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Expedition Ra - Mit dem Sonnenboot in die Vergangenheit

Titel: Expedition Ra - Mit dem Sonnenboot in die Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thor Heyerdahl
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schweigend und ohne unseren Gruß zu erwidern, als versuchten sie in unseren Gedanken zu lesen, ob wir Abgesandte der Regierung wären, die das Christentum einführen oder Steuern eintreiben wollten. Was suchten Fremde wohl sonst in ihrem abgelegenen Wüstenreich? Es war ganz deutlich, daß wir keine gerngesehenen Gäste waren, und wir waren froh, als wir wieder in die Wüste hinausjagen konnten.
    Es ging auf den Abend zu, aber die Hitze hielt uns weiter in ihrem erstickenden Würgegriff. Baba hatte Kopfschmerzen, und die beiden im hinteren Jeep hatten große Mengen Staub geschluckt und blieben immer weiter zurück. Unser Wasser, das wir in einer großen Kanne aufbewahrten, war Obejkeit erregend warm, es erfrischte nicht, weil es auf den Lippen brannte. In den Dörfern am Wege sahen wir keine Früchte, sondern nur Lehmkrüge und getrocknete Kalebassen mit erdfarbenem Oasenwasser und schmutziger Ziegenmilch. Den ganzen Tag waren wir gefahren, ohne eine leere Flasche, eine Blechdose oder ein Stück Papier in der Nähe unserer Radspuren zu sehen. Nur auf der Landstraße, unmittelbar vor der Hauptstadt, lagen ein einziges Mal Scherben einer zerschlagenen Flasche umher. Hier war alles selbst angefertigt; die Häuser, die Kleider, das Zaumzeug. Der Verkehr bestand aus langen Karawanen mit schwerbeladenen kleinen Eseln, Arabern, die sich oben auf ihren hohen Kamelen gegen den Himmel wiegten, und barfüßigen Frauen, die mit Krügen und Körben auf dem Kopf beinahe im Laufschritt hinterdrein trippelten. Was man selbst nicht brauchte, trug man im nächsten Dorf zu Markte. Dies war eine Welt neben der unseren, selbständig, unbeeinflußt, unabhängig. Unsere ganze Zivilisation konnte zugrunde gehen, und sie würden ebensogut weiterleben, ebenso einfach, ebenso genügsam, ebenso traditionsverbunden.
    Dann tauchte der See auf. Blau und blank wie kalter Stahl lag er da und spiegelte den Wüstenhimmel hinter einem Gürtel von saftigem, grünem Schilf, Papyrusschilf. Von einer Sanddüne aus sahen wir ihn wie eine unwirkliche Luftspiegelung, die uns dazu verlockte, aus den Jeeps zu laufen und wegzustürzen, uns einen Weg durch all das frische Grün zu bahnen und uns in das blaue, blaue Wasser zu werfen, zu trinken, zu tauchen, uns zu kühlen, die trockene gelbe Staubkruste aus Ohren, Nasenlöchern und Lidern zu spülen, alle Körperporen zu reinigen, uns zu waschen, mehr zu trinken, trinken. Dreizehn Stunden hatten wir in den Jeeps gesessen und wollten gerade mit steifen Beinen und schwindlig auf den Erdboden stolpern, als Baba uns zurückhielt. Hier war es nicht ratsam, den Jeep zu verlassen. Es war besser, bis Bol zu warten. Das Dorf lag am offenen Strand, und wenn wir uns beeilten, würden wir vor Einbruch der Nacht dort sein. Die Wüste war nachts nicht sicher.
    Nur mit größter Mühe konnten wir uns zurückhalten. Wasser, so nahe, so himmelblau, verführerisch schön in seiner kühlen Nacktheit hinterm Schilfvorhang. Dann setzten wir uns wieder mit Staub im Mund und wurden geröstet und verbrannten uns im heißen Eisenjeep, während Baba ganz scharf einschlug, die Sanddüne hinunterpreschte und in noch mehr Sand, Sand und Wüste hineinfuhr.
    Wir sollten Baba noch dafür dankbar sein. Als die beiden Jeeps kurz vor Sonnenuntergang auf die solide Karawanenstraße bogen, die von den Wüstendörfern im Osten nach Bol führt, sausten wir direkt durch den menschenleeren Marktplatz bis auf den Strand unterhalb der Hauser, wo wir uns gerade mit allen Kleidern ins Wasser werfen wollten, als eine laute Stimme uns warnte. Dort stand ein apathischer bärtiger junger Franzose; er war von dem Forscherteam an Land gesetzt worden, das auf einem Boot an anderen Stellen des Sees arbeitete. »Wenn ihr ins Wasser geht, seid ihr in wenigen Minuten von Bilharzia-Würmern durchbohrt«, sagte er drohend. »Der ganze See wimmelt von ihnen.«
    Wir sahen Baba an. Er zuckte die Achseln und setzte sich wieder staubbedeckt in den Jeep.
    Der überirdisch schöne See wimmelte von Bilharzia, einer von Afrikas tückischsten Schädlingen. Die kleine Bestie ist ein beinahe unsichtbarer Wurm von einem Zentimeter Länge und so dünn, daß er sich mit großer Geschwindigkeit direkt durch die Haut des Menschen bohrt und im Körper Eier legt; bald ist der Körper von umherkräuchenden Würmern durchlöchert, die einen von innen auffressen.
    Wir dankten dem Franzosen für seinen Rat und fragten, ob wir uns irgendwo waschen könnten. Er schüttelte betrübt den Kopf.

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