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Extraleben - Trilogie

Extraleben - Trilogie

Titel: Extraleben - Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constantin Gillies
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ist es klar zu erkennen, mit einem wulstigen Hörer wie früher. Ausnahmsweise darf ich den großen Dreh veranstalten. Natürlich muss Nick erst mal auf cool tun und weiter im Salat rumprokeln, Als er sich dann endlich erbarmt, auf den Bildschirm des Grid zu gucken, kann er seine Begeisterung kaum verbergen. Seine Augen leuchten, und er lässt sich sogar zu einer seiner schlechten Stimm-Imitationen hinreißen.
    » E.T. nach Hause telefonieren.«
    »Gelle, dann wollen wir mal.«
    Ich fische das Telefonkabel raus und stöpsele es an einem Ende in den Grid rein, am anderen in Nicks Dienstrechner. Tadaa! Mit einem zufriedenen Klick rastet es auf beiden Seiten ein. Es kann also losgehen: Wenn ich gleich das Programm zur Datenübertragung im Grid starte, wird die Kiste versuchen, rauszutelefonieren, zu Irvings geheimen Bunker, wo immer er auch versteckt sein mag. In diesem Moment wird der Dienstrechner die Tonwahlsignale mitschneiden - ein schönes Wort, mitschneiden, das klingt wieder nach Tonbändern und dem Interview mit Helmut Schmidt. Der Rest ist Routine: Der Dienstrechner dechiffriert das Gepiepse und zeigt im Klartext die Nummer an, die der Grid gewählt hat. Grundlagen, darüber brauchen wir kein Wort zu verlieren. Nick fährt am Dienstrechner routiniert das Programm hoch, mit dem sich Audiosignale aufzeichnen lassen. Ich lenke die Auswahlleiste des Grid auf den Menüpunkt DIAL.
    »Fertig?«
    Nick klickt wild rum.
    »Ja, Aufnahme läuft.«
    Ich drücke auf RETURN. Der Grid fängt an zu wählen, ohne auf ein Freizeichen zu warten. Aus dem Lautsprecher des Dienstrechners, der ihn abhört, erklingt das typische Stakkato, wie eine elektronische Spieluhr. Tonwahlverfahren, steckt seit Jahrzehnten in jedem Telefon. Das Prinzip ist völlig simpel: Je nachdem, welche Taste auf dem Nummernfeld gedrückt wird, gibt das Gerät zwei Töne gleichzeitig von sich. Bei der »1«zum Beispiel ist es ein ziemlich schräger Zweiklang - 697 Hertz und 1209 Hertz. Die Vermittlungsstelle erkennt anhand der Töne, welche Taste gedrückt wurde, und stellt die Verbindung mit der gewünschten Nummer her. Plain old telephone service - die gute alte Telefonie. Der Grid braucht gerade mal zwei Sekunden, um die Nummer zu wählen, an die er seine Daten senden will. Wirklich senden kann er natürlich nicht, weil er ja gar nicht mit einer Telefonbuchse verbunden ist. LINE BUSY, beschwert sich der Oldie prompt. Keine Chance, von uns kriegst du keine freie Leitung, Bitch! Dafür hast du uns gerade verraten, wo dein Herrchen seine schönen IBM-Schmuckstücke versteckt hat. Ich schaue zu Nick rüber.
    »Alles angekommen?«
    »... und ausgewertet«, quittiert der. Genug des pathetischen Rechner-Rumdrehens. lch springe auf Nicks Bett und spinkse auf den Bildschirm des Dienstrechners. Das Programm hat dem Gefiepse eine Nummer zugeordnet und freundlicherweise gleich noch im Datacorp-Netz nachgeschlagen, wem der Anschluss gehört. Jetzt wissen wir nämlich, wo du wohnst! SITE 6 COMMUNICATIONS, Batum/WA. Washington State, amerikanischer Nordwesten. Zurück in unsere zweite Heimat. Ich frickele die Telefonleitung wieder in die Dose und wähle testweise die gleiche Nummer, die der Grid eben ausprobiert hat. Die Leitung ist tot. Wir müssen also mal wieder persönlich ausrücken - die letzten zwei Handlungsreisenden in einer virtualisierten Welt. Nick legt den Dienstrechner beiseite, greift zum Telefon rüber und ordert im Überschwang noch vier Heineken, um den Tiger-Schwips aufzufrischen. Wo ist nur seine Sparsamkeit hin? Wir sind noch lange nicht zuhause, Nickybaby. Noch lange nicht, das liegt in der Luft.

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    Was heißt hier, sie ist nicht da? Andies einziger Job besteht darin, immer da zu sein. Warum also nicht heute? Auf der Uhr des Fernsehers steht, dass es in unserem stinkenden Sumpf jetzt nach zehn ist; minus sechs Stunden nach Deutschland, minus sechs Stunden nach Amerika. Macht kurz nach zehn morgens, normale Bürozeit, sie müsste also an ihrem Schreibtisch sitzen und mit ihren manikürten Krallen den Café Latte im Pappbecher zu ihrem göttlichen Mund führen, der bis auf einen leichten Überbiss wirklich perfekt ist.
    »Sorry, Do you want to leave a message?«, krächzt es aus der Leitung. Ich will keine Nachricht hinterlassen, ich will mit der Göttin sprechen. Die Stimme des Mannes am anderen Ende klingt völlig teilnahmslos. Ich frage ihn, ob er für uns einen Flug buchen könne, auf das Kundenkonto der Datacorp.
    »Sure«, antwortet der

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