Expedition Mikro
Kleinigkeit zu klären, weshalb ein Teil der Makros Englisch sprach, aber das ließ sie schon lange unberührt. Es war wie eine feststehende Tatsache, die einfach hingenommen wurde.
Zwar deuteten die Informationen, die nicht nur von ihrem Sender, sondern auch aus den Abhörjournalen des übrigen Funkverkehrs stammten, darauf hin, daß die Makros lediglich den innerplanetaren Raum beherrschten, aber schließlich wäre es unlogisch gewesen, nachdem sie von fern in das Randsystem Sonne gekommen waren, nun ständig interstellare Expeditionen durchzuführen.
Chris war diese Diskussion, wenn er mit ihr konfrontiert wurde, jedesmal peinlich. Er kannte Tocs’ Vermächtnis, kannte die Zusammenhänge, wußte, wer die Makros waren. Und doch hatte er sich noch nicht entschließen können, die Mannschaft, so wie er es sich eigentlich vorgenommen hatte, einzuweihen.
Er befürchtete, daß sich unter den gegebenen Bedingungen, umschlossen von Eis und Schnee, Niedergeschlagenheit und Enttäuschung ausbreiten könnten, ein Zustand also, der das gesamte Unternehmen in Frage stellen konnte.
Chris war mit Relpek übereingekommen, mit dieser entscheidenden Enthüllung bis zum Frühjahr zu warten. Er hatte noch nicht einmal Gela eingeweiht, obwohl ihm gerade das sehr schwergefallen war. Er hatte den Eindruck, damit eine Befangenheit auszustrahlen, die dem, wie er meinte, hoffnungsvoll geknüpften Kontakt zu ihr Abbruch tat.
Als er von der »Ozean« zurückgekehrt war, zeigte sich Gela froh und erleichtert, obwohl sie die Leitung des Stützpunktes während seiner Abwesenheit gut besorgt hatte. Echte Wiedersehensfreude stand in ihrem Gesicht, und nicht nur, so empfand Chris, weil ein Gefährte von einem gefahrvollen Ausflug zurückgekehrt war.
Aber dann, als sie erfuhr, daß er Tocs’ Nachfolge angetreten hatte, wurde sie reservierter. Ja, er hatte den Eindruck, sie meide ihn, und sie sorge dafür, daß sie kaum einmal allein blieben. Ob sie fürchtete, es könne der Eindruck entstehen, daß sie der Stellung wegen den Kontakt enger gestalten wolle? Und in seinem Bemühen, ihr wieder so nahe zu sein wie an jenem Abschiedsabend, fühlte er sich durch das Geheimnis gehemmt, das er auch vor ihr verbarg. Er sehnte daher aus mehreren Gründen den Tag herbei, an dem der Eispanzer endgültig von Highlife weichen würde.
Am Abend des siebenundzwanzigsten Februar ging Chris aus dem Laborgebäude, wo er sich vom Fortgang der Arbeiten an einem Wärmewerfer, der im Notfall eine Durchdringung des Eises ermöglichen sollte, überzeugt hatte, durch den funkelnden Gang zum Kasino. Er traf dort auf einen erregt diskutierenden Kreis von Gefährten. Es ging um eine Information, die vom »Geheimohr«, wie sie den von Chris installierten Sender nannten, am Nachmittag aufgefangen worden war. Chris kannte diese Information noch nicht, aber je länger er der Diskussion zuhörte, desto mehr geriet er in Zweifel, ob das Geheimohr nicht geltende ethischmoralische Schranken überschritt, Schranken, wie sie zwischen vernünftigen Wesen immer bestehen werden.
Chris’ Eintreten blieb fast unbemerkt. Er setzte sich an den Tisch, an dem Ennil gerade eine feurige Rede hielt. Am Nachbartisch saß Gela mit gerötetem Gesicht, ein Zeichen, daß auch sie die Debatte erregte.
»… beweist jedenfalls, daß die Makros, auch wenn sie uns im Grunde ähnlich sind, keine Mensche n sein können. Ich will natürlich nicht behaupten, daß so etwas unmenschlich ist. Es entspricht jedoch in keiner Weise unserer Auffassung von Moral und wird ihr nie entsprechen…«
»Woher willst du das wissen?« fragte die Ärztin Carol Mieh aufgebracht. »Vielleicht nicht deiner Moralauffassung! Aber du kannst dich doch nicht zum Propheten für kommende Generationen aufschwingen. Das ist absurd. Und im übrigen gibt es genügend Beispiele in unserer Vergangenheit, wie sich im Laufe der Zeit Moralbegriffe verschoben haben.«
»Aber niemals so einschneidend!« verteidigte sich Ennil.
»Mir wäre es lieber, wir unterhielten uns über den Wert einer solchen Möglichkeit«, warf Gela ein. »So ganz ohne Moral, Charles. Einfach darüber, wem so etwas nutzen könnte.«
»Natürlich, es muß ja alles auf die Grundfrage projiziert werden«, sagte er spöttisch. »Dem Staat natürlich würde es nutzen«, beantwortete er die Frage. »Er erzeugt sich die Leute, wie er sie braucht, heute mehr, morgen weniger.«
»Quatsch!« rief Bill Nesnan, ein älterer Monteur, heftig dazwischen. »Das kommt auf die
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