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Expedition Ra - Mit dem Sonnenboot in die Vergangenheit

Titel: Expedition Ra - Mit dem Sonnenboot in die Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thor Heyerdahl
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Papyrussümpfen bei Bol nur kommen könne, wenn man mit dem Jeep durch die Wüste an der Ostseite des Sees führe. Das bestätigte uns auch ein französischer Arzt, der sowohl Tierfänger als auch der eifrigste Jäger des Landes und Ortskundiger war. Beide wiesen auf das hin, was der Amtsvorsteher gesagt hatte, daß nämlich in diesem Teil des Landes zur Zeit Unruhe herrsche. Im übrigen kam heraus, daß es auf dem See ein großes Flußboot gäbe, das periodisch umherführe und eine Art einheimisches Getreide aufkaufe. Aber jetzt war es unmöglich aufzufinden.
    Wenige Länder haben es für nötig befunden, in der Republik Tschad eine diplomatische Vertretung zu unterhalten, aber Frankreich besitzt in seiner früheren Kolonie eine Botschaft. Michel machte uns dort bekannt, doch der Botschafter war erst seit einem Monat im Land, und von seinem Stab war keiner jemals am See gewesen.
    Das war unser dritter Tag in Fort-Lamy, und bisher hatten wir nicht mehr ausgerichtet, als von Büro zu Büro zu laufen, von Bungalow zu Bungalow, und freundliche Menschen kennenzulernen, die uns Kaffee, kaltes Bier oder Whisky anboten und uns Adressen von Leuten gaben, die vielleicht einen Ausweg wüßten. Und als wir die Adressen des Amtsvorstehers und all derer bekamen, die wir am ersten Tag um Rat gefragt hatten, standen wir wieder am Ausgangspunkt. Da beschlossen wir, uns auf eigene Faust mit dem Jeep nach Bol durchzuschlagen. Die formelle Erlaubnis der Behörden hatten wir erhalten. In Bol war das einzige Funkgerät des ganzen Seegebietes installiert, und zur Sicherheit sollte das Innenministerium den Scherif von Bol über unser Kommen unterrichten. Ich brauchte nur beim Informationsminister ein Dokument abzuholen,
    das uns das Filmen gestattete. Wie gewöhnlich waren auch hier fast alle öffentlichen Ämter von Negern besetzt, nicht von Arabern. Der Minister begrub die Finger in seinem krausen Haar und lachte roh, als er das Dokument durchlas, das die Sekretärin nach seinem Diktat ausgefüllt hatte.
    »Der Mann ist Archäologe, Ar-chäo-loge«, sagte er zu der Sekretärin und reichte ihr das Papier zurück, indem er in meine Richtung nickte. »Ändern Sie es in Ar-chäo-loge um, sonst machen ihn die Mohammedaner in dem Gebiet, das er durchqueren muß, einen Kopf kürzer!«
    Ich schaute der kraushaarigen Schönheit vorsichtig über die Schulter. Französisch war die offizielle Sprache der Republik, die einzige gemeinsame Sprache der vielen verschiedenen Volksgruppen. Auf dem Papier war ich als »archeveque« eingetragen anstatt als »archeologue«, statt Archäologe war ich also zum Erzbischof geworden.
    Der Fehler wurde verbessert, und der Minister versicherte, daß es kein Spaß sei, auf Seiten der Regierung in den Religionsstreit verwickelt zu werden.
    Mit den nötigen Dokumenten und zwei Negerfahrern, von denen einer, Baba, behauptete, schon in Bol gewesen zu sein, verließen wir Fort-Lamy am nächsten Morgen lange vor Sonnenaufgang über die Landstraße. Wir hielten es im Fall einer Panne in der Wüste für das sicherste, uns auf zwei Jeeps zu verteilen, und das sollte sich als höchst nützlich erweisen. Im ersten Auto hatten wir eine gelbe Karte ohne Konturen, auf der die Namen Fort-Lamy, Massakory, Alifari, Kairom, Ngouri, Isseirom und Bol rot unterstrichen waren. Die ersten Dörfer fanden wir ohne Schwierigkeiten. Die Strecke war ausreichend beschildert, und die Sandwege waren ziemlich fest, so daß wir mit über 100 Stundenkilometern durch die Ebene jagten, ohne jedoch den Staubwolken entfliehen zu können, die wir selbst gegen den Sternenhimmel emporwirbelten. Entlang der Strecke nach Norden schütteten Bagger und viele Arbeitsgruppen den Weg auf, um ihn auch für die Regenzeit befahrbar zu machen. Die ersten paar hundert Kilometer lagen hinter uns, als die Sonne über der Ebene aufging. Aber dann bogen wir auf immer kleinere Nebenwege ein, und bald war das 20. Jahrhundert hinter allen Horizonten verschwunden. Bereits unmittelbar hinter der Hauptstadt ging die Besiedlung in verstreute Gruppen runder strohbedeckter Negerkrale über, die meisten von ihnen verlassen; aber allmählich kamen wir in große, unbewohnte Wüstenstriche mit spärlichen Radspuren, die dem schmalen Karawanenweg durch die Dörfer folgten, wo Reihen von niedrigen Häusern aus sonnengetrocknetem Lehm Arabern, Ziegen, Eseln und Kamelen Unterkunft boten. Dann ging es in die Einöde hinaus.
    Das war die Wüste. Die Südgrenze der Sahara. Das letzte

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