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Expedition Mikro

Expedition Mikro

Titel: Expedition Mikro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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andererseits aber offenbar auch – an dieser Stelle richtete Ennil einen vielsagenden Blick auf die Ärztin – nach einer wissenschaftlich entwickelten Methode außerhalb des Mutterleibs.
    Obwohl wahrscheinlich ein ziemlich lockeres Staatengefüge bestand – eine unvorstellbare Reisetätigkeit konnte den Informationen entnommen werden –, sprachen sie mindestens fünf verschiedene Sprachen. Am zahlreichsten und am deutlichsten zu empfangen waren Sendungen in der ihnen bekannten »holprigen« Sprache, so daß es wahrscheinlich schien, daß der Stützpunkt im Staat der Makros lag, die sich in dieser Sprache verständigten. Die Tatsache, daß eine der fünf genannten Sprachen eine Art Englisch zu sein schien, erwähnte Ennil nicht mehr.
    Auf eine starke Integration der Staaten wies auch die Tatsache hin, daß ein Viertel der regulären Rundfunksendungen in einer Intersprache ausgesendet wurde.
    Die Makros lebten offenbar monogam, wenn auch anscheinend ohne Ehe, das heißt, Mann und Frau taten sich ohne gesellschaftlichen Ritus zusammen. Demnach, moralische Grundsätze vorausgesetzt, beruhte eine solche Bindung wohl auf Liebe und gegenseitiger Achtung der Persönlichkeit.
    »…aber ob das wirklich so ist, bin ich mir nicht sicher«, führte Ennil aus. »Eine solche Auslegung ist nach den indirekten Informationen sehr bestreitbar.« Diese Bindungen gingen, meinte Ennil, im Falle eines Irrtums auch ohne Einschaltung der Gesellschaft wieder auseinander. Allerdings müsse und das war eine der wenigen Vermutungen, die Ennil einstreute – die Irrtumswahrscheinlichkeit bei einem solchen Verfahren minimal sein. Und Ennil trug Fakt um Fakt vor, ließ ein Mosaikbild entstehen, von dem jeder der Zuhörer einen Teil der Einzelsteine kannte. Aber auf einen Vorschlag der Kontaktaufnahme warteten alle vergebens.
    Als Ennil zu Ende gesprochen hatte und sich kaum eine Diskussion ergab, meldete sich Chris Noloc zu Wort. Ohne Einleitung sagte er: »Als sicherste Möglichkeit der Kontaktaufnahme sehe ich folgende: Schnellste Fertigstellung unseres Adaptionssenders, damit wir auf ihren Frequenzen in ihrer Sprache senden können. Das wird noch etwa ein halbes Jahr dauern. Eine zweite Möglichkeit, die weitaus gefährlichere – ich spreche da aus eigener Erfahrung –, ist die, sich zur Schau zu stellen.
    Wenn sie uns als vernünftige Wesen erkennen, müßte es ein leichtes sein, den Kontakt herzustellen, zumal wir Teile der Adaption bereits beherrschen. – Allerdings«, setzte Chris leise hinzu, »müßten wir bei dieser Methode mit Verlusten rechnen…«
    Die Anwesenden beschlossen, bis auf Ennil, der sich der Stimme enthielt, mit der zweiten Methode zu beginnen. In Chris stieg nach diesem Bekenntnis ein Gefühl des Stolzes auf dieses Kollektiv auf. Das waren schon Kerle! Unterschiedlich vielleicht in den Ansichten, standen sie doch für die gemeinsame, sie alle verbindende Aufgabe ein.
    Und dann stand Chris auf und sagte: »Freunde!« Aus dem Ton, wie er das sagte, wurde jedem der Anwesenden klar, daß es sich um etwas Außergewöhnliches handeln mußte. Sie sahen zu ihm auf, voller Aufmerksamkeit, beinahe Spannung. Und dann gab Chris das preis, was seit Generationen strengstes Staatsgeheimnis war, Tocs’ Testament.

Zehntes Kapitel
    Hal Reon erinnerte sich, nur im Jahre 2171 einen ähnlichen Frühling erlebt zu haben.
    Es war so lau, so seidig, und es duftete so, daß man immer angehalten war, ganz tief einzuatmen.
    Es lag jenes Aroma in der Luft, das die Lebensfreude beflügelt, das den Tatendrang entfacht, das glücklich machen kann.
    Dabei war die Jahreszeit noch gar nicht so weit fortgeschritten, die Knospen eben aufgegangen und die Blätter noch so zart, daß man schützend die Hände darüberhalten mochte. Und das Gras: keimgrün, so zerbrechlich, daß das Hindurchlaufen barbarisch wirkte.
    Aber das eigene Wohlbefinden schien den beiden Menschen doch noch näher zu sein als zum Beispiel das des Grases. Sie hatten ihre Moosfolie mitten hineingebreitet, dort, wo die Sonne noch lange in die Waldlichtung einfallen würde, hatten alle Kleider abgeworfen und ließen sich warm bescheinen, Djamila und Hal.
    Hal Reon hatte die Hände im Nacken verschränkt, starrte in die unendliche Bläue, sah unbewußt das Flimmern über den Wipfeln und dachte an das vertrackte Kombinat.
    Er knobelte nun schon wieder einen Monat herum, wie diese verflixten, immer wieder vorzeitig versackenden Katalysatoren zu stabilisieren seien. Sie gaben sich

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