Expedition Ra - Mit dem Sonnenboot in die Vergangenheit
Dschungelküste des Golfs von Mexiko ihren Anfang nahm, wo der Meeresstrom nach beendeter Drift über den Atlantik an Land spült. War es natürlicher, dort Pyramiden zu bauen? Im Gegenteil. Dort hatten die unbekannten Schöpfer der ältesten Kultur Mexikos über Berg und Tal ziehen müssen, um einen zugänglichen Steinbruch zu finden, und in einzelnen Fällen hatte man gigantische zwanzig bis dreißig Tonnen schwere Blöcke aus Steinbrüchen geholt, die bis zu achtzig Kilometer von der Baustelle entfernt lagen. Heute weiß niemand, wer diese vitalen Bildhauer und Architekten gewesen sind, die im Dschungel bauten, sich aber besser auf Stein als auf Dschungelmaterial verstanden. Um ihnen einen Namen zu geben, hat man sie Olmeken getauft. Falls die vielen realistischen Skulpturen auf ihren hinterlassenen Steinmonumenten Selbstporträts sind, hatten einige Olmeken runde Gesichter mit flachen Nasen und dicken Lippen und sahen ausgesprochen negroid aus, während andere mit schmalen Gesichtern, Habichtnase, Schnurrbart und wallenden Bärten vollständig semitisch wirkten. Die Olmeken waren der Kern des ganzen Bilderrätsels. Wie hießen sie wirklich, wer waren sie, warum hatten die Olmeken Pyramiden gebaut? Eine ihrer Pyramiden, dreißig Meter hoch, war aus sonnengetrockneten Adobe-Ziegelsteinen gebaut, genau wie in Peru und wie einzelne Pyramiden im Niltal.
Das triefende Bauwerk, das wir nun betrachteten, brachte die ganze Antwort durcheinander. Vor einigen Jahren, 1952, hatte eine Entdeckung in dieser Dschungelpyramide die wissenschaftliche Welt erschüttert und an einem Tag felsenfeste Dogmen umgestoßen. Ganz unerwartet wurde ein geheimer Eingang zu einem engen Durchgang mit einer Steintreppe entdeckt, die in Windungen in das Pyramideninnere führte. Sie führte zu einer schweren Steintür hinunter, hinter der sich eine prachtvoll ausgeschmückte Grabkammer mit einem kolossalen Sarkophag befand, in dem genau wie in Ägypten die Überreste eines absoluten Priesterkönigs aufbewahrt lagen. Und in mexikanischen Pyramiden sollten ja gerade keine Grabkammern existieren; das war eine der beiden fundamentalen Voraussetzungen dafür, daß die meisten Forscher die Idee einer überseeischen Verbindung verworfen hatten. Die Ähnlichkeit sei oberflächlich, wurde eingewendet, die Pyramiden auf beiden Seiten des Atlantiks hätten nicht nur verschiedene Funktionen, sondern auch verschiedene Formen. In Mexiko und Peru seien die Pyramiden stufenförmig, in Ägypten besäßen sie gleichmäßig abfallende Seiten.
Abbildung 25: ALLEIN AUF DEM WELTMEER. Vor Marokkos Küste begannen Strom und Wind, das Papyrusschiß vom Kontinent der Alten Welt wegzutreiben.
Abbildung 26: EXPERIMENTE mit unbekannter Takelung und unbekanntem Steuermechanismus. Ehe wir alle Kniffe erlernt hatten, waren uns beide Steuerruder und der Baum gebrochen, der das Segel oben hielt .
Abbildung 27a: MIT ZWEI TREIBANKERN im Schlepp trieben wir ohne Segel und Steuerruder südwärts an der afrikanischen Küste entlang .
Abbildung 27b: DIE GEBROCHENEN STEUERRUDER wurden mit Tauen und Hartholz von dem Tischler Abdullah geschient .
Was die Form betrifft, so stimmte das nicht so ganz. Jeder, der das Niltal bereist hat, weiß, daß es auch in Ägypten stufenförmige Pyramiden gibt, daß sie die älteren sind und sowohl in Ägypten als auch in Mesopotamien die urspriinglidie Form repräsentieren. Die Nachbarkultur Ägyptens in der Alten Welt, die Babylonier, bauten ihre Pyramiden stufenförmig und errichteten einen Tempel auf der Spitze, genau wie im alten Mexiko. Und nun lag plötzlich auch in einer mexikanischen Pyramide ein Priesterkönig in einem Sarkophag. Auch sein Geschlecht erhob den Anspruch, von der Sonne abzustammen und legte einen Sonnengott aus Jade in das Grab, während sein Architekt den Grundriß der Pyramide astronomisch, genau nach dem Lauf der Sonne, anlegte, wie in Ägypten. Er ließ sich auch in einen Sarkophag legen und bekam auch eine prachtvolle Maske aufgesetzt, wie es in Ägypten üblich war, nur war die Maske nicht aus Gold, sondern aus Jademosaik, waren die Augen aus Muschelschalen und die Pupillen aus Obsidian. Auch er glaubte an ein Leben nach dem Tod und war mit Krügen und Schüsseln mit Essen und Getränken versehen und mit einem Diadem geschmückt, mit Ohrpflöcken, Halskette, Armbändern und Ringen aus Perlmutt und Jade. Der Sarg war innen mit rotem Zinnober ausgemalt, und die Reste von rotem Tuch hafteten noch an Knochen und Juwelen.
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