
Gela Nylf war aufgesprungen und von hinten an Chris’ Sessel herangetreten. Nilpach starrte noch immer verständnislos auf Chris.
Es tat sich nichts. Oder besser: Der Hubschrauber zog mit mäßiger Geschwindigkeit seine Bahn. Draußen schwirrten nach wie vor die unterschiedlichsten Tiere vorbei, manchmal in dichten Pulks, kreuz und quer, mitunter so dicht, daß sie den Flugapparat um ein Haar streiften.
Von vorn näherte sich träge ein riesiges schwarzes Tier mit Borsten, einer gewaltigen Zange am Kopf und sechs langen, vielgliedrigen, herunterhängenden Beinen. Es brummte entsetzlich laut und tief.
Gela handelte instinktiv. Sie drängte nach vorn, ergriff den Steuerknüppel, bereit, den Hubschrauber hochzureißen.
Chris umklammerte ihr Handgelenk, daß sie meinte, in einen Schraubstock geraten zu sein. »Laß das!« zischte er.
Kurz vor dem Hubschrauber machte der schwarze Tiefbrummer einen kleinen, nicht einmal uneleganten Schlenker und schwirrte seitlich vorbei.
»Herrlich!« rief Ennil. »Seht – der Hinterleib ist gelbgestreift.
Hach, wer soll da ein System hineinbringen. Wahrscheinlich eine Bumble-Bee.«
Chris lockerte den Griff um Gelas Handgelenk. »Merk dir, Gela, verantwortlich ist der jeweilige Pilot. Misch dich also nicht ein. Charles kann etwas anderes anordnen, wenn er will.«
»Der hat anderes zu tun, wie du merkst«, sagte Gela laut und unwillig. »Und wenn du die Mannschaft gefährdest mit deinem, deinem Leichtsinn?« rief sie aufgebracht.
»Komm her!« forderte Chris sie auf, nun auch ärgerlich. Er erhob sich, packte Gela bei den Schultern und drückte sie heftig in den Pilotsitz. »Nun bleib ruhig sitzen und beobachte sie.«
Gela wollte sich wehren, konnte sich jedoch Chris’ hartem Zupacken nicht entziehen. Sie gab nach, dachte aber: Grobian, arroganter Flegel, was nimmt der sich raus!
Gleichzeitig kam sie aber nicht umhin, ihn in einer gewissen Weise zu bewundern: Er schien von einer bemerkenswerten Entscheidungsfreudigkeit durchdrungen zu sein. Und sie fragte sich, was sie wohl täte, stünde sie an seiner Stelle. Er hatte ihr lediglich drei Jahre Erfahrung voraus, war aber noch nie von der Heimatinsel heruntergekommen. Dann mußte sie an Harold denken: Er
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