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Extra scha(r)f

Extra scha(r)f

Titel: Extra scha(r)f Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Beaumont
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der aus dem Garten durch die Verandatür hereinkommt. Das kann er unmöglich sein. Woher ich das weiß? Nun, erstens ist er über einsachtzig groß, und zweitens sieht er genauso gut aus wie Keanu. Er kann also auf keinen Fall der Sohn von George und Maroulla sein, die optisch eher an Fässer erinnern. Wenn Maroulla ihn damals als Säugling nicht aus einem Kinderwagen vor dem Supermarkt geklaut hat, dann ist dieser Mann nicht Dino Georgiou.
    Sie können sich meine Überraschung vorstellen, als Maroulla den jungen Mann am Arm packt und in unsere Richtung zerrt. »Dino, wo du hast gesteckt ganze Zeit? Komm, du kennen lernst Theglitsa.«
    Oh ja, sie hat ihn eindeutig »Dino« genannt.
    Ich bin nicht die Einzige, die verblüfft ist. Emily ist in eine Art Trance verfallen - wie man es von Teenies kennt, die das Konzert einer Boygroup besuchen. Schlimm. Mir ist Dinos Aussehen völlig schnuppe, und ich würde beim Anblick eines attraktiven Mannes niemals derart in Verzückung geraten. Bevor Sie jetzt einwenden: Und was ist mit Karl? - das ist etwas völlig anderes. Das kann man überhaupt nicht miteinander vergleichen.
    Dino scheint das Ganze genauso peinlich zu sein wie mir. Wir starren uns gegenseitig an wie zwei Idioten, während Maroulla, George und mein Vater vor Stolz strahlen, als wären wir bereits verheiratet und hätten soeben bekannt gegeben, dass wir Drillinge erwarten. Mit verlegenem Lächeln streckt Dino die Hand aus, um meine kräftig zu schütteln. »Hi«, sagt er. »Haben sie es doch noch geschafft, uns zusammenzuführen.«
    »Sieht so aus, als hätten sie gleich alle, die sie kennen, mit zusammengeführt«, entgegne ich, schlagfertig wie ich bin. Meine Worte bleiben in der Luft hängen wie Dolche, die auf Dinos Eltern gerichtet sind, und ich komme mir gemein vor. Ich versuche zu lächeln, aber es will mir nicht gelingen. Meine Gesichtsmuskeln haben wie auch Emilys Herz, wenigstens ihrem Anblick nach zu urteilen, ihre Tätigkeit eingestellt.
    »Ach, Sie wissen doch, wie das ist. Sie sind doch Griechin, nicht?«, sagt er leicht abweisend.
    »Nur zur Hälfte«, murmle ich.
    »Ja, aber es ist wissenschaftlich erwiesen, dass die griechische Hälfte stets dominiert.«
    Er zwinkert mir zu, und bevor ich den schlagfertigsten Spruch in der Geschichte der schlagfertigen Sprüche entgegnen kann (der mir nur noch einfallen muss), wird Dino plötzlich von einer der -oullas in Beschlag genommen, die mir vorhin vorgestellt worden waren. »Ah, Dino«, sagt sie in leidendem Ton, »ich muss dir zeigen etwas mir macht große Sorge.« Daraufhin beugt sie sich herunter, zieht den Saum ihres bauschigen Rocks hoch und präsentiert ihren geschwollenen Fußknöchel. »Meine Bein ist die Problem. Meine Doktor sagt, ist Wasser in die Bein, aber Doktor ist eine Ausländer. Ich nicht traue die Ausländer. Ich glaube, ist eine schlimme Krankheit.«
    Das ist typisch griechisch: Alle Griechen leiden an einer tödlichen Krankheit, und erspähen sie einen Arzt, stürzen sie sich unweigerlich auf ihn. Sollten Sie einmal einer griechischen Hochzeit beiwohnen, werden Sie feststellen, dass sich eine lange Menschenschlange vor der Braut und dem Bräutigam bildet ... aber befindet sich unter den Gästen ein Arzt, dann wird sich die Menschenschlange vor seinem Tisch bis nach draußen erstrecken. Dino beugt sich jetzt herunter, um den geschwollenen Knöchel abzutasten, der aussieht, als staue sich darin genug Wasser tiir ein Kinderplanschbecken, was mir jedoch glücklicherweise die Chance zur Flucht ermöglicht.
    Ich drehe mich weg und zucke gleich darauf zusammen, als eine Hand meinen Arm umklammert. Es ist George. »Du kommst mit mir, ich will zeigen dir etwas«, sagt er enthusiastisch. Er führt mich aus dem Wohnzimmer und dann die Treppe hoch, sodass ich es mit der Angst zu tun bekomme. Ich kriege richtig Panik. Was hat er da oben mit mir vor? Oh Gott, oh mein Gott ...
    Ich glaube, ich muss mich übergeben.
    Wie geschmacklos kann man eigentlich sein?
    »Wie du findest?«, fragt George aufgeregt.
    »Es ist ... sehr ... bunt«, sage ich, während ich mich in dem großen Schlafzimmerspiegel betrachte. Bis auf meinen Kopf kann ich allerdings nichts von mir sehen. Mein Körper wird verdeckt von einem weiten glänzenden Kleid, das ich vor mich halte. Es ist pink, lila und sonnenblumengelb gemustert, fabrikneu aus Georges Schneiderei. Und es gehört jetzt mir.
    »Ich habe gewusst, die Kleid gefällt dir«, sagt George triumphierend. »Ich sehe in

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