Extraleben - Trilogie
Rückbank quetschen? Nein, besser nicht. Wir wollen nirgendwo anders sein als hier, in diesem Moment. Die Zukunft, die bisher so klar vor uns lag, hat sich in eine schwarze Autobahn bei Nacht verwandelt. Klingt nicht mal schlecht, das »Terminator«-Zitat, so mit Autobahn statt Highway. Oft haben wir gemeckert über die deutscheste aller deutschen Straßen, ihre biedere Schale, die Autobahnkirche, den Autobahnfink. Doch heute Nacht lieben wir sie, weil sie nicht der Fluchttunnel aus deutscher Enge ist, sondern der Weg nach Hause. Eilig haben wir es trotzdem nicht, Hauptsache, die Räder rollen weiter, wenn es nach mir ginge, ewig. Du bist der, für den Geschwindigkeit Friede der Seele bedeutet. Zitat aus »Vanishing Point«, ganz groß. Niemand Geringerem als Andie haben wir diesen Trip zu verdanken. Die Liebe wollte uns was Gutes tun und hat uns erster Klasse von Seattle zurückfliegen lassen. Leider landete die Maschine am falschen Ende von Deutschland, sodass wir nochmal ordentliche Meilen - nein: Kilometer - fressen müssen. Aber sie schmecken ziemlich gut, deshalb ist Andie niemand an Bord böse. Sie dachte wohl, Germany ist gleich Germany. Immerhin weiß sie - anders als die meisten ihrer Landsleute -, dass es nicht in England liegt. Unsere Dienstreise geht langsam zu Ende. Nick legt seinen bandagierten Fuß auf die Ablage unterhalb der Windschutzscheibe und atmet zufrieden aus. Alles wieder zusammengeschraubt, das Sprunggelenk, der Bänderriss und so. Im Radio läuft »Black & Gold« von Sam Sparro, Nicks totaler Nullerfavorit. Er dreht am Lautstärkeregler. bis die Scheiben bei jeder Bassdrum ein bisschen zittern; es ist fast wie beim Cruisen damals. Hey, und wir können sogar die Fenster unten lassen, ohne dass uns jemand mit unserer Erwachsenenmucke ertappt. John hatte Recht. Sie haben uns in Ruhe gelassen. Kurz nachdem sich die Staubwolken des Rotors verzogen hatten, war auch er wieder verschwunden, der Busfahrer. Muss auf dem Absatz kehrtgemacht haben, der Schisser. Und es bleibt dabei: Ohne den unseligen Felsbrocken im Weg hätten wir ihn locker abgehängt. Zehn Minuten später bog schon der Geländewagen von Jeppesen auf die Alleenstraße ein, um die Reste von uns einzusammeln. Im Hubschrauber war wohl kein Platz mehr. Ja, kein Mann bleibt zurück - ist wohl nicht nur das Motto der Army. Ab dann ging es erster Klasse weiter, da hat sich die Datacorp echt nicht lumpen lassen. Private Notfallklinik mit einem totalen Klarmacherarzt, gefolgt von einer Woche Ausspannen im eigenen Hilton-Apartment. Das sei aber auch »die verdammte Fürsorgepflicht unseres Arbeitgebers«, grummelte der Beifahrer, bevor er sich wieder den Hörer ans Ohr hielt, um weitere fünf Stunden mit Sabinchen zu plaudern. Telefonieren und in den Akten aus Irvings Apartment in Kuala Lumpur stöbern - sonst hat er eine Woche lang nichts gemacht. Am Schluss waren wir nochmal groß einkaufen, nachdem wir entschieden hatten, dass es Teil der Fürsorgepflicht unseres Arbeitgebers sei, den Mitarbeitern Zegna-Anzüge springen zu lassen - und einen Schwung neuer Gadgets. Wir haben die Kohle schneller rausgehauen als Scheidungspapis, die ihre Brut samstagvormittags bei Toys“R“Us verwöhnen - nur dass wir kein schlechtes Gewissen dabei hatten. Das hat der Beifahrer mit einer passenden Business-Verklärung flott gekillt: »Bei anderen Firmen heißt so was Hardship-Zulage, und wenn die einer verdient hat, dann wir!«
Genau, das steht uns quasi zu. Der DJ blendet den Song aus, und es ist noch immer viel Strecke übrig. Was jetzt schön wäre: ein belangloser Nerdvortrag, der mit Worten beginnt wie ...
»Wusstest du, dass der Terminator den gleichen Prozessor im Kopf hat wie der Apple II?«, fängt Nick wie auf Zuruf an. Ich muss lachen, grinse aber lieber in mich rein, um die Ausführungen des Beifahrers nicht zu stören.
»Echt?« .
»Echt. Immer, wenn man in Teil eins sieht, was der Terminator sieht, ist das Bild doch so rot gefärbt und an der Seite flackern irgendwelche Zahlen und Grafiken rum.«
»Und?«
»Na ja, jemand mit einem schnellen Pausenknopf-Finger hat sich mal die Mühe gemacht zu schauen, was das genau für Daten sind, die beim Terminator da durchs Auge flackern. Und siehe da: Es ist Assemblercode für den 6502-Prozessor, bekannt als Herz des Apple II. Haben die Filmtypen einfach aus einem Magazin abgetippt, samt Prüfsummen! Wenn man hinsieht, kann man sogar die Befehle erkennen, IMP, LDA und so. Was lernen wir? Ein
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