Extraleben - Trilogie
gewaltiger Hangar, mindestens so groß wie drei Schulsport-hallen nebeneinander. Flutlichtbatterien in den Ecken leuchten jeden Quadratzentimeter brutal aus, so wie bei einem Rohbau, in den die Handwerker noch keine Lampen eingebaut haben. Auch hier scheint vor Kurzem aufgeräumt worden zu sein. Der Betonboden sieht wie frisch gegossen aus, nichts steht rum. Die Halle ist völlig leer, bis auf den Mann, der sich breitbeinig genau in der Mitte aufgebaut hat. Er hat die Hände vor der Brust verschränkt und scheint zu lächeln. Ich muss an die Worte des bösen Elvin Atombender aus Impossible Mission denken: »Stay a while - stay forever!«
Nicks dazu passendes Trivial-Bröckchen: »In der Version für den Atari steckte ja ein Bug, sodass die Mission im wahrsten Sinne des Wortes unmöglich war ...«
Die Gedanken retten sich auf vertrautes Geek-Territorium. Plötzlich übertönt eine Stimme das Summen der Generatoren: »Welcome to Datacorp, Kee .«
Der Mann in der Mitte der Halle gibt seine Duellpose auf, schüttelt ein wenig die Beine aus und macht eine einladende Handbewegung. Mit zitternden Beinen steige ich die Gittertreppe hinunter, mit der rechten Hand das Geländer fest umklammert. Jetzt nicht nach unten sehen, sondern möglichst souverän meinen Gegenspieler fixieren. Mit jedem Meter wandert der Schatten auf dem Gesicht des Unbekannten höher und entzaubert, was aus der Ferne nur eine düstere Silhouette war. Er strahlt Autorität aus, wirkt aber gleichzeitig ziemlich ungefährlich, wie einer dieser Geschäftsleute, die Economy fliegen und nach ein paar Gin Tonic mit ihrem Jahresbonus angeben. Irgendwas mit Hightech, würde ich tippen, wahrscheinlich von der Westküste. Der Hosenbund seines Brooks-Brothers-Anzugs sitzt wie bei allen Amerikanern etwas zu hoch, was selbst den schneidigsten Geschäftsmann aussehen lässt, als ob er zu seiner Erstkommunion geht. Der Unbekannte hat den obersten Knopf seines hellblauen Oxford-Hemdes geöffnet. Casual Friday bei der Datacorp. Auch die Haare sind typisch amerikanisch: kurz und brav, mit strengem Scheitel und irgendwie helmartig - wie die Frisur deutscher TV-Reporter in Washington, nachdem sie das erste Mal bei einem einheimischen Friseur waren. Von hier aus schätze ich ihn auf einsneunzig. er ist schlank, und unter dem Hemd zeichnen sich leicht die Brustmuskeln ab. Aerobes plus anaerobes Training wahrscheinlich; dreimal die Woche Kraftraum. danach jeweils eine Stunde aufs Laufband. Trotzdem wirkt der Mann nicht übertrieben sportlich; seine Gesichtszüge sind sanft, das für US-Manager obligatorische Schrankkinn fehlt; er könnte sogar eine Brille tragen. Der große Unbekannte präsentiert weiter die volle Breitseite seiner perfekten weißen Zähne, als ob er spürt, dass mein Herz - oder meine Blase - bei der kleinsten überraschenden Bewegung aussetzt. Seine Augen wandern im Raum umher, so, als suche er einen Notausgang aus der beklemmenden Gegenüberstellung. Als ich auf zehn Meter ran bin, wird sein Lächeln lockerer: »The time is the near future«, verkündet er, mit einer dramatischen Pause hinter »time«, Meine Mundwinkel ziehen sich unweigerlich nach oben, und ich gebe den Versuch auf, irgendwie cool rüberzukommen. Die ersten Zeilen aus dem Intro von Raid over Moscow . Mit einem Mal sind alle Fragen beantwortet - oder zumindest die erste, der Rest wird sich ergeben. Der Punktestand: Nick - null, ich - eins. Yes,yes, yes. Ein Rausch breitet sich aus, wie ich ihn seit meinem letzten Schultag nicht mehr gespürt habe: der Drang, total auszurasten, gemischt mit unendlicher Müdigkeit. Das Bedürfnis zu jubeln, aber gleichzeitig zu schwach zu sein, auch nur die Hand zur Faust zu ballen. Genau deshalb lässt man nach einer schweren Prüfung niemals richtig die Sau raus, egal, wie fest man es sich vorgenommen hat. Unglaublich, alles war real, nichts Fantasie. Aber wie lange? Schon immer? Jeder Junge kennt diesen Traum, denn jeder hat ihn mal geträumt, irgendwann zwischen fünf und dreizehn: Es ist der Traum von der übermächtigen Geheimorganisation. Was sie tut, weiß niemand so genau. Nur so viel ist sicher: Es ist geheim, und wer zu viel weiß, lebt nicht lange genug, um noch jemandem davon zu erzählen. Denn sie ist überall und hat unbegrenzte Mittel: Sie schießt Satelliten in den Orbit, mit denen sie dich auf Schritt auf Tritt überwachen kann, auch auf dem Weg zum Turnunterricht. Ihre Agenten rasen in Lockheed Blackbirds um den Globus, mit 3500 Stukis
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