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Expedition Ra - Mit dem Sonnenboot in die Vergangenheit

Titel: Expedition Ra - Mit dem Sonnenboot in die Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thor Heyerdahl
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Reihen Pardunen zu beiden Seiten der Hütte so schlaff wie Springseile. Und im nächsten Augenblick wurden sie wie Bogensaiten straff gespannt, weil der Mast so kräftig ruckte, daß nur das riesige Tau, das nach altägyptischer Sitte als Dollbord um das ganze Boot lag, die Papyrushalme davor rettete, auseinandergerissen zu werden. Einzeln waren die Binsen genauso zäh und stark wie nach einem einzigen Tag im Wasser, und wenn wir sie verloren, schwammen sie. Die lose angenähten Reste der Bündel auf Steuerbord wurden immer tiefer ins Wasser geschoben, da sie sich jetzt mit Wasser vollsaugen konnten und der schiefe Schrägmast sein ganzes Gewicht auf die beschädigte Seite legte. Der biegsame, geflochtene Boden der Bambushütte gab im elastischen Bogen nach, ohne zu brechen. Wir versuchten die Lücke von Normans zersplitterter Kiste auszufüllen, aber ehe das getan war, brach eine neue Welle durch die Bambusstäbe und zertrümmerte die nächste. Eine Kiste nach der anderen wurde in der Hütte unter uns zu Brennholz zerschmettert. Mit jeder verschwundenen Kiste wurde es schwieriger, die restlichen zu bändigen, denn nun hatten sie wie Boote im Hafen reichlich Platz, paarweise umherzuschwimmen, eine kreisende Heumatratze obenauf. Strümpfe und Unterwäsche verschwanden mit dem Sog in der Hütte und tauchten an ganz anderen Stellen wieder auf. Norman und Carlo zogen um und legten sich auf die Proviantkörbe unter der Dachtraufe an der Vorderwand der Hütte. Juris Kisten wurden unter ihm zerschmettert, ehe er seine medizinische Ausrüstung herausnehmen konnte, und dadurch entstand ein Chaos aus Glasscherben und dem Geruch von flachgedrückten Tuben, Schachteln und Reagenzgläsern. Es wurde gefährlich, von den Kisten hinunterzurollen, und wir füllten die Lücke mit Matratzen, Schlafsäcken und allem Entbehrlichen, damit wir trotz der Wellen, die durch die Wand schlugen, wieder sicher auf den restlichen Kisten liegen konnten. Juri zog aus. In der Mitte sank das Dach immer weiter auf unsere Nasen zu, so daß wir die tanzende Paraffinlampe in eine höhere Ecke hängen mußten. Scherze und schallendes Gelächter der drei Männer, die auf die andere Seite der dünnen Bambuswand gezogen waren, waren der Beweis dafür, daß die Laune draußen und drinnen bestens war.
    Draußen wütete der Sturm, es blitzte, aber bei dem entsetzlichen Getöse des Wassers, das von Steuerbord eindrang und um uns gurgelte, bis es in einem Wirbel durch die Bambuswand auf Steuerbord wieder verschwand, hörten wir kaum die Donnerschläge. Für die Wache achtern war es ein schweres Stück Arbeit, und wir versuchten, uns so oft wie möglich abzulösen. Die Brückenpfähle steuerbord waren mit den Papyrusrollen abgesackt, und die Plattform, auf der die Ruderwache stand, hing jetzt schief wie ein Hausdach. Wir konnten den Rudergriff an Steuerbord nicht mehr mehr erreichen. Wir mußten uns an die Backbordecke klammern, wo die Brücke am höchsten stand, und hatten deswegen ein System ersonnen, das genauso umständlich wie anstrengend war. Ein Tau um den Fuß und ein anderes in der Hand, schwenkten wir das Steuerbordruder, aber nur, wenn wir den Kurs mit dem Backbordruder allein nicht halten konnten. Jedesmal banden wir in Sekunden so viele Reeps fest, wie wir konnten. Es kam darauf an, das Segel gebläht zu halten, und von jeder Ecke des Segels war auch eine Brasse an dem Brückengeländer befestigt, so daß die Ruderwache die stark beanspruchte Rah schwenken konnte, wenn die Steuerruder allein die Situation nicht meisterten. Die ganze Brücke war voller Reeps, dagegen stellte der abgesackte Achtersteven hinter uns ein völlig unberechenbares Riesenruder dar, das uns das Steuern sehr erschwerte. Wenn wir uns im Sturm hilflos drehten, würde die Gefahr bestehen, daß der Mast über Bord ging oder sich durch den Papyrus drückte, denn das vollgesogene Floßschiff würde kaum kentern.
    Am 14. Juli hatten wir Funkkontakt mit der Shanandoah , die nun von Barbados ostwärts steuerte. Sie berichtete, der Sturm habe auch sie mit Wellen erreicht, die über dem sechs Meter hohen Ruderhaus der Jacht gebrochen wären. Ihr Funker habe bereits gemeldet, daß sie in Gefahr seien und sie ihre Umkehr erwogen, weil die Jacht nicht für einen Orkan geeignet wäre. Nur mit dem Gedanken, daß wir unter denselben Verhältnissen noch weiter draußen lagen, fuhren sie noch immer nach Osten, dem Unwetter entgegen. Der Kapitän gab als höchste zu verantwortende Geschwindigkeit 8

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