Expedition Ra - Mit dem Sonnenboot in die Vergangenheit

befestigt. Die drei mittleren Rollen waren dicker als die anderen und ragten wie ein breiter Kiel 20 cm tiefer ins Wasser.
    Im April begann die Sonne über der Sahara mit einer Intensität zu glühen, die man an unserem Arbeitstempo und dem Wasserverbrauch ablesen konnte. Der Bootsbau in dem versteckten Tal hinter den Pyramiden tauchte in der Lokalpresse und im Fernsehen auf. Ständig wurde das Papyrusboot mit dem Zedernschiff des Pharao Cheops verwechselt, das einige hundert Meter weiter rekonstruiert wurde. Dragomane und Fremdenführer, die wegen der Krise keine Arbeit hatten, kamen auf die Idee, allen Touristen, die nur irgendwie aufzutreiben waren, ein echtes ägyptisches Papyrusschiff zu zeigen. Touristen von allen Kontinenten und Fotografen und Journalisten, die als Kriegsberichterstatter in das Land geströmt waren, fanden den Weg auf Kamel- und Pferderücken oder stapften zu Fuß zum Papyrusboot. Es war nun die neueste Attraktion des Ortes, und während Tauabsperrungen niedergetrampelt wurden und verschwanden, kämpften die Wachmänner darum, die Menschenmenge von dem spröden Boot fernzuhalten. Die eifrigsten Zuschauer kletterten in ihrer Begeisterung ohne Rücksicht auf das knochentrockene Schilf, das unter den Stiefelabsätzen gewaltsam brach, auf das Boot, um für die Fotografen zu posieren. Die Kamele fraßen vom Boot. Papyrusstückchen und ganze Halme mit und ohne Namenszug verschwanden in alle Richtungen als Souvenir, und Abdullah vergaß aus Freundlichkeit gegenüber allen, welche sein Autogramm haben wollten, die Arbeit zu leiten, während Mussa und Omar, die Taurolle in den Händen, mit Schönheiten aus Nigeria, der UdSSR und Japan kokettierten. Wir versuchten, nachts mit Lampen und Fackeln zu arbeiten, aber die Feuergefahr durch Funken und Paraffin war so bedrohlich, daß wir aufhören mußten. Wir hatten wirklich ein Papierboot gebaut. Ein Streichholz, und die ganze Schute würde in ein Flammenmeer aufgehen und nach einigen Sekunden als kleiner flacher Aschehaufen im Sand zusammenfallen. Wir hatten eine panische Angst vor allen Touristen, die rauchten und sich mit Zigaretten an die Schutenwand lehnten. Wir hängten große Plakate auf englisch und arabisch auf, daß Rauchen streng verboten sei, und erklärten der Tageswache, sie solle allen Besuchern das Schild zeigen. Kurz darauf fanden wir den Alten, wie er selbst mit seinem Gewehr dicht unter dem Papyrusbug saß und eine selbstgedrehte Zigarette paffte. Ich zeigte wütend auf das Schild über seinem Kopf, aber er verstand nichts und erklärte nur lächelnd, daß er nicht lesen könne.

    Abbildung 29: So HAT SICH Björn Landström die Ausführung von RA vorgestellt. Rechts unten ein Detail des Mastfußes .
    Die Kajüte wurde von einem alten Korbmacher in Kairo geflochten. Sie war aus biegsamem Korbmaterial zusammengezwirnt, so daß Boden, Wände und Dadi aus einem Stück bestanden. Diese Korbhütte, in der wir sieben zusammen leben sollten, war 4 m lang und 2,80 m breit. Sie besaß ein gewölbtes Dach, unter dem wir an der höchsten Stelle gebückt stehen konnten, und in der Mitte einer Längswand eine 1 m hohe quadratische Türöffnung. Das Dach und die Längswände wurden wie ein offener Alkoven einen Meter über die eine Schmalwand hinaus geflochten, um die Proviantkörbe aufzunehmen.
    Während der Arbeit mußten wir immer wieder einen Abstecher zu den alten Grabkammern machen und uns Details der Freskomalereien ansehen. Auf den Abbildungen war auf den langen Holzschiffen immer ein dickes Tau in der Längsrichtung hoch über das ganze Deck gespannt. Es wurde von zwei gabelförmigen Pfosten hoch gehalten und verlief vom Bug bis zum Achtersteven. Indem es die Bootsenden im gleichen Abstand hielt, sollte dieses stramme Kabel verhindern, daß das Boot vorn und achtern abknickte und so in der Mitte brach. Den Papyrusbooten konnte augenscheinlich auf der Länge mehr Flexibilität zugestanden werden, denn ihnen fehlte dieses Stredttau. Dafür führte bei ihnen von der nach innen gebogenen Spitze des Achterstevens ein kurzes Tau schräg zum Achterdeck hinunter, so daß der Achtersteven einer Harfe mit einer einzelnen Saite glich. Keiner ahnte, wie wichtig diese Bogensehne war. Ich grübelte stundenlang über ihre Funktion nach, denn sie mußte einen praktischen Wert haben, wenn auch alle Gelehrten und sogar die Männer aus dem Tschad meinten, daß es ihre einzige Funktion sei, den Sdinörkel in einem eleganten Bogen nach innen gespannt zu halten.