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Extraleben - Trilogie

Extraleben - Trilogie

Titel: Extraleben - Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constantin Gillies
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rostroten Sessel, in denen wir sitzen, an ungefähr 40 000 Plätzen dieser Welt vor den gleichen dunklen Holztischchen stehen. Halt! Das grüne Notausgangsschild unter der Decke ist nicht nur mit EXIT, sondern auch mit dem Wort KELUAR beschriftet. Das wäre aber auch der einzige Hinweis auf unseren Aufenthaltsort.
    »Sharing bedeutet nichts anderes«, leiert der Beifahrer weiter, »als teile und langweile! So schlimm wie heute haben sich Menschen noch nie zuvor in der Geschichte gegenseitig gelangweilt. Dagegen waren die Dia-Abende unserer Eltern und die fetten Fotoalben nix. Weißt du noch? Wenn bei uns in der Stufe jemand aus den Ferien zurückkam, hatte man nichts zu befürchten außer einer, maximal zwei Filmtaschen, also zweiundsiebzig Fotos. Und heute? Da kommt am Ende des Tages die freundliche Nachricht mit dem Hinweis, doch bitteschön an den Erinnerungen teilzuhaben. Und wehe, du brichst unter dem Mobbing zusammen - dann heißt es: Slideshow, 576 ltems.«
    Er schiebt ein »ts, ts« hinterher, wie ein Opa, der sich über die zu tief sitzenden Jeans der Jugend aufregt. Der Dialog, also der Austausch von Infos, und seien es auch nur Fotos, liegt dem Beifahrer eben nicht so. Wenn es nach ihm ginge, könnte man in jeden Netzanschluss eine Diode einbauen - damit ja nichts von den niedrigen Anwendern in die perfekte Datenwelt zurückfließt. Ist natürlich mal wieder ausgemachter Stuss, aber aus Trägheit winke ich sein Argument durch.
    »Jap, fast so schlimm wie Interaktivität.«
    Nick tut so, als spucke er auf den Boden.
    »Oder Sendungen im Radio, wo die Leute anrufen können und sich dann furchtbar freuen müssen, wenn sie ein Meet-and-greet mit irgendwelchen Boyband-Pupsies gewonnen haben.«
    »Tja, heute müssen sich halt alle bei den Händen fassen und Kumbaya singen, da ist es nicht mehr so unpersönlich wie früher.«
    »Dreck. Gelobt sei das Unpersönliche. Zu unserer Unizeit, zum Beispiel, da war alles noch schön überlaufen, schön anonym, da gab's keine Kuschelsprechstunde beim Prof, und der kannte auch nicht deinen Vornamen, selbst nach zehn Semestern. Herrlich. Und heute? Die Studis kriegen Heuleritis, wenn sie dem Dozenten ein paar Tage lang nicht die Hand schütteln dürfen.«
    Womit er mal wieder ziemlich weit vom Thema abgekommen wäre. Es braucht halt einen echten Nickmeister, um die Verbindung zwischen dieser armen Videokamera-Werbung und dem Betreuungsverhältnis an deutschen Hochschulen herzustellen. Nachdem das geklärt wäre, können sich Waldorf und Statler, die zwei verbitterten Herren aus der »Muppet Show«-Loge, wieder in ihren Sesseln zurücklehnen.

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    Er ist so ein Scheiß-Streber geworden. Unfassbar. Kaum sind die Anschnallzeichen ausgegangen, fängt er auch schon an, auf dem Dienstrechner irgendwelche Anleitungen durchzuackern - allerdings nicht ohne sich vorher wie üblich einzuigeln: Fensterblende runter, Wolldecke über die Beine, vorher die Lüftungsdüse überm Sitz zuschrauben. Es könnte ja ein tödlicher Zug auftreten. Sehr sinnvoll, zum al die Luft in den kommenden Stunden ja nur ungefähr 368-mal durch die Nasen und Bronchien aller lieben Mitpassagiere gezuzelt wird. Bevor er sich mit zwei rosa Ohropax-Stöpseln endgültig in seinen Kokon verkroch, ließ er noch verlautbaren: »Wir wollen doch wissen, womit wir es zu tun bekommen.«
    Dann ging das Gestrebe los. Endlos ließ er alte IBM-Datenblätter über seinen Bildschirm wandern - will er partout schlechtes Gewissen produzieren? Ab morgen wird gelernt, hatte jemand in die Bank reingeritzt, an der ich im Physiksaal immer saß. Wäre jede Art von Lebensmotto nicht völlig uncool, könnte das ein gutes sein. Ab morgen wird gelernt. Macht total Sinn, schließlich fliegen wir nachher über die Datumsgrenze. Oder müsste es dann heißen ab gestern wird gelernt? Augen zu, einfach nicht hingucken, soll er mal büffeln. In einem Tag haben wir amerikanischen Boden unter den Füßen, dann wird sich schon alles fügen. Wow - was für ein Flash, das erste Mal in Amerika. Mit sieben war das, oder acht. Am hintersten Ende der Siebziger jedenfalls. Mein Dad hatte mich zu einem Geschäftstermin in San Diego mitgenommen, eine Konferenz oder so. Die Bilder stecken noch im Kopf, als ob es gestern gewesen wäre. Wir stiegen in L.A.in den Pendelbus, der uns zum Hotel brachte, und ich schaute durch die getönten Scheiben auf die vorbeiziehenden Palmen. Der schwarze Fahrer hatte das Radio angestellt, und . durch den Van dudelte eine

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