Extra scha(r)f
jede Menge Einladungen verschickt, aber ich glaube nicht, dass sie den Godfather of Soul ebenfalls bedacht hat ...
»Get up! I said get on uppah!«
Ich fahre hoch und sehe über mir James Brown in dreifacher Ausfertigung auf den Plasmafernsehern. Ich muss wohl kurz eingenickt sein. Von hinten schlägt ein Unterleib rhythmisch gegen meinen Hintern. Das kann nur Daniel sein.
»Hallo, Ms Charalambous, hier ist der Weckdienst«, trällert er.
»Sorry, ich weiß gar nicht, wie das passieren konnte. Wahrscheinlich, weil ich letzte Nacht so schlecht geschlafen habe«, entschuldige ich mich und reibe mir die Augen.
»Hattest du Sehnsucht nach deinem Lover?«
»Nein, um Gottes willen ... Ich hatte Stress mit meinen Eltern. Aber das willst du bestimmt nicht hören.«
»Nein, behalte es lieber für dich. Jedenfalls bin ich mit dem Zone-Check fertig. Alles pico. Bloß Steve ist heute nicht so gut drauf. Ich habe ihn vorhin dabei erwischt, wie er seine Wut an einem Rudergerät ausgelassen hat, das jetzt streikt.«
Steve. Von all den Problemen, die ich am Hals habe, von all den Gehässigkeiten, die Sasha mir an den Kopf geworfen hat, nagt ihre Behauptung über Steve am meisten an mir. Ich muss einfach fragen. »Daniel, hat Steve eigentlich eine Freundin?«
»Ach wo, der spart sich doch für dich auf, Süße. Innen an seiner Spindtür hängt sogar ein Foto von dir - zumindest hat er deinen Kopf auf ein nacktes Pinup geklebt. Hast du das nicht gewusst? Das ist allgemein bekannt.«
Allmählich frage ich mich, ob ich überhaupt weiß, was hier vor sich geht. Die einzige Gewissheit, die ich habe, ist, dass Sasha mich hasst und Steve nicht - ich weiß nicht, was von beidem schlimmer ist. Und aus Daniel werde ich einfach nicht schlau. Im Moment scheint alles wieder Friede, Freude, Eierkuchen zu sein, aber der üble Scherz, den er sich neulich erlaubt hat, und die Sticheleien ... Gott, ich bin völlig wirr im Kopf.
Aber ich muss mich jetzt am Riemen reißen. Morgen kommt das Fernsehteam von Channel Four zu uns, und es gibt noch jede Menge zu tun, wenn wir nicht wie ein Haufen Dilettanten aussehen wollen - ich bin mir nämlich ziemlich sicher, dass Dilettanten in Jamies Vision nicht vorgesehen sind. Vor lauter Erwartungsfreude herrscht jetzt schon eine besondere Stimmung. Als wäre dies unser erster Fernsehauftritt, zur besten Sendezeit ... äh, ist es ja auch.
Wenigstens muss ich mich momentan nicht mit Sasha auseinander setzen, die noch immer eine Stinkwut auf mich haben dürfte. Sie hat sich heute Morgen nämlich krankgemeldet - mal wieder. Zwar würde ich diese Sache am liebsten sofort mit ihr klären, doch heute ist wirklich nicht der richtige Tag dafür.
Es gab übrigens eine weitere Krankmeldung, und zwar von Blaize. Ihr Management rief ebenfalls heute Morgen an. Als ich den Anruf entgegennahm, wurde mir sofort ganz heiß, weil ich befürchtete, dass mich ein »Wir-sehen-uns-vor-Gericht« - Gespräch erwartete. Aber Blaizes Lakai wollte lediglich die Proben bis auf weiteres absagen. »Das arme Ding« müsse sich erholen. Während des Telefonats erwähnte ich beiläufig die morgigen Filmaufnahmen. Ich hatte nämlich die Eingebung, dass dies Blaizes Genesung beschleunigen könnte - wir werden ja sehen. Und ich erkundigte mich nach Karls Befinden. »Wer?«, lautete die Antwort von Blaizes Lakai.
»Und, was steht heute auf der Tagesordnung, Boss?«, fragt Daniel mich. Wer weiß, ob das nicht wieder eine seiner Sticheleien ist, wenn er mich »Boss« nennt - wie gesagt, ich blicke bei ihm überhaupt nicht mehr durch.
»In circa einer Stunde werden die Leute vom Fernsehen hier auftauchen, um die letzten Vorbereitungen für morgen zu treffen. Ich muss ihnen zur Verfügung stehen, deswegen wollte ich dich fragen, ob du, äh, mir einen Gefallen tun kannst. Würde es dir etwas ausmachen, zum Krankenhaus zu fahren und dich nach Karls Zustand zu erkundigen?«
»Warum sollte ich?«, widerspricht Daniel prompt. »Schließlich ist er nicht mein Lover.«
»Ob du es glaubst oder nicht, meiner auch nicht.«
Ich setze Daniel über Karl Benjamin ins Bild.
»Himmel, der Kerl sieht nicht nur aus wie Nelly, er benimmt sich auch so. Und ich dachte, ich wäre schwanzgesteuert«, bemerkt Daniel. Obwohl er Mitgefühl für mich zeigt, kann er die Bewunderung in seiner Stimme nicht gänzlich unterdrücken. »Und wie hat Sasha es aufgenommen?«
»Lass es mich so ausdrücken: Ich glaube nicht, dass sie mir dieses Jahr eine Weihnachtskarte
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