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Expedition Ra - Mit dem Sonnenboot in die Vergangenheit

Titel: Expedition Ra - Mit dem Sonnenboot in die Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thor Heyerdahl
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in hohem Bogen wie ein Speer aus dem Wasser, sobald wir ihn nur losließen.
    Zwei Gelehrte mit wachem Blick, Lachfalten und wallenden Vollbärten folgten aufmerksam dem Bau des Papyrusboots. Beide schüttelten den Kopf und wußten nicht, was sie glauben sollten. Einer war der Ägypter Ahmed Josef. Er machte immer wieder einen Abstecher von dem großen Zedemholzboot des Pharao Cheops, das er selbst gerade am Fuße der größten Pyramide zusammensetzte. Der andere war der Schwede Björn Landström, der führende Fachmann für altägyptische Bootstypen. Er war auf einem seiner vielen Besuche in Ägypten, um jedes einzelne Fahrzeug, das er in den zahlreichen Grabkammern im Niltal abgebildet fand, zu ' katalogisieren und abzuzeichnen. Vorige Woche hatte Landström der Presse seine Zweifel an der Seetüchtigkeit des Papyrusboots mitgeteilt, aber der Anblick der Papyrusbündel und die Begegnung mit den Experten aus dem Tschad hatten ihn in seiner Auffassung schwankend gemacht, und er erbot sich, nun in Ägypten zu bleiben und der Baumannschaft seine theoretischen Kenntnisse zur Verfügung zu steilen.
    Und dann begann die gemeinschaftliche Arbeit. Landström wußte nichts von Papyrus oder von der Technik, die Bündel zu einem Boot zusammenzubinden, aber er kannte jede geringste Einzelheit, wo die Erfahrung der Buduma-Neger nicht ausreichte, nämlich die Form der Pharaonenschiffe und außerdem Form und Anbringung der Masten, der Takelung, der Segel, der Hütte und des Steuermechanismus. Ohne Zögern skizzierte er uns im Handumdrehen ein fertiges Papyrusschiff und einen genauen Bauplan, der alle Proportionen zeigte.
    Mussa und Omar schüttelten sich vor Lachen, denn sie hatten noch nie ein Boot gesehen, das vorn und hinten einen Bug besaß, aber sie begannen sofort mit dem Bau. Sie begannen unser Boot, das wir auf dem Meer ausprobieren wollten, mit vier Stengeln, die an einem Ende durch Schnüre verknüpft waren. Dazwischen steckten sie anderen Papyrusrohre und ließen Bund und Tau immer dicker werden, genauso, wie sie es im Tschad gemacht hatten. Als das kegelförmige Bündel 70 cm Durchmesser hatte und die Taue so stark wie ein kleiner Finger waren, wurde das Bündel zylinderförmig fortgesetzt und alle 60-70 cm ein Tauring von unveränderter Stärke angebracht. Jetzt reichte der Platz auch für Abdullah, und die Arbeit war in vollem Gang. Wir mußten wieder in die Araberviertel und weitere Helfer anwerben. Abdullah diente uns mit seinem Tschad-Arabisch nach bestem Vermögen als Dolmetscher.
    »Bot« , riefen die Ägypter. Das ist ihr Wort für Schilf. Und dann ging es am laufenden Band. Zwei Mann hingen sich an die Enden langer Baumstämme, die wie Waagebalken angebracht waren, um die widerspenstigen Papyrusbündel im Ziegelsteinbecken unter Wasser zu drücken. Zwei andere Männer schnitten alle verfaulten Wurzelenden ab und trugen die geweichten Schilfbündel zu zwei Helfern. Die beiden standen bereit, um die Stengel einzeln Omar, Mussa und Abdullah zuzureichen, weiche sie mit aller Kraft in das widerspenstige Ende des werdenden Boots trieben, bis die Tauschlingen voll und prall wie Faßreifen waren. Abdullah war selbstverständlich Vorarbeiter und arbeitete und kommandierte in rasantem Tempo. Erst sahen die ägyptischen Helfer ein wenig auf die drei rabenschwarzen Männer aus dem Inneren Afrikas herab, denn etwas Schwärzeres hatten sie noch nie gesehen, nicht einmal in ihren eigenen Backöfen, aber Abdullah wies sie mit seinem blitzklaren Verstand in die Schranken, und bald erregten auch die beiden anderen wegen ihrer stoischen Ruhe, ihrem Sinn für Humor und ihrer praktischen Entschlossenheit allgemein Bewunderung. Zwei schalkhafte Wachmänner mit Turban und alten Musketen, ein tüchtiger Koch und ein lachlustiger, immer vergnügter Messejunge trugen zu einem gemütlichen Lager bei, alles von einer symbolischen Tauabsperrung eingerahmt, die Zelte, Papyrusvorrat und Baustelle einfaßte. An dem langen Tisch im Messezelt wurde täglich englisch, arabisch, italienisch, Buduma, norwegisch, schwedisch und französisch gesprochen, und noch war die internationale Besatzung der Expedition nicht beisammen.
    Am dritten Tag begann der Zusammenstoß zwischen den Traditionsgläubigen und den Schriftgelehrten, Die Rolle besaß jetzt die Länge, daß es an der Zeit war, sie achtern in eine Spitze auslaufen zu lassen, aber das lehnten die Buduma-Brüder rundweg ab. Sie wollten die Rolle ebenso dick weiterführen und wie eine Wurst

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