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Extraleben - Trilogie

Extraleben - Trilogie

Titel: Extraleben - Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constantin Gillies
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den Leuten der Mumm fehlt, in den Abgrund zu schauen!«
    Ich versuche, die Wogen ein wenig zu glätten: »Zumindest passte das Konzept Highscore in den Zeitgeist der Achtziger: die Überwindung der Maschine als Vorbereitung auf den Kampf gegen Skynet.«
    Meine popkulturelle Einlassung verhallt ungehört.
    »Kennst du >Butch Cassidy and the Sundance Kid    Nick wartet vor Aufregung nicht einmal ab, bis ich zustimmen kann.
    »An diesen Film könnte sich niemand erinnern, würden Redford und Newman am Schluss nicht mit feuernden Colts aus der Hütte rausrennen, obwohl draußen eine ganze Armee wartet! Aussichtslosigkeit macht Helden, und nichts ist aussichtsloser als ein so brutal überlegener Gegner wie eine Maschine. Außerdem sind Highscores was für die Ewigkeit; niemand kann Billy Mitchell mit seinem Pac-Man -Rekord jemals den Platz im Videospiel-Olymp streitig machen.«
    In der Tat. Nick hat es wirklich geschafft, mit seinem diffusen Gerede unserer Reise etwas Sinn einzuhauchen. Ich lächele in mich hinein und drehe die an der Raste gekaufte Cola light auf. Kurz vor Aachen hört es auf zu regnen, und als unser Flieger in Amsterdam startet, kommt sogar für ein paar Minuten die Sonne raus.

LEVEL 06
    »Sind wir von der A4 schon runter? Ist ja schlimmstes Belgien«, befand Nick eine halbe Stunde hinter Kansas City. Das war vor zwei Tagen; zu diesem Zeitpunkt hatte mein Kumpel Gott sei Dank wieder seine natürliche Position auf dem Beifahrersitz eingenommen, sonst wäre er vor lauter Aufregung wahrscheinlich über den Standstreifen gerebelt. Mittlerweile muss ich ihm Recht geben: Wenn im Südosten der Bible-Belt mit all den Jesus-Freaks liegt und im Südwesten der Sun-Belt für die sonnengegerbten Rentner, dann sind wir mitten im Boredom-Belt gelandet. Hier wird Langeweile industriell produziert. Seit die Räder unseres Flugzeugs die Landebahn in Kansas City berührt haben, gab es aus dem Seitenfenster nichts zu sehen außer Maisfeldern, Scheunen, Kornspeichern und noch mehr Maisfeldern. Sogar neben der Landebahn in K.C. stand das Zeug. Wie wollen die so vom Hinterwäldler-Image wegkommen? Kein Zweifel: Wir sind im Heartland angekommen, im Herzen der Vereinigten Staaten, und genau wie bei der Region Aachen verheißt es nichts Gutes, wenn man über einen Ort nur sagen kann, er läge zentral. Seit zwei Tagen rollt unsere Buick-Limousine, ein gesichtsloses Auto, ebenso gesichtslose Staatsstraßen entlang, die sich scheinbar endlos um die Ranches herumschlängeln. Es ist ein Rhythmus, der das Hirn des Fahrers langsam, aber sicher austrocknet: Erst geht es elf Meilen geradeaus, dann kommt eine 90-Grad-Kurve, wahrscheinlich, weil ein Farmer sein Feld nicht für den Highway räumen wollte, und wir müssen auf der Karte ein wenig seitwärts fahren. Nach ein paar Meilen folgt der nächste Knick, und der nächste Laser-Highway schießt bis zum Horizont. Dafür, dass wir in der Provinz angekommen sind, gibt es ein sicheres Indiz: Die Fahrer der entgegenkommenden Autos grüßen wieder. Sobald ein entgegenkommender Pick-up auf Sichtweite ran ist, hebt der darin sitzende Mann kurz seine Zeige-und Mittelfinger, ohne die Hand dabei vom Lenkrad zu nehmen. Es ist eine legere Cowboy-Bewegung, die zu sagen scheint: »Wir sehen uns am Sonntag in der Kirche«, oder vielleicht eher: »Bis heute Abend im Bucking Horse«.
    Gegrüßt wird alles und jeder, egal, ob man den entgegenkommenden Wagen kennt oder nicht, es gehört sogar zum guten Ton, ein Howdy zu den Bauarbeitern am Straßenrand zu schicken. Schön. Nur Frauen, die grüßen fast nie. Ein weiteres klares Zeichen dafür, auf dem Dorf angekommen zu sein, ist die Tatsache, dass überhaupt schon Leute unterwegs sind, wenn wir unterwegs sind. An diesem schönen Morgen leuchtet nämlich auf der LED-Uhr unseres Autoradios ein fahles »5:30«.
    Wegen der Zeitverschiebung sind wir um halb vier mitten in der Nacht wachgeworden. Nick hat die Glotze angemacht, und wir haben noch bis halb fünf Werbung für irgendwelche Penispillen geschaut. Danach sind wir aufgestanden und so lange rumgefahren, bis wir einen Laden gefunden haben, der um die Zeit schon Frühstück serviert. Da wir zu faul sind, unsere inneren Uhren richtig umzustellen, werden wir diesen Rhythmus - wie immer - den Rest der Reise beibehalten. Es ist einfach praktisch, wenn man nirgendwo warten muss und so. Schwierig wird die Sache erst, wenn man nach L.A. kommt und einem um sechs Uhr abends die Augen zufallen, weil man schon so

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