Expedition Mikro
daß jetzt im Winter etwas herumfliegt.« Chris lächelte.
»Hm«, brummte Jack. Es klang jedoch nicht mißmutig. »Das ist tröstlich! Jedenfalls bin ich mir sicher, daß wir hier so schnell nicht herauskommen.«
Chris Noloc machte sich schwere Vorwürfe. Sein Drang, alle Möglichkeiten der Kontaktaufnahme zu nutzen, hatte ihm, nein, nicht nur ihm, einen bösen Streich gespielt.
Wie weit darf ich überhaupt gehen? fragte er sich. Ich bringe die gesamte Expedition in Gefahr. Aber wie anders sollte man an die Makros herankommen? Wenn der vorhin erkannt hätte, daß es kein Insekt und kein Fremdkörper war, was da vor ihm herumsegelte, sondern ein Hubschrauber, der Einsatz hätte sich gelohnt.
Nun, er hat es nicht erkannt, und das Ergebnis ist eine Havarie. – Chris nahm sich vor, eine Ordnung für die gesamte Expedition auszuarbeiten, die alle bisher kalkulierbaren Eventualfälle berücksichtigte. Und dann, überlegte er, müssen wir mehr tun, um die Makros besser kennenzulernen. Sein Blick ging in die Kabine. Fest in den Gurten hingen dort unversehrt die elektronischen Geräte. Chris dachte an das Auge und daran, was er von Tocs erfahren hatte. Es muß möglich sein, auch wenn Jahrhunderte zwischen uns liegen, eine gemeinsame Sprache zu finden!
Während Chris versuchte, mit sich ins reine zu kommen, kontrollierte Jack das Flugzeug. Nach eine Weile stellte er fest:
»Offenbar alles intakt. Aber einen Startversuch möchte ich so nicht riskieren. Wir liegen anscheinend im Schnee. Wenn der Rotor gegen die Kristalle kracht, gibt es Bruch. Er muß erst frei sein!«
»Das wird er spätestens zur Schneeschmelze«, sagte Chris sarkastisch. »Ich weiß nicht, ob wir soviel Lebensmittel an Bord haben.«
Jack war nachdenklich geworden. »Sagtest du Schneeschmelze?« fragte er, ohne eigentlich eine Antwort zu erwarten. Er schaltete zügig, und gleich darauf begannen die Antriebsturbinen donnernd zu arbeiten.
Chris verstand. Jack hatte den Rotor ausgekuppelt und ließ den Wärmestrom der Motoren wirken.
»Ich gehe raus«, sagte Chris. Die Luke ließ sich zunächst nur zu einem Spalt öffnen. Sie versuchten es gemeinsam. Die kreuz und quer davorliegenden Eiskristallbalken verlagerten sich knirschend. Dann konnte Chris hinausschlüpfen.
Da war die Gefahr des Abgleitens. Der Hubschrauber war, mit der Kanzel voran, etwa fünfzig Fuß weit in den Schnee gedrungen. Ein Blatt des Rotors stak tief in der weißen Masse.
Es lagen noch mindestens vier- bis fünfhundert Fuß Schnee unter dem Hubschrauber. Chris betrachtete mit einigem Schaudern die Spalten und Schrunde zwischen den Kristallen.
Mittag war bereits überschritten, als sie nach unsäglichen Mühen und gefahrvoller Arbeit wieder in den Pilotensitzen saßen, bereit, das Risiko eines Startversuchs einzugehen.
Jack gab sich zuversichtlich. Trotzdem schien es ein Seufzer der Erleichterung zu sein, den er ausstieß, als sich dann der Flugapparat tatsächlich, von ihm behutsam gesteuert, aus dem Schneeloch erhob, noch schwankend, dann aber schnell und donnernd, scheinbar übermütig in der wiedergewonnenen Freiheit, an Höhe gewann.
»Der Schnee war unsere Rettung«, rief Chris. »Was wäre wohl geschehen, wenn er uns auf harten Untergrund geschleudert hätte! Aber es war ein schönes Auge, nicht?« setzte er hinzu.
Chris spürte, daß die Situation aufgelockert werden mußte, er hatte das Bedürfnis, die vorübergegangene Gefahr abzuschwächen. Er geriet in einen Zwiespalt: Gewiß, sie hatten den Flugapparat wieder flottbekommen, aber es hätte ebensogut ein beträchtliches Fiasko werden können.
Es war falsch, die Makros anzufliegen! Oder war es prinzipiell richtig, nur ich darf es nicht? Jens und ich sind die einzigen der Expedition, die um unsere Herkunft wissen, überlegte er. Plötzlich war ihm, als werde er sich erst jetzt der ungeheuren Verantwortung bewußt, die seit Tocs’ Tod auf ihm lastete.
Er hatte sich leichtfertig verhalten! So etwas durfte sich nicht wiederholen! In Chris’ Denken nahm dieser Entschluß Raum ein. Aber, irgendwo stieß er auf Widerstand.
Unten zog die weiße Fläche dahin. Jack flog so hoch, daß die schneebedeckten Riesenbäume scheinbar in dieser Fläche aufgingen, die von Dunkelfeldern durchsetzt war.
Chris dachte an den Stützpunkt, an dessen tiefverschneite Oberfläche. Niemand konnte sagen, wie lange dieser Zustand andauern würde, wie lange sie noch praktisch untätig unter der weißen Schicht sitzen mußten.
Hier habe ich
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