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Extra scha(r)f

Extra scha(r)f

Titel: Extra scha(r)f Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Beaumont
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Bemerkung, dass man als Chef automatisch gehasst wird, lege ich ein paranoides Verhalten an den Tag. So beobachte ich die anderen ganz genau und achte ständig darauf, ob Gespräche unterbrochen werden, sobald ich in die Nähe komme. Denn wenn dem so sein sollte, dann wird mit Sicherheit über mich gesprochen.
    »Herein, herein«, sagt Tony, als würde ihm das Haus gehören.
    »Entschuldigung, dass wir kommen su spät. War eine schlimme Stau«, murmelt Dad, während wir die Diele betreten, wo uns George und Maroulla buchstäblich entgegenfliegen, gefolgt von weiteren Gästen, überwiegend ältere Frauen, die entweder von Kopf bis Fuß in Schwarz gehüllt sind (die Witwen) oder in glänzenden Stoff mit buntem (»Ätsch-mein-Mann-ist-noch-am-Leben«-)Muster. Eine glückliche Maroulla macht uns alle miteinander bekannt. »Das sind meine Schwestern, Yirgoulla und Yianoulla ... Und das sind die beide Töchter von Yianoulla, Sodiroulla und Vasoulla.« Warum nur ein -ou als Endsilbe, wenn man auch ein -oulla nehmen kann?
    Ich ersticke fast unter den darauf einsetzenden Umarmungen und Küssen, die von allen Seiten zu kommen scheinen. Als die Küsserei endlich ein Ende genommen hat, treten alle wieder zurück und nehmen dabei einen gewissen Abstand zu uns ein. Jetzt ist der Zeitpunkt der Geschenkeübergabe gekommen. Sie spielt eine entscheidende Rolle bei griechischen Begrüßungszeremonien. Eigentlich müsste es jedes Mal einen Trommelwirbel dazu geben. Als Schenkender muss man dabei völlig gelassen tun (»Ehrlich, das ist doch nichts ... wirklich nur eine Kleinigkeit«) und sich gleichzeitig wirkungsvoll in Szene setzen (»Na gut, es war schon ein wenig Arbeit«). Dies setzt die Beherrschung einer höchst komplizierten Körpersprache voraus, für die man jahrelang üben muss.
    Mum macht den Anfang und präsentiert Maroulla die Desserts wie eine waschechte Griechin. Danach kommt Emily mit den Topf-Chrysanthemen und den beiden bunten Blumensträußen (gekauft an einer Tankstelle auf der Fahrt hierher, für den Fall, dass drei Topfpflanzen zu billig wirken). Danach folgt Dad mit vier Flaschen Wein, einer Plastiktüte voll Bier und zwei Drei-Liter-Kanistern Cola light. Zum Schluss bin ich dran und überreiche die Milk-Tray-, Ferrero-Rocher-, Black-Magic-, Quality-Street- und Terry VAll-Gold-Pralinen.
    Es soll niemand von den Charalambouses behaupten können, wir würden mit leeren Händen kommen. Selbst wenn wir zu einem Saufgelage in einer Brauerei eingeladen wären, würden wir immer noch einen ganzen Spirituosenladen mitbringen.
    »Danke, danke, das nicht wäre nötig gewesen«, sagt Maroulla, sichtlich beeindruckt. Sie wirft einen bewundernden Blick auf die Pavlova. »Ist sehr schöne Pavlova, Maevou.« (Maroulla spricht »Maeve« mit seiner ursprünglichen griechischen Endung aus.) »Du musst unbedingt verraten, wie du machst, dass deine Meringou -« (Auch hier wieder die griechische Originalendung.) »-weiß wie die Schnee ist. Meine immer wird ganz dunkel.«
    Mum wischt das Kompliment mit einem oscarreifen »Hab ich doch gern gemacht« beiseite. Gwyneth Paltrow könnte sich noch einiges von ihr abschauen.
    Wir werden in das Wohnzimmer geführt, in dem sich, obwohl es riesig ist, die Gäste drängeln. Die nächste Vorstellungsrunde beginnt. Wir werden zu dem vermeintlich ältesten Paar im Raum geführt, das in einem sehr weichen Sofa versunken ist. Beide haben die Augen halb geschlossen und die Hände im Schoß verschränkt. Ob sie überhaupt noch leben? Im Ernst, ich glaube, jemand sollte das überprüfen. »Meine Mutter und meine Vater«, verkündet Maroulla stolz, »Yianis und Eleni.« Mum verpasst mir einen sachten Schubs nach vorn, und ich beuge mich herunter, um die beiden zu küssen. Sie riechen bereits nach Formaldehyd, und an Elenis diversen Kinnen sprießen borstige Haare. Ich habe das Gefühl, als würde ich eine einbalsamierte Tarantel küssen. Ich kann den Blick nicht von Eleni lösen, während Maroulla uns bereits den nächsten Gästen vorstellt.
    Seltsam. Während der nächsten fünf Minuten werden mir sämtliche Familienmitglieder der Georgious samt Anhang und womöglich - wer weiß? - ein paar Nichtfamilienangehörige vorgestellt, aber nicht der eine.
    Natürlich spreche ich nicht von Keanu (leider).
    Sondern von Doktor Dino.
    Ich frage mich gerade, ob die halb tote Greisin auf dem Sofa vielleicht eine Seherin ist, die mir auf die Schnelle die Zukunft voraussagen kann, als mir ein junger Mann auffällt,

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